23. November 2023 | Presseinformationen:

Braunschweiger Nachrichtentechnik dreifach ausgezeichnet DVB, 6G, KI: Fachorganisation prämiert Wissenschaftler der TU Braunschweig für wegweisende Kommunikations- und Broadcasting-Technik

Berlin: Am 23. November wurden in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften die Preise der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik verliehen. Drei Auszeichnungen gingen an Wissenschaftler des Instituts für Nachrichtentechnik (IfN) der Technischen Universität Braunschweig. Prof. Ulrich Reimers wurde mit dem renommierten Wissenschaftspreis für Informations- und Kommunikationstechnik gewürdigt für seine Forschung auf dem Gebiet des Digital Video Broadcasting (DVB) und des 5G-Broadcast. Prof. Tim Fingscheidt erhielt die ITG Fellowship für seine Forschung auf dem Gebiet der KI-basierten Sprachkommunikation. Tobias Doeker, Johannes Eckhardt und Prof. Thomas Kürner nahmen den ITG Preis 2023 für hervorragende Veröffentlichungen zur Terahertz-Kommunikation entgegen.

Wissenschaftspreis für Prof. Ulrich Reimers

Der Preis, der zuletzt 2018 vergeben wurde, ehrt Professor Ulrich Reimers für seine „von der gesamten Fachwelt beachteten und einschlägigen Pionierleistungen auf dem Gebiet des Digital Video Broadcasting (DVB) sowie für seine wissenschaftliche Federführung bei der Zusammenführung von Mobilfunk und Fernsehen und dem daraus resultierenden 5G Broadcast“.

Prof. Reimers: „Ich war völlig überrascht, einen Preis zu erhalten, der schon 1984 erstmalig verliehen wurde und dessen nur zehnter Empfänger ich bin. 35 Millionen Haushalte allein in Deutschland nutzen DVB – sicherlich ein Erfolg. Dass die Vision 5G Broadcast gewürdigt wird, freut mich besonders. Und das alles wäre ohne ein tolles Team im Institut für Nachrichtentechnik nicht möglich gewesen. Danke – an das Team und für den Preis!“

Der Wissenschaftspreis der VDE ITG würdigt herausragende Leistungen, die zu einer wesentlichen Erweiterung der grundlegenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Nachrichten- und Informationstechnik beitragen.

Prof. Reimers gilt für viele als „Vater von DVB“. Hinter der Bezeichnung DVB verbergen sich als „Digital Video Broadcasting“ internationale Standards zur Übertragung von digitalen Inhalten beim Kabel-, beim terrestrischen und Satelliten-Fernsehen (DVB-C, DVB-T2, DVB-S/S2). Seit Beginn des DVB-Projekts im Jahr 1993 bis 2012 leitete Prof. Reimers das Technical Module für die technische Spezifikation von DVB. In den letzten Jahren hat er sich mit dem Zusammenwachsen von Mobilfunk und Fernsehen beschäftigt und mit der von ihm und seinem Team entwickelten 5G Broadcast-Lösung einen Weg ermöglicht, die klassischen Mobilfunknetze von dem stark steigenden Datenvolumen durch Videos zu entlasten. Europäische Rundfunkanstalten wollen die 5G-Broadcast-Anwendungen 2024 zu den olympischen Spielen in Paris und zur Fußball-Europameisterschaft in Deutschland erstmalig breit einsetzen.

Prof. Reimers leitete ab1993 durchgängig das Institut für Nachrichtentechnik (IfN). Seit Oktober 2012 war er Vizepräsident der TU Braunschweig für das Ressort „Strategische Entwicklung und Technologietransfer“. 2020 ging er nach 27 Jahren an der TU Braunschweig in den Ruhestand.

ITG Fellowship für Prof. Tim Fingscheidt

Die informationstechnische Fachgesellschaft ITG begründet die Entscheidung mit seinen „herausragenden Verdiensten, seinem Engagement und seinen wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Sprachkommunikation zur robusten Sprachübertragung und Sprachverbesserung”. Frühere Empfänger dieser Ehrung an der TU Braunschweig waren u.a. Prof. Ulrich Reimers (2018) sowie Prof. Hermann Rohling (2019).

Prof. Fingscheidt: “Fellow einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft wird man nicht jeden Tag. Außerdem darf bei der ITG nur maximal ein Promille der wahlberechtigten Mitglieder Fellow sein. Da freut man sich dann schon, wenn die Fachkolleg*innen im Preisprüfungsgremium zu einer solchen Entscheidung kommen. Vielleicht hat bei der Entscheidung geholfen, dass unsere Forschungsergebnisse und Algorithmen zur Sprachkommunikation in Millionen von Smartphones weltweit anzutreffen sind.“

Prof. Tim Fingscheidt beschäftigt sich in seiner Forschung mit Sprachtechnologie und Computer Vision. In beiden Feldern spielt die künstliche Intelligenz (KI) eine wesentliche Rolle. So betreibt er seit Jahren das Deep Learning Lab an der TU Braunschweig und engagiert sich z.B. im Projekt KI4All für KI-Lehrveranstaltungen über Fakultätsgrenzen und Hochschulgrenzen hinweg. Im Bereich Computer Vision stellt die maschinelle Umfeldwahrnehmung beim autonomen Fahren das wesentliche Forschungsinteresse dar.

In der Sprachtechnologie, die im Fokus der Ernennung zum ITG Fellow steht, arbeitet Fingscheidts Team mit verschiedenen industriellen Partnern an der Verbesserung von Mobiltelefonie und Telekonferenzsystemen zusammen. Darüber hinaus forscht er daran, wie die Leseförderung für Kinder verbessert werden kann.

Fingscheidt ist seit 2006 Universitätsprofessor an der TU Braunschweig und Leiter der Abteilung „Signalverarbeitung und Machine Learning“ am Institut für Nachrichtentechnik. Im Herbst 2023 wurde er für die Amtsperiode 2024-2026 als einer von drei Hochschulvertretern in den ITG-Vorstand gewählt.

ITG-Preis 2023 für hervorragende Veröffentlichungen an Tobias Doeker, Johannes Eckhardt und Prof. Thomas Kürner

Für einen herausragenden wissenschaftlichen Beitrag zur Terahertz-Kommunikation im Journal „IEEE Transactions on Antennas und Propagation“ wurden Prof. Thomas Kürner und seine Mitarbeiter Tobias Doeker und Johannes Eckhardt von der ITG ausgezeichnet. Terahertz-Kommunikation ist eine Funkkommunikation bei Trägerfrequenzen höher als 300 Gigahertz (0,3 Terahertz), die derzeit als einer der möglichen Kandidaten für die zukünftige 6G-Funkkommunikation diskutiert wird.

In der Laudatio von Prof. Jörg Robert (TU Ilmenau) heißt es dazu: „Die benötigte Datenrate in Kommunikationssystemen wird immer weiter steigen. Eine besondere Herausforderung bilden dabei Szenarien mit einer hohen Anzahl von Teilnehmern auf engstem Raum mit komplexen Verhältnissen für die Wellenausbreitung. Die Nutzung von Systemen basierend auf Terahertz-Kommunikation ermöglicht hier einen eleganten Ausweg. Vor der praktischen Einführung dieser Systeme sind jedoch noch eine Reihe von wissenschaftlichen Fragestellungen zu beantworten. Prof. Kürner und seine Gruppe sind seit vielen Jahren internationale Vorreiter in diesem Bereich. Die vorliegende Arbeit leistet hierzu einen weiteren hervorragenden Beitrag in einem zudem sehr interessanten Anwendungsbereich.“

Prof. Kürner: „Mit der Auszeichnung ist eine Würdigung der seit Jahren hervorragenden Arbeit meines Teams auf dem Gebiet der THz-Kommunikation verbunden. Sie ist Ansporn, den Weg dieser Technologie in die Anwendung bei 6G weiter mitzugestalten.“

Prof. Thomas Kürner ist seit 2003 Universitätsprofessor für Mobilfunksysteme am Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig. Er ist Sprecher der DFG-Forschungsgruppe „Metrology for THz Communications“, kurz Meteracom, die sich mit Messverfahren für THz-Kommunikationssysteme befasst, um bspw. deren Leistungsfähigkeit in realen Umgebungen vorhersagen zu können.

Originalpublikation:

Doeker, J. M. Eckhardt and T. Kürner, „Channel Measurements and Modeling for Low Terahertz Communications in an Aircraft Cabin,“ in IEEE Transactions on Antennas and Propagation, vol. 70, no. 11, pp. 10903-10916, Nov. 2022, DOI: 10.1109/TAP.2022.3191218.