11. Februar 2021 | Magazin:

Wirkstoff gegen Parasiten im Auge Tomas Rimkus aus dem Promotionsprogramm „Drug Discovery und Chemieinformatik für neue Antiinfektiva“ im Kurzporträt

Amöben sind einzellige Parasiten, die keine feste Körperform besitzen. Sie bilden Plasmafortsätze aus, um sich fortzubewegen, und ändern dadurch ständig ihre Gestalt. So auch die Gattung der Akanthamöben. Sie können schwere Entzündungen der Hornhaut unserer Augen verursachen. Weil sie ihre Gestalt oft wechseln und sehr robust sind, werden immer wieder neue Wirkstoffe gegen die Erreger benötigt. Daran forscht Doktorand Tomas Rimkus im Promotionsprogramm „Drug Discovery und Chemieinformatik für neue Antiinfektiva“. Im Kurzporträt erzählt er mehr von seiner Forschung und wie er ein Infektionsmodell im Labor herstellen will.

Doktorand Tomas Rimkus forscht an einem neuen Wirkstoff gegen Akanthamöben. Bildnachweis: Max Fuhrmann/TU Braunschweig

Wer sind Sie und woran forschen Sie?

Mein Name ist Tomas Rimkus. Ich bin Apotheker, promoviere am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der TU Braunschweig und forsche an neuen Wirkstoffen zur Behandlung der Akanthamöben Keratitis. Das ist eine seltene, infektiöse Augenerkrankung, die durch bestimmte Parasiten, die Akanthamöben, ausgelöst wird. Diese könne schwere Entzündungen der Hornhaut hervorrufen. Unbehandelt, aber auch teilweise trotz Behandlung kann diese Krankheit zum Sehverlust führen.

Welcher Fragestellung gehen Sie konkret nach?

Konkret lautet das Thema meiner Arbeit „Polykationische Oligomere als Leitstrukturen für neue Antiinfektiva zur Behandlung der Akanthamöben Keratitis“. Dabei gehe ich von einer breiten Substanzklasse – polykationischen Oligomeren – aus. Ich versuche, bestimmte Verbindungen aus dieser Substanzklasse hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegen die Akanthamöben zu identifizieren, zu charakterisieren und vielversprechende Kandidaten in ihrer Struktur zu optimieren.

Neben der Wirksamkeit auf der einen Seite ist es natürlich wichtig, dass diese Wirkstoffe möglichst nicht toxisch gegenüber den Wirtszellen sind, sodass eine schonende, aber gleichzeitig effektive Behandlungsmöglichkeit erschlossen werden kann.

Außerdem werde ich an einem in vitro Infektionsmodell der Akanthamöben Keratitis arbeiten. „In Vitro“ bedeutet „im Reagenzglas“. Das heißt, ich versuche, das betroffene Gewebe – also die infizierte Augenhornhaut – auf Basis von menschlichen Zellen sowie Akanthamöben künstlich im Labor nachzustellen. An diesem Modell sollen dann die entsprechenden Wirkstoffkandidaten getestet werden. Mein Ziel ist es, mithilfe eines solchen Modells die Wirksamkeit der Substanzen im Organismus zu erforschen und dabei gleichzeitig auf Tierversuche zu verzichten.

Was begeistert Sie an Ihrer Forschung?

Am meisten begeistert mich das Zusammenspiel aus mehreren Fachbereichen der Pharmazie, vor allem der pharmazeutischen Technologie und Biopharmazie, der pharmazeutischen Biologie sowie der medizinischen Chemie. Dadurch ist die Arbeit sehr abwechslungsreich und bietet die Chance, viele Methoden aus den entsprechenden Fachrichtungen kennenzulernen. Außerdem begeistert mich die Idee von künstlichen Geweben und die Aussicht, dadurch Tierversuche reduzieren zu können.

Welche Relevanz hat das Thema für die Arzneimittelforschung?

Einerseits wäre es schön, eine neue, effektive und gleichzeitig schonende Behandlung für die Akanthamöben Keratitis zu finden oder die Grundlage in Form von Leitstrukturen dafür zu legen. Andererseits sind in vitro Organmodelle ein vielversprechender Ansatz, die präklinische Phase der Arzneimittelentwicklung ethischer sowie kostengünstiger zu gestalten, wobei die Etablierung solcher Methoden wahrscheinlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Was ist das Besondere, in dem Promotionsprogramm „Drug Discovery und Chemieinformatik für neue Antiinfektiva (iCA)“ mitzuwirken?

Dass hier Personen vieler verschiedener wissenschaftlicher Hintergründe (zusammen)arbeiten und man durch den Austausch einen Einblick in die Perspektive von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer Fachrichtungen erlangen kann. Dadurch wird auch noch bewusster, wie komplex und facettenreich der Prozess der Arzneistoff- bzw. Arzneimittelentwicklung tatsächlich ist. Die Möglichkeit zur Hospitation in anderen Arbeitsgruppen unterstreicht diesen Aspekt zusätzlich.