18. Dezember 2018 | Magazin:

Modulare Messstation LabPi Neue Möglichkeiten für die Lehre in MINT-Fächern

Ob in der Schule oder im Studium: Naturwissenschaftliche Themen aus Chemie, Physik oder Biologie lassen sich am besten verstehen, wenn man selbst experimentiert. Das Problem: Für quantitative Messungen sind Messgeräte nötig, die oft sehr teuer sind. Damit möglichst alle Schülerinnen und Schüler oder Studierende aktiv an Unterricht und Lehre teilnehmen können, werden mehrere Geräte benötigt. Juniorprofessor Timm Wilke vom Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie kam auf die Idee, ein modulares Messgerät zu entwickeln, das drei Dinge miteinander vereint: eine hohe Präzision in den Messergebnissen, innovative digitale Lehr-Lern-Konzepte und ein günstiger Preis, der es Schulen und Universitäten erlaubt, Geräte in größeren Stückzahlen anzuschaffen.

Manuel Wejner und Juniorprofessor Timm Wilke mit zwei LabPi-Stationen. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Manuel Wejner und Juniorprofessor Timm Wilke mit zwei LabPi-Stationen. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

„Für viele einfache Nachweise reichen in der Schule qualitative Auswertungen aus“, sagt Wilke. In Wissenschaft und Wirtschaft seien jedoch insbesondere eine quantitative Untersuchung der Experimente wichtig, um anschließend fundierte Aussagen treffen zu können. Die Umsetzung des Projekts LabPi hat Manuel Wejner im Rahmen seiner Masterarbeit begonnen. Den Masterabschluss hat er inzwischen in der Tasche und promoviert jetzt am Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie im Team von Professor Wilke und arbeitet an der Entwicklung des LabPi weiter. „600 DIN A4 Seiten Quellcode sind inzwischen schon zusammengekommen“, erzählt er stolz.

LabPi = Labor + Raspberry Pi

Herzstück des LabPi ist ein Raspberry Pi Mini-Computer, der je nach Ausführung um die 30 Euro kostet und mit WLAN, Bluetooth sowie einem HDMI-Ausgang ausgestattet ist. Das Gerät, etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel, wird hinter einen kleinen Monitor mit 10 Zoll Bildschirmdiagonale geschraubt. Auf das Board wird eine ebenso kleine, selbstentwickelte Platine gesteckt, die USB-Anschlüsse für die unterschiedlichsten Sensoren bietet, zum Beispiel ein Photometer, ein Thermometer oder ein VIS-Spektrometer. Es können mehrere Sensoren gleichzeitig angeschlossen werden. Ein passendes Gehäuse wird derzeit noch entworfen. Über eine grafische Benutzeroberfläche kann das Gerät bedient werden.

Die Daten können auch auf einem Tablet-Computer ausgewertet werden. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Die Daten können auch auf einem Tablet-Computer ausgewertet werden. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Neue Lehr-Lern-Konzepte

Der besondere Clou an LabPi: Mehrere Stationen können miteinander vernetzt werden und ermöglichen so ganz neue Lehr-Lern-Konzepte im Bereich der MINT-Bildung 4.0. Ein großer Vorteil ist zum Beispiel die Zeitersparnis bei der Auswertung der Ergebnisse. Die Werte müssen nicht mehr mühsam und zeitintensiv mit Stift und Papier in ein Diagramm eingezeichnet werden, sondern erscheinen per Knopfdruck automatisch auf dem Bildschirm. „Die Vernetzung der LabPi Geräte untereinander ermöglicht es, Diagramme mehrerer Messstationen übereinanderzulegen und so die Messungen vergleichen zu können“, so Manuel Wejner. Eine Auswertung der Messergebnisse ist auch zu Hause möglich. Die Daten können auf eine ebenfalls selbst entwickelte Cloud-Plattform hochgeladen werden und stehen dort zum Abruf bereit.

Diese selbst entwickelte Platine wird auf einen Raspberry Pi Mini-Computer gesteckt. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Diese selbst entwickelte Platine wird auf einen Raspberry Pi Mini-Computer gesteckt. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Erprobung in der Praxis

Nach eineinhalb Jahren Entwicklungszeit und dem Bau des Prototyps folgt nun im nächsten Schritt die Erprobung der Station in der Praxis. Gymnasien in Wolfsburg, Fallersleben und Helmstedt sowie eine Realschule in Isenbüttel werden die Geräte in ihren Unterricht integrieren. „Auch im anorganisch-chemischen Grundpraktikum und im Anges-Pockels-SchülerInnen-Labor an der TU Braunschweig sollen die Geräte zum Einsatz kommen“, erklärt Professor Wilke. Studentische Hilfskräfte sind derzeit dabei, 100 LabPi-Stationen zusammenzubauen.

Zusammen mit einem kleinen Monitor wird der LabPi zu einer kompakten, modularen Messstation. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Zusammen mit einem kleinen Monitor wird der LabPi zu einer kompakten, modularen Messstation. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Finanziert wird das Projekt einerseits mit 36.000 Euro aus dem Transferprogramm „Digitize“, bei dem das Lehr-Lern-Konzept aus dem Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie in das Institut für Anorganische und Analytische Chemie transferiert wurde. Das Team arbeitet dabei mit Professor Marc Walter zusammen. 16.000 Euro kommen zudem aus Finanz- und Studienqualitätsmitteln der TU Braunschweig Geplant ist es, die Software und den Bauplan für den LabPi nach Fertigstellung kostenlos als Open Educational Resource zur Verfügung zu stellen.