Bund fördert 6G-Forschung TU Braunschweig an Forschungshub beteiligt
In etwa zehn Jahren soll 6G die Kommunikation revolutionieren. 6G soll hundert Mal schneller sowie energieeffizienter und stabiler als der aktuelle 5G-Standard sein. Um bei der zukünftigen Mobilfunkgeneration Teil der Weltspitze zu sein, investiert der Bund 250 Millionen in vier Hubs für Forschung und Entwicklung. Die Technische Universität Braunschweig ist am Hub „6G Research and Innovation Cluster“ (6G-RIC) mit vier Principal Investigators (PIs) beteiligt: Professor Eduard Jorswieck, Professorin Admela Jukan, Professor Vadim Issakov und Professor Thomas Kürner. Zusammen mit dem Fraunhofer HHI wollen sie die wesentlichen Schlüsseltechnologien entwickeln und frühzeitig erproben.
Für die Sechs vor dem G braucht es einen Umbau von allem, was für den Mobilfunk notwendig ist. Die Wissenschaftler*innen im Hub 6G-RIC sehen darin vor allem eine große Chance. Während etwa bisher die deutschen Netzbetreiber ihre Basisstationen nur im Ganzen kaufen können, wäre für 6G ein modularer Aufbau mit offenen Schnittstellen möglich. Mit diesem Baukasten-Prinzip ließe sich nicht nur die bestmögliche Basisstation aus Modulen verschiedener Hersteller zusammenkombinieren, sondern auch der Entwurf neuester intelligenten Steuerungssysteme für autonome Campus-Netzwerke verwirklichen.
„Damit wäre der Weg für Wissenschaft und Industrie offen, die kleinen Bestandteile der komplexen Netzwerksysteme selbst zu bauen und zu verwalten. Zudem gäbe es verschiedene Möglichkeiten diese Netzwerke mit Lösungen zu erweitern, die auf Optimierung und Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Die TU Braunschweig leitet die Forschungsaktivitäten in diesem Hub, welche die verschiedenen Paradigmen und Technologien zusammenführen. Dadurch können wir KI-gesteuerte Anwendungen in autonomen Campus-Netzwerken optimal unterstützen und gleichzeitig Data-Intelligence-Aspekte berücksichtigen“, sagt Professorin Admela Jukan vom Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze.
Durch den modularen Aufbau entstehen Vorteile für verschiedene Industriesektoren, wie Autoindustrie, Landwirtschaft und chemische Industrie, aber auch für Finanzdienstleister und Banken. Dabei profitieren diese nicht nur von der hohen Leistung der optimierten Basisstation. Denn wer beispielsweise eine Industrie-Anlage mit Mobilfunk betreiben will, muss den Komponenten vertrauen können. „Das Ziel ist es, die Sicherheit direkt im Produktdesign mitzudenken. Dazu gehört auch die Post-Quantum Sicherheit, also die Schutzziele trotz bald verfügbarer Quantencomputer zu realisieren. Um die technologische Souveränität in Deutschland und Europa sicherzustellen, muss man außerdem verstärkt in die Mikroelektronik und Chipindustrie investieren. Eine Lehre, die man aus der aktuellen Chipknappheit ziehen sollte“, sagt Professor Vadim Issakov vom Institut für CMOS-Design.
Das ganze Potential von Algorithmen nutzen
Damit der modulare Aufbau überhaupt technisch effizient umsetzbar ist, setzen die Forschenden des Hubs 6G-RIC auf Künstliche Intelligenz (KI) und systemweite Optimierung. Jedes Modul des Baukastens besitzt eine Vielzahl von Parametern. Die komplizierte Einstellung machen zurzeit noch Ingenieur*innen an jeder Basisstation. Immer mehr kommt dabei auch erfolgreich KI zum Einsatz, bisher aber nur für einzelne Komponenten.
„Wenn wir die KI Komponenten-übergreifend nutzbar machen, kann das große Potentiale freisetzen. In den modularen Aufbauten könnten etwa im Zusammenspiel der optimierten Teile völlig neue Wechselwirkungen entstehen. Auch könnten Technologien dynamisch ineinander übergehen. Soll zum Beispiel eine sehr hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit erreicht werden, verbindet sich das Endgerät automatisch mit mehreren Zugangspunkten, die verschiedene komplementäre Technologien verwenden.“, erklärt Professor Eduard Jorswieck, Leiter des Instituts für Nachrichtentechnik.
Eine Testumgebung für 6G bis 2025
Auch wenn 6G frühestens im Jahr 2030 eingeführt wird: Mit dem Aufbau von Testumgebungen und Demonstratoren wollen die Wissenschaftler*innen umgehend starten. „Für die Entwicklung neuer Mobilfunkstandards ist es wichtig, möglichst frühzeitig neue Ansätze unter realistischen Bedingungen zu testen. Dazu gehören auch Funkausbreitungsmessungen in neu zu erschließenden Frequenzbereichen. Im Hub bauen wir daher eine Testumgebung für 6G, die sowohl der Grundlagenforschung als auch Unternehmen zu Gute kommt und untersuchen die Funkausbreitung oberhalb von 100 Gigahertz“, sagt Professor Thomas Kürner, der am Institut für Nachrichtentechnik an Mobilfunksystemen forscht.
Über das Projekt
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Hub „6G Research and Innovation Cluster“ (6G-RIC) für vier Jahre mit insgesamt 70 Millionen Euro. Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) koordiniert den Verbund aus elf Universitäten und fünf außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Von der TU Braunschweig sind mit dem Institut für Nachrichtentechnik, dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze und dem Institut für CMOS Design drei Institute beteiligt. Als eine der größten Forschungsgruppen des Hubs sind der TU Braunschweig Fördermittel von 4,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Damit könnten bis zu zwölf wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und hochspezialisiertes Laborequipment finanziert werden.