Qubit-Steuerung erfolgreich in Quantencomputer integrieren TU Braunschweig forscht an Skalierungsaufgabe des Quantum Valley Lower Saxony
Die größten Herausforderungen beim Quantencomputing stecken aktuell hinter dem Wort Skalierbarkeit. Je mehr Quantenbits (Qubits) das Rechensystem zusammenbringen soll, desto mehr elektronische Leitungen müssen beispielsweise den Kern des Superrechners erreichen. Gleichzeitig leitet allerdings jede elektronische Leitung Wärme an eine Stelle des Quantencomputers, die möglichst eiskalt bleiben sollte. Forschende der Technischen Universität Braunschweig haben jetzt einen Steuerungschip entwickelt, der mit weniger Leitungen, also auch weniger Wärme mehr Qubits erreicht. Der Erfolg der neuen Ansteuerungseinheit wird im Rahmen des Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) mit dem Quantencomputer genutzt. Die laufenden Ergebnisse wurden zuletzt in der Fachzeitschrift IEEE Transactions on Circuits and Systems Part II: Express Briefs veröffentlicht.
Auch wenn klassische Rechner und Quantencomputer völlig anders funktionieren: Es gibt ebenso parallele Problemstellungen. Wer zu viel Signale und Operationen gleichzeitig vom Laptop verlangt, hört alsbald ein lautes Surren aus der Luftkühlung. Eventuell überhitzt schließlich sogar der ganze Rechner und schaltet ab. Die meisten Quantencomputer kühlen nicht mit Luft, sondern mit flüssigem Helium bis nah an den absoluten Temperatur-Tiefpunkt von -273 Grad Celsius. Um diese Extrembedingungen stabil zu halten, darf am entscheidenden Chip nur ein Minimum an Wärme entstehen.
„Für das Design integrierter Schaltungen von Quantencomputern arbeiten wir wegen der niedrigen Temperatur immer an zwei Herausforderungen gleichzeitig: Zunächst muss der Chip selbst auch im tiefstgefrorenem Zustand arbeitsfähig sein. Wenn er dann läuft, darf er auf keinen Fall zu viel Strom verbrauchen. Bei diesen Temperaturen zählt jedes Milliwatt,“ sagt Professor Vadim Issakov vom Institut für CMOS-Design der TU Braunschweig.
Deutsch-Japanische Kooperation
Im Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) hat das Institut für CMOS Design geleitet von Professor Vadim Issakov mit der Gruppe Quantum RF (Gruppenleiter Peter Toth) in einem Teilprojekt des Quantencomputerbaus einen Chip entwickelt, der auch bei tiefen Temperaturen mehrere gefangene Ionen zu Qubits manipulieren kann. Damit führt nicht mehr für jedes Qubit eine zugehörige Leitung in den Kryobereich zum Chip, sondern nur noch wenige Leitungen. Über die Ansteuerung einer Antenne verschickt der Chip exakte Signale an die gefangenen Ionen, um gezielt das äußere Elektron energetisch zu verändern. Für den Quantencomputer ist das der Moment, an dem ein befohlener Algorithmus durch die Hardware ausgeführt wird.
Die doppelte Herausforderung aus Funktionsfähigkeit bei Kryotemperaturen und kleinstmöglichen Stromverbrauch lösten die Forschenden der TU Braunschweig zusammen mit einer Forschungsgruppe der Keio Universität in Tokio. Seit über anderthalb Jahren arbeiten die Chip-Expert*innen bereits international zusammen. Dazu gehören neben gegenseitigen Gastvorlesungen und Aufenthalten von Wissenschaftler*innen und Studierenden auch der Austausch der komplementären Expertise. Der neue Chip verfügt beispielweise über einen Bereich in digitaler Bauweise der mit Hilfe der japanischen Kollegen Shuya Nakagawa und Kaoru Yamashita entwickelt wurde. Im Anschluss wurde dieser mit analogen Schaltungen von Paul Shine Eugine, Alexander Meyer und Peter Toth zusammen integriert und wird aktuell im Quantencomputeraufbau in Hannover getestet. Darüber hinaus arbeitet das Team bereits an Verbesserungen für die kommenden Chip Generationen.