BepiColombo: Erstes Rendezvous mit Merkur Erste Vermessung des Magnetfeldes der südlichen Merkur-Hemisphäre
Nach dem Venus-Vorbeiflug im August 2021 peilt BepiColombo den nächsten Planeten an: Am 2. Oktober 2021 erreicht der Satellit Merkur, das eigentliche Ziel seiner Reise. Bis zum Abschluss der Mission fliegt er noch einige Male daran vorbei, bis er in den Merkur-Orbit eintritt. Die Spannung an der Technischen Universität Braunschweig ist besonders groß, da der Satellit mit Messtechnik aus ihren Laboren bestückt ist und neue Daten gesammelt werden können – von einem Sehnsuchtsort: der südlichen Hemisphäre.
Am 2. Oktober 2021 wird das Raumfahrzeug BepiColombo an seinem Zielplaneten Merkur vorbeifliegen. Bis Dezember 2025 wird das Manöver noch fünfmal wiederholt, um möglichst Treibstoff sparend Schwung für den Zielflug zu holen: Nach dieser Präzisionsarbeit wird BepiColombo die Merkur-Umlaufbahn erreichen. Während des Vorbeifluges sind die Magnetometer aus Braunschweig vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGEP) dauerhaft aktiviert.
Dann können die Forscher um Dr. Daniel Heyner, der das Magnetometer-Team am IGEP leitet, die ersten eigenen Daten aus der Merkurmagnetosphäre auswerten. Bisher wurde von der NASA-MESSENGER-Mission nur die nördliche Hemisphäre magnetisch vermessen. „Es ist, als ob man gerade Nordamerika erforscht hat und durch ein Fernrohr Südamerika sieht, aber die Expedition leider abbrechen musste. Da ist man als Forscher natürlich neugierig und will unbedingt zurück,“ schwärmt Dr. Heyner. Das macht diesen Vorbeiflug besonders interessant, da das erste Mal Daten von der südlichen Hemisphäre des Planeten zur Verfügung stehen – auch wenn es nur eine kleine Kostprobe davon ist.
Kann man die Merkmale des Magnetfeldes aus der nördlichen Halbkugel problemlos auf die südliche übertragen? Hat sich das vom Dynamo generierte Magnetfeld in den letzten sechs Jahren nach der letzten NASA-Mission vielleicht sogar verändert – so wie es auf der Erde kontinuierlich geschieht? Das sind zurzeit die brennenden Fragen, die die Braunschweiger Forscherinnen und Forscher umtreibt. Dazu werden die neuen Magnetfelddaten mit globalen Modellen, basierend auf den NASA-Daten, verglichen. Diese globalen Modelle kann man sich wie magnetische Landkarten vorstellen. Bei der Erde haben sich die Landkarten über die Zeit immer weiter verbessert und wurden genauer. Um nun herauszufinden, welche geophysikalischen Prozesse im Inneren des Merkur stattfinden, braucht man auch hier eine möglichst genaue magnetische Landkarte.
Wie es nach den Merkur-Vorbeiflügen weitergeht
BepiColombo besteht bis zum Einschuss in den finalen Orbit aus drei Komponenten: dem Mercury Planetary Orbiter (MPO), dem Mercury Magnetospheric Orbiter (MIO) und dem Mercury Transfer Module (MTM). Kurz vor Erreichen der Zielumlaufbahn wird das Transfermodul abgetrennt, kurz danach trennen sich auch die beiden Sonden MPO und MIO voneinander, die auf unterschiedlichen Umlaufbahnen um den sonnennahen Merkur weiterreisen. Dabei sind sie nicht nur hohen Temperaturen (300 Grad Celsius) ausgesetzt. In der rund ein Jahr dauernden Primärmission müssen die Satelliten auch der Sonnenstrahlung und der – von der bis zu 470 Grad Celsius heißen Merkuroberfläche abgegebenen – Infrarotstrahlung standhalten. Wenn der Satellit in den Schatten von Merkur eintritt, findet ein schneller Wechsel auf sehr kalte Temperaturen statt. Es wird das erste Mal sein, dass ein anderer Planet als die Erde mit zwei Satelliten gleichzeitig vermessen wird.
Das Ziel der Magnetometermessungen
Dieser duale Ansatz hat den Vorteil, dass man gleichzeitig den Sonnenwind vor dem Merkur mit MIO und mit dem MPO-Satelliten die Merkurmagnetosphäre vermessen kann. Dadurch kann man sehen, wie die Magnetosphäre zum Beispiel auf Sonnenstürme reagiert. Beim Merkur bringen diese massiven Teilchenausstöße die Magnetosphäre zum Schwingen. Teilweise sind diese Sonnenstürme sogar so heftig, dass die Magnetosphäre kollabiert und der Planet dadurch „nackt“ im Sonnenwind steht, weil ihm der magnetische Schutzschild fehlt. Das erklärte Hauptziel der Braunschweiger Forscherinnen und Forscher bleibt aber, die magnetische Landkarte des Planeten möglichst präzise zu vervollständigen. „Für so eine Präzision ist natürlich eine anspruchsvolle Sensorkalibrierung notwendig“, betont Dr. Ingo Richter, der in Braunschweig das Kalibrierlabor betreibt. Diese Magnetfeldkarte kann man dann mit Dynamomodellen vergleichen, die auch am IGEP erstellt wurden. Das lässt dann wichtige Rückschlüsse auf die thermische Langzeitentwicklung vom Merkur zu.
Enge europäisch-japanische Zusammenarbeit
Die Gesamtleitung der Mission liegt bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die auch für Entwicklung und Bau des Mercury Planetary Orbiter (MPO) zuständig war. Der Mercury Magnetospheric Orbiter (MIO) wurde von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA beigesteuert. Dieser zweite Satellit ist ebenfalls mit Magnetometern ausgestattet, bei denen das IGEP mit japanischen Instituten kooperiert. Der deutsche Beitrag zu BepiColombo wird vom DLR-Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) überwiegend finanziert.