2. November 2021 | Presseinformationen:

Ohne Programmieren: Roboter lernen Greifbewegungen vom Menschen Ausgründung der TU Braunschweig stellt Prototypen vor

Eine Ausgründung der Technischen Universität Braunschweig arbeitet an Robotern, die Greifbewegungen direkt vom Menschen erlernen. Der „HandEffector“ verfügt über eine Roboterhand nach menschlichem Vorbild. Diese kann Greifkräfte über einen Kraftsinn erfassen und mittels Künstlicher Intelligenz nachahmen. So kann der Mensch durch einmaliges Vorführen von Greifbewegungen den Roboter trainieren. Das verändert grundlegend die Roboterprogrammierung, die dadurch besonders intuitiv ist. Das Gründerteam stellt nun einen Prototyp vor, der erprobt und um Funktionalität erweitert wird.

Das „HandEffector“-System wurde entwickelt, um die Implementierungskosten für neue Prozesse zu senken: Durch die intuitive Anlernmethode soll der Programmierprozess beschleunigt werden. Erste Experimente zeigen, dass mehr als 95 Prozent der Anlernzeit eingespart werden kann. Durch die integrierte Kraftmessung, die KI-basierte Objekterkennung und Griffadaption bietet das System eine automatisierte Handhabung unterschiedlicher, druckempfindlicher Objekte wie zum Beispiel Lebensmittel und eine sichere Interaktion mit dem Menschen. Dies ermöglicht die Automatisierung von Prozessen, die bisher mit bestehenden Roboterlösungen nicht automatisiert werden konnten. Schließlich ist die Integration in bestehende Produktionslinien einfach, da Objekterkennung und KI bereits im System enthalten sind.

Sicherheitskonzept

Bei dem HandEffector-System handelt es sich um einen Cobot, das heißt einen kollaborativen Roboter. Er ist für den Einsatz in Zusammenarbeit mit Menschen konzipiert. Sicherheitszellen wie bei klassischen großen Industrierobotern z. B. in der Automobilproduktion werden nicht benötigt. Jedes Gelenk des Roboters überwacht eigenständig wirkende Kräfte und hält damit Sicherheitsgrenzen für kollaborative Zusammenarbeit mit Menschen ein.

Mögliche Einsatzbereiche

Erste Anwendungen sind in der Lebensmittelindustrie angesiedelt: Das System kann beim Sortieren und Verpacken von sensiblen Produkten eingesetzt werden. Als zukünftige Anwendung ist der Einsatz als Serviceroboter zur Unterstützung in der Gebäudereinigung und Wartung geplant.

Das Konzept unterstützt dabei Mitarbeiter*innen bei monotonen, sich wiederholenden und physisch schädlichen Arbeitsschritten. Aber auch der Personalmangel in bestimmten Produktions- und Dienstleistungszweigen motiviert den Einsatz der Robotertechnologie. Im Sinne des „Empowerment“-Ansatzes der EU sollen Arbeitskräfte zusätzlich auch in die Lage versetzt werden, Aufgaben auszuführen, die sie bisher nicht ausführen konnten.

Das Gründerteam besteht aus zwei ehemaligen Mitarbeitern des Instituts für Robotik und Prozessinformatik der TU Braunschweig (die Brüder Dr.-Ing. Sönke Michalik und Dr.-Ing. Sören Michalik) und einem ehemaligen Mitarbeiter des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung der TU Clausthal (Dr. Lars Heim).

Die Gründer

Die Gründer Sönke und Sören Michalik waren bis zur Ausgründung am IRP Institut der TU Braunschweig tätig und haben die im Vorhaben verwendeten Antriebselemente konzipiert und zur Produktreife entwickelt.

Sönke Michalik war in europäischen Verbundprojekten für die Leitung und Durchführung der technischen Entwicklungen im Bereich der modularen Robotik verantwortlich. Im Rahmen seiner Promotion und in weiteren Forschungsprojekten hat er die Hardwarebeschleunigung von Bildverarbeitung mittels Künstlicher Intelligenz, FPGA-basierten Stereokamerasystemen und latenzfreien Datenübertragung erforscht.

Sören Michalik hat in einem Projekt der europäischen Weltraumorganisation (ESA), und weiteren EU-Projekten Hardware-Beschleuniger für Satellitenkommunikation und Datenverarbeitung erforscht und entwickelt. Er hat sich in seiner Promotion mit hardwarebeschleunigter Roboterlokalisierung und Navigation befasst und ein Subpixel-genaues Verfahren zur Bestimmung von Bildmerkmalen entwickelt.

Lars Heim verfügt über Masterabschlüsse in Marketing und Wirtschaftspsychologie und promovierte 2021 an der TU Clausthal am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung mit Fokus auf Geschäftsmodellen, insbesondere in Bezug auf die Blockchain-Technologie. Durch verschiedene Stationen in der Wirtschaft verfügt er darüber hinaus u.a. über praktische Erfahrungen im Marketing, Projektmanagement sowie im Vertrieb. Durch die Gründung eines Startups zur Produktentwicklung, Herstellung und Vertrieb eines Küchengerätes 2016 verfügte er weiterhin über erste Erfahrungen im Bereich der Unternehmensgründung.