30. September 2022 | Presseinformationen:

Künstliche Intelligenz – Intelligente Kunst? TU Braunschweig: Konferenz zu Mensch-Maschine-Interaktion und kreativer Praxis

Algorithmische Datenverarbeitung durchdringt nicht nur zunehmend den Alltag, sondern hat auch Einfluss auf Kunst, Literatur und Musik. Welche sozialen, kulturellen und ästhetischen Veränderungen der Einsatz von Algorithmen und Deep-Learning-Applikationen in der kulturellen Produktion bewirken, hat das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Von der Avantgarde zum Algorithmus: Automatisierte Kreativität in Literatur und Musik” der Technischen Universität Braunschweig untersucht. Vom 7. bis 9. Oktober findet dazu die Abschlusskonferenz „Künstliche Intelligenz – Intelligente Kunst? Mensch-Maschine-Interaktion und kreative Praxis“ statt.

Die in deutscher und englischer Sprache abgehaltene Veranstaltung bringt Forschende aus den Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaften sowie der Informatik zusammen. Dabei geht es unter anderem um Künstliche Intelligenz als kreatives Werkzeug für transmediales Storytelling, automatisierte Kreativität im zeitgenössischen Experimentalfilm, Gedichte mit Computern und für Computer oder auch um die Beziehung zwischen Mensch, Maschine und Monotonie.

Von der Sprache zum Bild

Während der Laufzeit des vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderten Forschungsprojekts hat sich in dem gesamten Bereich der automatisierten Kreativität eine neue Dynamik entwickelt. „Gerade beim Übersetzen oder in der Journalistik haben KI-Sprachanwendungen Fahrt aufgenommen“, berichtet Professor Eckart Voigts vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der TU Braunschweig. „Inzwischen gibt es vielfältige Big Data-KI-Anwendungen im künstlerisch-kulturellen Bereich – so etwa KI-Musikgeneratoren wie AIVA, Kompositionstools wie amper, APIs wie CrAIyon, die ganz selbstverständlich und niedrigschwellig benutzt werden.“ So wandelt CrAIyon natürliche Sprache in Bilder um. Solche Transformationsprozesse von Zeichensystemen seien derzeit eines der größten Versprechen von KI, so Professor Voigts. Auch im kulturellen Imaginären setzt sich die Faszination der KI weiter fort. Als Beispiele nennt der Wissenschaftler den Roman „Klara and the Sun“ von Nobelpreisträger Kazuo Ishiguro und den Film „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader.

Wie Kunst, Musik und Literatur mit KI-Tools umgehen, wird beispielsweise in „Halbzeug“ (2018) von Hannes Bajohr anschaulich, der auf der Konferenz eine Keynote hält. Der Autor nutzt hier maschinell ausgewertete Sprache als Unfertiges. „Diese teils sehr cleveren Neuanordnungen von Texten können erhellend und mitunter auch lustig sein, wenn er sie auf die Grimm’schen Hausmärchen oder Ratgeber-BlahBlah anwendet“, sagt Professor Voigts.

Kann KI eine „dritte Kunst“ schaffen?

Auch jenseits der Perspektive der Kunstschaffenden greift die KI vielfältig in die Produktion, aber auch die Distribution und Rezeption von Kunst und darüber hinaus in allen möglichen Kulturbereichen ein: „Sie transformiert die Arbeitswelt gerade in traditionellen Kreativbereichen, sei es Sprach- und Musikerzeugung oder bildgebende Verfahren – ganz abgesehen von der zentralen Rolle vom Zusammenspiel großer Datenmengen und Algorithmen für die Wissensproduktion insgesamt.“ Dazu wird während der Tagung zum Beispiel Professor Jens Schröter von der Universität Bonn aus medientheoretischer und medienökonomischer Perspektive einen Beitrag leisten, während Varvara Guljajeva von der Hong Kong University of Science and Technology „Artist Guided Neural Networks“ aus der KI-Kunstpraxis heraus beleuchtet.

Doch trotz der neuen KI-Tools und des Hypes um OpenAI: Entscheidend seien vor allem zwei Fragen, mit denen sich auch die Tagungsteilnehmer*innen beschäftigen: „Kann uns KI helfen, eine Art ‚dritte Kunst‘ zu schaffen, die sich nicht an menschlichen Kreativitätsnormen oder maschineller Leistungsschau orientiert, und können wir uns von der Frage lösen, wie kreativ die KI selbst sein kann und uns stattdessen auf das Thema konzentrieren, was sie in den verschiedenen Kunstbereichen leisten kann?“ So argumentiert zum Beispiel der Medientheoretiker, Kritiker und Künstler Lev Manovich von der City University of New York, der ebenfalls Keynote Speaker der Konferenz ist.

Und auch wenn es sich um „automatisierte Kreativität“ handelt, sei diese immer in ein Umfeld kultureller Zuschreibungen eingebettet, betont Professor Voigts: „Kreativität und natürlich auch Maschinenkreativität ist nicht einfach da, sondern wir konstruieren sie jeden Tag aufs Neue – sozial und kulturell.“

Konferenz „Künstliche Intelligenz – Intelligente Kunst?“

Freitag, 7. Oktober bis Sonntag, 9. Oktober 2022
TU Braunschweig, Altgebäude, Neuer Senatssaal, Pockelsstraße 4, 38106 Braunschweig

Die Tagung ist zweisprachig (Deutsch und Englisch). Sämtliche Keynotes sind in englischer Sprache. Die Teilnahme ist kostenlos. Sowohl für die Präsenz- als auch die Online-Teilnahme ist eine Online-Anmeldung erforderlich: https://www.tu-braunschweig.de/anglistik/seminar/liku/projekt-automatisierte-kreativitaet/tagung-2022/anmeldung

 

Weitere Informationen:

Zur Tagung: https://www.tu-braunschweig.de/anglistik/seminar/liku/projekt-automatisierte-kreativitaet/tagung-2022

Interview mit Professor Eckart Voigts und Robin Auer zum Start des Projekts „Von der Avantgarde zum Algorithmus: Automatisierte Kreativität in Literatur und Musik“:
https://magazin.tu-braunschweig.de/m-post/bot-or-not/