Maßgeschneidertes Licht für den Quantencomputer Professorin Stefanie Kroker im „Quantum Valley Lower Saxony“
Im Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) soll bis 2025 ein Quantencomputer entstehen. Mit der Technischen Universität Braunschweig, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und der Leibniz Universität Hannover schließen sich gleich drei metrologische Hochburgen neben weiteren Partnern zur Erreichung dieses Ziels zusammen. Doch was braucht es eigentlich alles für einen Quantencomputer? Einige Bausteine kommen aus der Optik, der Lehre vom Licht.
Die über 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im QVLS bauen an einem Quantencomputer, der Ionenfallen nutzt. Diese Fallen isolieren einzelne, elektrisch geladene Atome im Vakuum. Jedes gefangene Ion ist dabei ein Qubit, die kleinste Recheneinheit des Quantencomputers, analog zum Bit des klassischen Computers. Der Vorteil der Ionenfalle: Die Qubits sind extrem stabil, weil sie keinen Kontakt zu anderen Atomen haben. Um mit ihnen auch zu rechnen, bleibt jedoch nur noch ein Zugang übrig: Licht.
Maßgeschneiderte Photonen
Ein Qubit ist einsatzbereit, wenn es zugleich manipulierbar und lesbar ist. Es muss also einerseits einen gewünschten Zustand annehmen können, während man andererseits überprüft, in welchem Zustand sich das Qubit gerade befindet. Beides funktioniert theoretisch mit Licht, braucht aber zwei verschiedene Kanäle. Der eine adressiert die verschiedenen Übergänge, auf denen die Elektronen des Ions sind. Wenn alle Parameter des Lichtes korrekt eingestellt sind, lassen sich die Elektronen anregen, ihre Bahn zu ändern – das Ion ist erfolgreich präpariert. Der andere Kanal darf diesen Prozess nicht sabotieren. Stattdessen liest er den Zustand des Ions aus, in dem er etwa Licht mit geringerer Frequenz nutzt. Damit das klappt, muss das Licht jedoch maßgeschneidert für das gefangene Ion sein: Es braucht nicht nur die richtige Wellenlänge, Frequenz und Lichtmenge, entscheidend ist auch, in welche Richtung die Elementarteilchen des Lichts schwingen. Beim QVLS ist das das Spezialgebiet von Professorin Stefanie Kroker:
„Zusammen mit meiner Arbeitsgruppe arbeite ich vor allem an optischen Wellenleitern. Das sind eine Art rechteckige Kanäle, die auf einem Halbleiterkristall in Form geätzt werden. Wir nutzen die Wellenleiter wie Kabel, um das Licht von der Quelle bis zum Ion zu lenken. Gleichzeitig ändern wir gezielt Eigenschaften des Lichts im Wellenleiter. Etwa, über die geringe Größe des Wellenleiters oder indem wir zusätzliche Komponenten, beispielsweise für elektrische Felder, anbringen.“
Auf Nanometer genau
Auf dem Weg zwischen Lichtquelle und Ion gibt es jedoch noch Hindernisse: „Wir haben schon einige Komponenten erfolgreich getestet, allerdings bei Wellenlängen von etwa 800 Nanometern“, erklärt Professorin Stefanie Kroker. „Um jedoch das Ion zu manipulieren, braucht es Licht mit weniger als der halben Wellenlänge. Wir müssen daher alle Komponenten noch deutlich verkleinern – etwa um Faktor vier. Dadurch wird aber alles nochmal empfindlicher. Da tasten wir uns jetzt Stück für Stück ran.“
Damit geht es für das Team von Professorin Kroker um jeden Nanometer, also auf Milliardstel Meter genau. Jede Rauheit im Material kann den Unterschied machen, das falsche Material das Licht absorbieren. Ein weiteres Problem besteht in Streulicht. Denn grundsätzlich kann jedes Licht mit den Ionen interagieren. Damit alles funktioniert, darf aber nur das Licht ankommen, das auch geplant ist. Dabei kann das Miniaturisieren sogar von Vorteil sein. Denn während im offenen Laboraufbau einfacher Licht eindringen kann, ist das Ziel des QVLS, alle Komponenten auf einem kompakten, geschlossenen Computerchip zu integrieren.
Metrologische Harmonie
Eine Stärke beim QVLS ist das Zusammenarbeiten mehrerer Disziplinen auf kleinem Raum. Auch für die optischen Komponenten gibt es gleich mehrere Anknüpfungspunkte zu anderen Forschungsgruppen. „Wir haben vor allem drei wichtige Schnittstellen“, erklärt Professorin Kroker. „An der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt sind die Expert*innen für Ionenfallen und das eigentliche Handling der Ionen. Die sagen uns ganz genau, was wir wohin bauen dürfen, damit wir das Ion nicht stören, sondern die gewünschten Quantenzustände präparieren. Für den Bau der Wellenleiter arbeiten wir dagegen eng mit dem Institut für Halbleitertechnik (IHT) an der TU Braunschweig zusammen. Dort sitzt die Expertise für das Miniaturisieren und Strukturieren von Halbleitern. Und schließlich brauchen wir die Nanoanalytik im Laboratory for Emerging Nanometrology, dem LENA. Dort können wir mit höchster Präzision überprüfen, ob unsere Bauteile auch die Eigenschaften haben, die wir brauchen.
Diese Kombination an Disziplinen an einem Ort ist eigentlich unwiderstehlich. Denn hier können wir ganz unterschiedliche Expertisen zusammenbringen. Und das harmoniert sehr gut.“