29. November 2018 | Magazin:

Was treibt sie an? Die Büssing-Preisträgerin und die Büssing-Preisträger beantworten unseren Fragenbogen

Für ihre hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen wurden Prof. Marlin Ulmer, Dr. Antonia Dannheim und Dr. Gunther Wilke mit dem Heinrich-Büssing-Preis 2018 ausgezeichnet. Wir wollten von ihnen unter anderem wissen, was erfolgreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler antreibt und baten sie, unseren Fragebogen zu beantworten.

Preisträgerin Dr. Antonia Dannheim

Dr. Antonia Dannheim. Bildnachweis: Probild-Studio

Die gebürtige Magdeburgerin Antonia Dannheim interessierte sich schon früh in ihrem Leben für die Lebenswissenschaften, aber auch für Technik. So entschied sie sich für ein interdisziplinäres Biotechnologiestudium in Braunschweig. Nach dem sie ihre Masterstudium an der University in Waterloo, Kanada, abschloss, kehrte sie zur Promotion nach Braunschweig zurück: Am Institut für Bioverfahrenstechnik konnte sie Prozesstechnik, Mikrobiologie und Biopharmazie verbinden. Und das erfolgreich: Für ihre Dissertation erhielt sie den Heinrich-Büssing-Preis 2018. Danach ging sie an das Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin auf dem Science Campus Süd in Braunschweig, wo sie die Prozessentwicklung und Produktion von Biopharmazeutika betreut.

Eine Challenge: Können Sie verständlich und in drei knappen Sätzen Ihre Dissertation zusammenfassen?

Ich habe mich mit der Herstellung von pharmazeutisch relevanten Proteinen wie Enzymen und Antikörpern in speziellen Bakterien beschäftigt. Diese Bakterien haben im Gegensatz zu anderem Zellen, die bereits für die Herstellung dieser Produkte verwendet werden, den Vorteil, dass der Herstellungsprozess einfacher und kostengünstiger gestaltet werden kann, wenn erst einmal ausreichend Informationen darüber vorliegen.

Wohin führt/e Sie der weitere Weg nach der Dissertation?

Meinen weiteren wissenschaftlichen Weg sehe ich zunächst am Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, an dem ich nach meiner Promotion anfing zu arbeiten. Die Projekte dort beziehen sich auf die Produktion von Biopharmazeutika, hauptsächlich für industrielle Kunden. Das sind unglaublich spannende und extrem vielseitige Themen. Ich sehe in der biologischen Synthese von pharmazeutischen Wirkstoffen enormes Potenzial und möchte gerne meinen Teil dazu beitragen, dass dies noch breiter angewandt wird.

Ganz allgemein gefragt: Was treibt Sie an, in der akademischen Forschung zu arbeiten?

Zum einen simple Neugierde, neues zu entdecken und auszuprobieren. Aber ich sehe auch enormes Potenzial in so vielen wissenschaftlichen Bereichen, die bisher noch kaum erforscht sind.

Welchen Rat haben Sie an die nächste Generation von Nachwuchswissenschaftlern?

Beschäftigt euch damit, wofür ihr brennt und was euch wirklich interessiert. Das ist enorm wichtig für Motivation und Leistungsbereitschaft und beides ist Voraussetzung für gute Forschung.

Preisträger Prof. Marlin Ulmer

Dr. Marlin Ulmer. Bildnachweis: Marianne Ulmer/TU Braunschweig

Marlin Ulmer studierte in Göttingen und in Wales an der Swansea University Mathematik, Studienrichtung Wirtschaftsmathematik. Durch seine Diplomarbeit bei der Robert Bosch GmbH ist er zur Wirtschaftsinformatik gekommen. In diesem Bereich startete er 2010 sein Promotionsvorhaben an der TU Braunschweig, das er 2016 abgeschloss.  Als Wissenschaftler gefällt ihm die Freiheit, eigene Ideen zu verfolgen und die Lehre, insbesondere die Betreuung von Abschlussarbeiten engagierter Studierender macht ihm Spaß. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Kombination aus mathematischer Optimierung, Simulation und Datenanalyse: eine Kombination, die auch „künstliche Intelligenz“ oder „Machine Learning“ genannt wird. Sein Anwendungsgebiet ist hauptsächlich die innerstädtische Logistik, zum Beispiel von Paketdienstleistern oder Lebensmittel-Lieferanten. Ziel der Forschung ist, Fahrzeugflotten in der Planung und Steuerung so zu unterstützen, dass diese flexibel und verlässlich auf sich ändernde Umstände reagieren können.

Eine Challenge: Können Sie verständlich und in drei knappen Sätzen Ihre Dissertation zusammenfassen?

Meine Dissertation entwickelt Verfahren zur Entscheidungsunterstützung für die Steuerung von Service-Flotten in der Stadt. Hierzu nutze ich lernende Verfahren, die auf Grundlage vorheriger Entscheidungen neue Situationen bewerten können. Da gelerntes Wissen nur in zusammengefasster Form gespeichert werden kann, kombiniere ich das Wissen mit einer Echtzeit-Simulation, um sämtliche Information ausnutzen zu können.

Wohin führte Sie der weitere Weg nach der Dissertation?

Nach der Dissertation habe ich eine sehr produktive und schöne Zeit an der University of Iowa, USA, verbracht, um mit den Kolleginnen und Kollegen an Forschungsprojekten zu arbeiten. Anschließend habe ich mich erfolgreich auf eine Juniorprofessur an der TU Braunschweig beworben, die ich im Herbst 2017 angetreten habe. Mein Ziel ist eine akademische Karriere. Ich arbeite gerade an einem langfristigen und umfangreichen Forschungskonzept, stelle mein Lehrportfolio zusammen, schreibe Forschungsanträge und knüpfe weitere Forschungskooperationen. So habe ich die letzten Monaten am Georgia Institute of Technology, USA, verbracht, um meinen Forschungsbereich weiter auszubauen.

Ganz allgemein gefragt: Was treibt Sie an, in der akademischen Forschung zu arbeiten?

Hauptsächlich zwei Dinge: Freiheit und Neugier. Ich kann meistens selbst entscheiden, wann und wo ich arbeite und woran ich forsche. Die Freiheit für ein paar Tage zu einem internationalen Kollegen oder einer Kollegin zu fliegen oder auch einmal einen Tag spontan nicht zu arbeiten, ist mir sehr wichtig. Ich bin quasi Entrepreneur mit reduziertem Risiko. Gleichzeitig macht mir meine Forschung auch unglaublich Spaß. Ich überlege mir ein Konzept, mit dem mein Verfahren potenziell etwas selbst erlernen könnte. Anschließend lasse ich es über Nacht rechnen und, wenn ich am nächsten Tag wiederkomme, ist es hoffentlich etwas schlauer geworden. Das klappt natürlich nicht immer und ich muss regelmäßig mein Konzept überdenken. Für mich hat dies auch etwas Spielerisches, wie das Lösen eines Rätsels.

Welchen Rat haben Sie an die nächste Generation von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern?

Ganz zuerst: hart arbeiten. Anders als in anderen Berufen gibt es in der Wissenschaft außerdem keinen „natürlichen“ Feierabend. Ich nehme möglichst keine Arbeit mit nach Hause und man muss lernen Fehlschläge wegzustecken. Die gibt es regelmäßig: Ein Konzept funktioniert nicht, ein Artikel wird abgelehnt, teilweise mit relativ rüden Gutachten. Ich suche regelmäßig bei Kolleginnen  und Kollegen sowie meinem Doktorvater Rat, folge aber gleichzeitig den eigenen Interessen und Ideen. Häufig wird ein generelles Forschungsgebiet vorgegeben, an dem man sich orientieren muss. Ein guter Betreuer oder eine gute Betreuerin erlauben einem allerdings, das Forschungsthema nach eigenen Stärken und Interessen auszugestalten.

Der Preisträger Dr. Gunter Wilke

Dr. Gunther Wilke. Bildnachweis: Ann-Katrin Wilke

Gunther Wilke ist 34 Jahre alt und zweifacher Familienvater. Nach seinem Studium in Aachen ging er zum DLR, wo er in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig seine Promotion angefertigt hat. Für diese erhielt der Nachwuchsforscher am 28. November 2018 einen der drei Heinrich-Büssing-Preise. Wilke sieht seine Forschungsschwerpunkte in der Simulation von Hubschrauberrotorblättern und deren aerodynamischer sowie akustischer Optimierung. Dieses Forschungsgebiet gewinnt zunehmend an Bedeutung in Zeiten, in denen man verstärkt über neue Mobilitätskonzepte in der Luft nachdenkt wie Compound-Hubschrauber (Flugschrauber mit festen Tragflügeln) und elektrische Lufttaxis.

Eine Challenge: Können Sie verständlich und in drei knappen Sätzen Ihre Dissertation zusammenfassen?

In meiner Dissertation habe ich die aerodynamische Optimierung von Hubschrauberrotoren optimiert. Hierbei habe ich physikalische Modelle unterschiedlicher Genauigkeit mit Hilfe mathematischer Ersatzmodelle verknüpft, um insgesamt schneller und genauer ans Ziel zu kommen, anstatt nur die physikalisch genauesten Modelle zu nutzen. Wie gut das Ganze funktioniert, habe ich anhand von zwei unterschiedlichen Rotoren nachgewiesen.

Wohin führte Sie der weitere Weg nach der Dissertation?

Ich bin schon während der Promotion vom DLR fest übernommen worden und verbleibe auf absehbare Zeit hier. Ein persönliches Steckenpferd von mir ist es dabei, mal einen eigenen Entwurf bis zur Anwendung zu treiben. Auch bin ich gerade in einer Japanisch-Französisch-Deutschen Kooperation zur Rotoroptimierung, so dass ich hier mit anderen klugen Köpfen rund um den Globus zusammenarbeiten darf und an Erfahrung zulegen kann.

Ganz allgemein gefragt: Was treibt Sie an, in der akademischen Forschung zu arbeiten?

Ich liebe die Freiheit, Dingen nachzugehen, die mich persönlich interessieren. Auch reizt mich damit verbundene geistige Herausforderung. Gerade in den Ingenieurwissenschaften bekommt man viel von den aktuellen technischen Trends mit und kann hier mitwirken.

Welchen Rat haben Sie an die nächste Generation von Nachwuchswissenschaftlern?

Wissenschaft lebt von der Freiheit. Mein Büro war für mich eher der Ort für die exekutive Tätigkeit. Ich habe mich mit den Fragestellungen vertraut gemacht, dass nötige Wissen angeeignet und oft hat sich mir die Lösung beim Lauf um die Riddagshäuser Teiche offenbart. Was ich hier noch mitgeben möchte: Es gibt viele andere kluge Menschen. So kann man sehr von Konferenzgängen, vom Lesen von Papers und vom Austausch mit Kolleginnen und Kollegen profitieren. Man sollte nur das Rad neu erfinden, wenn es nötig ist.