Autonomer Shuttle RAION vorgestellt Minister Olaf Lies besuchte das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik
Ein Highlight des Tages war die Präsentation des autonomen Shuttles RAION. Das prototypische Level-4-Fahrzeugkonzept auf Basis einer intelligenten und elektrifizierten Fahrplattform mit maßgefertigtem Aufbau ist eine Eigenentwicklung des Teams rund um Professor Dr.-Ing. Roman Henze und dem maßgeblich verantwortlichen Ingenieur Torben Hegerhorst. Am 18. Juli konnte sich der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies sich ein Bild vom neuen Forschungsfahrzeug des Instituts für Fahrzeugtechnik der Technischen Universität Braunschweig machen. Bei einer Führung durch das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) erhielt der Minister außerdem einen Einblick in die aktuelle Forschung rund um Fahrzeugkonzepte, intelligente Fahrzeuge, emissionsfreies Fahren und die damit verbundenen gesellschaftlichen Transformationsprozesse.
Neue, saubere Antriebe, intelligente und vernetzte Fahrzeuge, autonomes Fahren in der Anwendung und daraus resultierende Fragen in den Bereichen Recht, Arbeit, Produktion und Vertrieb – die Herausforderungen beim Wandel der Mobilität sind enorm. Wie das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) das alles meistert, davon konnte sich der niedersächsische Wirtschaftsminister bei seinem Sommerbesuch in Braunschweig überzeugen.
Minister Olaf Lies: „Wir arbeiten gerade intensiv am Mobilitätskonzept 2040. Damit die Mobilitätswende gelingt, müssen wir alle Bausteine gemeinsam denken – ein effizienter und zuverlässiger ÖPNV ist dabei eine ganz entscheidende Säule. Insbesondere im ländlichen Raum braucht es neue Konzepte. Die Herausforderungen für die Öffis auf dem Land werden ohne autonomes Fahren nicht lösbar sein. Hier sehe ich großes Potenzial – so können autonome ÖPNV-Shuttles zum Beispiel mit smarten, flexiblen On-Demand-Angeboten kombiniert werden. Heute wurde mal wiedereindrucksvoll demonstriert, dass das automotive Herz der Zukunft in Niedersachsen schlägt. Dafür unterstützen wir als Landesregierung den Austausch von Wirtschaft und Wissenschaft. Die Innovationen, die zum autonomen Fahren gebraucht werden, sind bereits für aktuelle Fahrzeuggenerationen interessant und finden jetzt schon den Weg in den Markt. Wir wollen sie in Niedersachsen auf die Straße bringen.“
„Das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik zeigt einmal mehr, wie strukturiert, vernetzt und anwendungsnah hier in Braunschweig an der Mobilität der Zukunft geforscht wird. Ein weiterer Meilenstein im Bereich des autonomen Fahrens ist das neue Forschungsfahrzeug RAION, das wir heute präsentieren konnten. Mit Blick auf die Mobilität der Zukunft denken wir neben den notwendigen Technologien alle Bereiche mit – dazu gehören zum Beispiel auch das emissionsfreie Fahren, die Transformationsprozesse in der Arbeitswelt und in den Geschäftsmodellen sowie das Mobilitätsrecht“, sagt Angela Ittel, Präsidentin der TU Braunschweig.
RAION – japanisch für Löwe – ist der Demonstrator eines autonomen ÖPNV-Shuttles (Level 4) und dient zur Erforschung und Erprobung zukünftiger autonomer Fahrsysteme (AD), Fahrfunktionen und Fahrzeugkonzepte im realen Straßenverkehr. Eine Besonderheit im Vergleich zu vielen bisherigen Demonstrationen ist die Auslegung des AD-Systems auf hohe – verkehrsangepasste – Geschwindigkeiten eines echten fahrerlosen Fahrzeuges bis 50 km/h. Die nötige Funktionssicherheit wird im Regelbetrieb durch dreifach redundante Systeme (zwei davon im Fahrzeug und eine Absicherung über die Infrastruktur) realisiert. Prof. Dr. Ing. Roman Henze, Leiter des NFF-Forschungsfeldes „Intelligentes Fahrzeug und vernetztes Fahren“: „Mit dem Rollout unseres RAION gehen wir den nächsten Schritt zum Pilotbetrieb eines autonomen Transportsystems auf der Hermann-Blenk-Straße. In den kommenden Monaten werden wir sämtliche Schritte des Genehmigungs- und Zulassungsverfahrens durchlaufen – mit dem Ziel ab Mitte 2024 ein echtes fahrerloses Personenshuttle im fließenden Verkehr und hohem Takt bzw. nach individuellem Kundenbedarf in Betrieb zu nehmen“.
In Kooperation mit TÜV-Nord konnte bereits eine Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr erwirkt werden, was ein wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Ziels ist. „Das Fahrzeug ist mit einer hochgenauen 360°-Sensorik auf Basis von Laserscannern und den notwendigen Lokalisierungseinheiten und Hochleistungsrechnern ausgestattet“, erläutert Projektleiter Torben Hegerhorst und führt weiter aus: „Damit sollen mit dem Fahrzeug sowohl technische Fragenstellungen des AD-Systems beleuchtet als auch nutzerzentrierte Untersuchungen durchgeführt werden – wichtige Schritte um die nachhaltige Mobilität von morgen gestalten zu können.“ Das zusammen mit der Braunschweiger Firma Formherr entwickelte Fahrzeugdesign lädt durch seine offene Gestaltung die Öffentlichkeit zur Teilnahme an diesem Entwicklungsprozess ein und unterstreicht zugleich die technologische Ausrichtung des Vorhabens.
NFF-Vorstandssprecher Prof.-Dr.-Ing. Thomas Vietor: „Neben den zahlreichen technischen Herausforderungen, die noch vor uns liegen, müssen wir vor allem auch die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigen, denn nur durch eine breite Akzeptanz ist der technologische Fortschritt auch erfolgreich umsetzbar. Mit dem neuen Versuchsfahrzeug wird uns in Zukunft ein Level-4-fähiges Auto direkt vor der Haustür abholen und hier am Forschungsflughafen Braunschweig die Erlebbarkeit des vollautomatisierten Fahrens ermöglichen.“
Über das NFF
Das NFF konzentriert sich auf Zukunftsthemen der fahrzeug- und verkehrstechnischen Forschung. Gegründet wurde es 2007 mit Unterstützung der Niedersächsischen Landesregierung und der Volkswagen AG, um die Forschungsregion Braunschweig als Spitzenstandort in der Fahrzeugtechnik mit internationalem Rang zu etablieren. Zentrale Vision ist die nachhaltige Mobilität, die in fünf Forschungsfeldern umgesetzt wird:
- Automatisiertes und vernetztes Fahren
- Emissionsfreie Fahrzeug- und Antriebssysteme
- Digitalisierung und künstliche Intelligenz
- Flexible Fahrzeugkonzepte und Fahrzeugproduktion
- Transformation von Mobilität, Arbeit und Geschäftsmodellen
Aktuell hat das NFF 48 Mitglieder, die sich nicht nur aus Instituten der Universitäten Braunschweig, Hannover und Clausthal zusammensetzen, sondern auch aus anderen Forschungseinrichtungen der Region (u.a. Fraunhofer, Ostfalia, Wolfsburg AG).