27. März 2020 | Magazin:

Luftfahrtforschung zum Anfassen Ein Besuch beim Forschungsclub „changING“ für Schülerinnen und Schüler

Im Oktober 2019 ging er an den Start: der neue Forschungsclub „changING“ des Exzellenzclusters SE²A – Sustainable and Energy-Efficient Aviation – an der Technischen Universität Braunschweig.  30 Schülerinnen und Schüler ab der 10. Klasse bekommen dort die Gelegenheit, selbst zu experimentieren. Aufgeteilt in drei Gruppen lernen sie praxisnah technische Studiengänge und Berufe im Forschungsschwerpunkt „Mobilität“ der TU Braunschweig kennen. Auf dem Programm stehen Veranstaltungen am Forschungsflughafen, am DLR, im Protohaus und in verschiedenen Instituten Carolo-Wilhelmina. Wir waren bei einem Besuch im Institut für Strömungsmechanik dabei.

Teilnehmerinnen und das Team des Forschungsclubs „changING“ vor dem kleinen Windkanal im Institut für Strömungsmechanik. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Ziel von changING ist es, besonders bei Mädchen das Interesse an technischen Themen zu fördern. Heute ist die reine Mädchengruppe da.  Außerdem gibt es noch eine gemischte Gruppe und eine reine Jungengruppe. Ein Schuljahr lang trifft sich jede Gruppe jeden zweiten Donnerstag nach dem regulären Unterricht. Dr. Anne Geese und Dina Al-Kharabsheh vom Institut für Fachdidaktik der Naturwissenschaften sind die Organisatorinnen des Projekts.

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit erforscht Dina Al-Kharabsheh, die selber an der TU Ingenieurwesen studiert hat, die Wirksamkeit dieses außerschulischen Angebots. Sie untersucht unter anderem, unter welchen Bedingungen sich die Motivation, das Interesse und die Selbstwirksamkeit an technischen Themen bei den Teilnehmenden verstärken. Und auch, ob Unterschiede zwischen der reinen Mädchengruppe und den anderen Gruppen erkennbar sind. „Bei changING geht es uns darum, den Schülerinnen und Schülern den Ingenieurberuf nahezubringen. Wir wollen ihnen positive Erlebnisse vermitteln und hoffen, dass sie sich dadurch für einen technischen Beruf entscheiden.“ Die Idee ist es, die Schülerinnen und Schüler bis zum Abitur zu betreuen, wenn sie über die gesamten vier Jahre Projektlaufzeit dabeibleiben möchten.

Dina Al-Kharabsheh organisiert „changING“ zusammen mit Dr. Anne Geese und erforscht die Wirksamkeit des Projekts. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Engagement neben Schule, Studium und Arbeit

Alle Schülerinnen sind freiwillig da, aus Interesse, nach einem langen Schultag. Elizabeth Bittner geht in die 10. Klasse des Braunschweiger Wilhelm-Gymnasiums. „Bei uns im Physikraum wurde der Forschungsclub vom Organisationsteam vorgestellt und so bin ich auf die Idee gekommen, mitzumachen“, erzählt sie. Bei Anna Lübke war es ihr Opa, der sie auf changING aufmerksam gemacht hat. „Ich habe mich schon immer für Flugzeuge und Luftfahrt interessiert“, sagt die Zehntklässlerin vom Martino-Katharineum in Braunschweig.

Aber nicht nur die Schülerinnen und Schüler lernen etwas bei changING: Angehende Lehrkräfte, Ingenieure und wissenschaftliche Mitarbeiter sammeln hier Erfahrungen in der Arbeit mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs der Zukunft. Laura Krebs ist die studentische Mentorin der heutigen Gruppe: „Von den Teilnehmerinnen hier bin ich sehr beeindruckt. Fast alle haben schon einen sehr konkrete Vorstellung, wohin es für sie einmal gehen soll.“ Laura ist bei allen Treffen der Schülerinnen dabei, unterstützt sie bei Fragen und hat auch eine Vorbildfunktion. Sie studiert im zweiten Semester Maschinenbau und sei, wie sie erzählt, in der Richtung auch vorbelastet: Fast ihre ganze Familie bestehe aus Maschinenbauern. „Mir war in der 10. Klasse klar, dass ich etwas im technischen Bereich machen wollte.  Aber genau festgelegt war ich noch nicht. Vor meinem Maschinenbaustudium habe ich für eine kurze Zeit Physik studiert.“

Maschinenbau-Studentin Laura Krebs ist Mentorin der Gruppe. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Messung einer Auftriebskurve

Heute steht im Institut für Strömungsmechanik zunächst eine Führung auf dem Programm. Der wissenschaftliche Mitarbeiter und Maschinenbauer Johannes Pohl erklärt die beeindruckenden Windkanäle und Versuchsaufbauten. Anschließend müssen die Schülerinnen selbst aktiv werden und in einem Experiment das anwenden, was sie zwei Wochen zuvor in einer einführenden Vorlesung gelernt haben. In der Aufgabe geht es um das Profil einer Tragfläche eines Modellflugzeugs in einem Windkanal.  Die Auftriebskurve soll gemessen werden. Die Schülerinnen sind konzentriert dabei und arbeiten im Team – fast schon wie die Profis. Erarbeitet hat die Aufgabe der angehende Physik- und Mathelehrer Johann Hoppe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Strömungsmechanik. Er studiert an der TU Braunschweig den Masterstudiengang Physikdidaktik. „Dieser kleine Windkanal wird speziell in der Lehre und für Studien- und Abschlussarbeiten eingesetzt“, erzählt er.  Zum Abschluss der rund zweistündigen Sitzung bespricht er die Aufgaben gemeinsam mit den Schülerinnen im Seminarraum.

Der wissenschaftliche Mitarbeiter Johannes Pohl führte die Schülerinnen durch die beeindruckenden Hallen des Instituts für Strömungsmechanik am Forschungsflughafen. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Besonders imposant sind die großen Windkanäle des Instituts. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

In den Windkanälen führen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Messungen an unterschiedlichen Objekten durch. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Physikdidaktik-Student Johann Hoppe erklärt der Gruppe das anstehende Experiment... Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

...und gibt den Schülerinnen eine Einweisung in die Technik. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Das heutige Experiment: Messung einer Auftriebskurve. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Die Schülerinnen und Schüler sind mit Spaß... Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

...und Konzentration dabei. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Wie die Profis führen sie das Experiment durch. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Elizabeth Bittner hat in ihrer Schule von "changING" erfahren. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Die Messergebnisse visualisieren die jungen Forscherinnen mit dem Computer. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Nach dem Experiment geht es in den Hörsaal, wo die Schülerinnen weitere Aufgaben bearbeiten. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Johann Hoppe korrigiert die Aufgaben zum Abschluss gemeinsam mit den Teilnehmerinnen. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Großer Erfolg

Organisatorin Dina Al-Kharabsheh ist mit dem Erfolg und der großen Teilnehmerzahl bei changING sehr zufrieden. „Es ist schön zu sehen, dass sie freiwillig immer wieder kommen. Wie groß das eigene Interesse an einem technischen Fach ist, weiß man auch erst dann, wenn man es wie diese Schülerinnen ausprobiert und immer wieder in Kontakt mit technischen Themen kommt.“ Am Ende werden sie nicht nur ein Zertifikat bekommen. Viele Schulen erkennen die Teilnahme als AG an. Außerdem können Facharbeiten unter Betreuung geschrieben werden. „In der nächsten Runde, die hoffentlich im Herbst starten kann, wollen wir noch stärker solche Kinder ansprechen und gewinnen, die sonst nicht mit solchen Themen in Berührung kommen.“

changING in der Corona-Auszeit

Wie alle anderen Bereiche des öffentlichen Lebens, ist auch der Forschungsclub von der Corona-Krise betroffen – einige Termine mussten leider ausfallen. Nun bekommen die  Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich digital mit Luftfahrttechnischen Themen auseinanderzusetzen. „Wir haben ein Konzept entwickelt, wie die Gruppen trotz dieser außergewöhnlichen Zeit zusammen Themen bearbeiten und sogar Experimente zur Luftfahrt mit haushaltsüblichen Materialien ausführen können“, erklärt Dina Al-Kharabsheh. Dennoch laufen die Vorbereitungen weiter für die kommenden Termine, die nach Ostern in den Instituten stattfinden sollen. „Wenn sich die Lage normalisiert hat, werden wir mit unserem Programm wieder voll durchstarten.“