Zukunftsweisende Forschungsarbeiten für eine sicherere, nachhaltigere und multimodale Mobilität NFF-Doktorandenpreise in Braunschweig verliehen
Um die Nachwuchsforschung am Niedersächsischen Zentrum Fahrzeugtechnik (NFF), einem Forschungszentrum der Technischen Universität Braunschweig, noch sichtbarer zu machen, werden alle zwei Jahre die NFF-Doktorandenpreise verliehen. Am 13. November wurden drei Preise vergeben: den mit 2.500 Euro dotierten ersten Preis an Dr.-Ing. Marvin Klingner und die beiden mit je 1.250 Euro dotierten zweiten Preise an Dr.-Ing. Axel Sturm und Dr.-Ing. Christian Raulf. Alle drei Dissertationen widmen sich der Mobilität der Zukunft – durch Verbesserung der Umgebungswahrnehmung von automatisierten Fahrzeugen, die optimale Abstimmung von elektrifizierten Antrieben und automatisierten Fahrfunktionen sowie die ganzheitliche Betrachtung bei der modellbasierten Fahrzeugentwicklung.
„In diesem Jahr hatten wir eine Runde von außergewöhnlich guten Bewerbern aus den verschiedenen Forschungsfeldern des NFFs, sodass wir erstmals drei Arbeiten auszeichnet haben. Alle drei Wissenschaftler haben in ihren Dissertationen und in zahlreichen weiteren Projekten beeindruckende Leistungen bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die industrielle Praxis gezeigt. Mit dem erfolgreichen Transfer von Wissen und Forschung in die Gesellschaft haben sie damit einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Ziele des NFFs geleistet“, zeigt sich NFF-Vorstandssprecher Professor Thomas Vietor erfreut.
„Die drei Promotionsarbeiten zeigen eindrucksvoll, in welcher wissenschaftlichen Breite und Anwendungsnähe die Mobilität der Zukunft an der TU Braunschweig erforscht wird – insbesondere in den Bereichen des automatisierten Fahrens, des maschinellen Lernens, der Elektrifizierung und der systematischen, ganzheitlichen Produktentwicklung. Der NFF-Doktorandenpreis ist inzwischen ein weithin sichtbares Aushängeschild für die Nachwuchsförderung am NFF und an der TU Braunschweig. Ich gratuliere allen Preisträgern ganz herzlich“, sagt Professor Peter Hecker, Vizepräsident für Forschung und akademische Karrierewege der TU Braunschweig.
Dr.-Ing. Marvin Klingner vom Institut für Nachrichtentechnik: Neuronale Netze
Den ersten Preis erhielt Dr.-Ing. Marvin Klingner vom Institut für Nachrichtentechnik für seine herausragende Dissertation zum Thema Umweltwahrnehmung beim automatisierten Fahren (Prüfer: Prof.-Dr. Ing. Tim Fingscheidt). Darin beschreibt er Machine Learning-Methoden, die die Wahrnehmung der komplexen Umgebung verbessern.
Werden Kamerasensoren für die Umgebungswahrnehmung eingesetzt, können aus den Bildsequenzen mit Hilfe von neuronalen Netzwerken Informationen über die Umgebung ermittelt werden. Konkret geht es dabei um Objekte und ihre Position im dreidimensionalen Raum. In seiner Dissertation leistet Dr. Klingner Beiträge zum effektiven Einsatz dieser Modelle in praktischen Anwendungen. Dazu hat er die Modelle für verschiedene Wahrnehmungsaufgaben miteinander kombiniert, flexibel an sich ändernde Umgebungen und Anforderungen angepasst und während des Einsatzes überprüft.
Dr. Marvin Klingner konnte im Bereich der semantischen Segmentierung (Objektklassen) und Tiefenschätzung (3D-Position) eine höhere Performanz und Robustheit gegenüber den bisherigen Methoden in der Literatur erreichen. Darüber hinaus konnte er beim Lernen neuer semantischer Klassen und Datendomänen sowie der Modellvalidierung im Live-Betrieb die Funktionsweise seiner Modelle nachweisen.
Dr.-Ing. Axel Sturm, Institut für Fahrzeugtechnik: Elektrifizierte Antriebe
Dr.-Ing. Axel Sturm wurde für seine Dissertation am Institut für Fahrzeugtechnik mit dem zweiten Preis ausgezeichnet (Prüfer: Prof.-Dr. Ing. Ferit Kücükay). Er untersuchte, welchen Einfluss automatisierte Fahrzeuge auf elektrifizierte Antriebe und deren Konzeptentwicklung haben. So führt etwa die zusätzlich notwendige Hardware-Architektur zur Umsetzung der automatisierten Funktionen zur einem höheren Fahrzeuggewicht und entsprechend zu einem höheren Energiebedarf. Durch das automatisierte Fahren selbst kommt es zu einer Veränderung der Fahrprofile. Im Rahmen der Arbeit wurde eine Studie für ein Mittelklassefahrzeug mit verschiedenen Automatisierungsgraden (automatisiert mit Autobahnpilot, nicht automatisiert) und Antrieben durchgeführt. Getestet wurden ein Verbrennungsmotor, einen Mildhybrid- sowie Plug-In-Hybrid- und Elektrofahrzeugantriebe. Es zeigte sich, dass die Automatisierung in allen Fällen zu einer Reduktion des Energieverbrauchs führt, und das Reduktionspotenzial hierbei mit dem Elektrifizierungsgrad steigt.
Dr.-Ing. Christian Raulf, Institut für Konstruktionstechnik: Modellbasierte Fahrzeugentwicklung
Ebenfalls einen zweiten Preis erhielt Dr.-Ing. Christian Raulf vom Institut für Konstruktionstechnik (Prüfer: Prof. Dr.-Ing. Thomas Vietor). Seine Forschungsarbeit beschäftigt sich aus Sicht der Produktentwicklung mit der modellbasierten Entwicklung innovativer Fahrzeugkonzepte. Ausgangspunkt sind Branchentrends – etwa die Elektrifizierung, das autonome Fahren, Digitalisierung und Vernetzung sowie neue Geschäftsmodelle wie Carsharing, die sich auf die Entwicklung von zukünftigen Fahrzeugen auswirken. Ziel der Arbeit ist die Entwicklung einer Methode, die die Zusammenhänge zwischen Trends und Anforderungen an Fahrzeugkonzepte darstellt. Dazu wird ein Systemmodell nach dem Model-based Systems Engineering erstellt und – das ist eine Innovation in der modellbasierten Fahrzeugentwicklung – ergänzt durch ein Nutzer- und Zukunftsszenariomodell.
NFF-Doktorandenpreis: Fortsetzung bis 2027 beschlossen
Der NFF-Doktorandenpreis würdigt seit 2015 alle zwei Jahre herausragende wissenschaftliche Arbeiten, die im Hinblick auf die Vision der nachhaltigen Mobilität die Ziele des NFF unterstützen. Die prämierten Arbeiten müssen sich hinsichtlich der Einordnung in die NFF-Forschungsfelder sowie in ihrer Fachdisziplin unterscheiden. „Wir danken den beiden Stiftern Dr. Volker Hanshold und seiner Frau Ulrike Hanshold-Kunerth für ihre große finanzielle Unterstützung und zukunftsweisende Sichtweise, mit der sie in den vergangenen acht Jahre junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Preisgeld von insgesamt 25.000 Euro zusätzlich motiviert haben, Innovationen im Bereich der nachhaltigen Mobilität wissenschaftlich zu erarbeiten und umzusetzen“, so Professor Thomas Vietor.
Als renommierte Auszeichnung spielt der NFF-Doktorandenpreis eine wichtige Rolle bei der Förderung des Wissens- und Technologietransfers an der TU Braunschweig. Um die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft weiter zu stärken, wird künftig Dr. Axel Heinrich, Sprecher des NFF-Beirats und Leiter Elektrik-/Elektronikentwicklung der Volkswagen AG, gemeinsam mit seiner Frau Andrea Heinrich als neuer Stifter auch 2025 und 2027 jeweils zwei Nachwuchswissenschaftler*innen mit je 2.500 Euro würdigen und damit den interdisziplinären Ansatz des Forschungszentrums unterstützen.