UN-Dekade-Preis für das Projekt „Wilde Mulde“ Revitalisierung einer Wildflusslandschaft in Mitteldeutschland
Sich für den Erhalt der Biodiversität stark machen, wurde belohnt: Das Flussauenprojekt „Wilde Mulde“, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig beteiligt sind, wurde als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet.
Es erforscht die Wechselwirkung von Strömung, Gewässerberandung und Ökologie in und an der Mulde, einem Nebenfluss der Elbe, und deren naturnahe Umgestaltung. „Wir freuen uns, dass die viele Arbeit am Schreibtisch, im Labor und draußen vor Ort bei Wind und Wetter gewürdigt wird“, betont Katinka Koll. „Diese große Auszeichnung motiviert“, sagt die Wissenschaftlerin von der Abteilung Wasserbau und Gewässermorphologie am Leichtweiß-Institut. „Das Projekt trägt im Wesentlichen zum direkten Erhalt der biologischen Vielfalt bei und schützt einen immer seltener werdenden, ökologisch bedeutsamen Landschaftstyp“, heißt es in der Begründung der Fachjury der UN-Dekade Biologische Vielfalt.
Entstehung neuer Lebensräume
„Im naturnahen Wasserbau wollen wir kein Bauwerk im klassischen Sinn erstellen, sondern das System soll sich alleine einstellen, um eine Revitalisierung und Renaturierung zu erreichen“, erklärt Koll. Dazu werden in dem etwa 24 Kilometer langen Flussabschnitt bei Dessau unter anderem Bäume als Totholz in das Flussbett gelegt. Durch solche Strukturelemente ändert sich die Strömung und das Sediment wird so beeinflusst, dass neue Lebensräume für verschiedene Tierarten, wie zum Beispiel Makrozoobenthos, kleine mit dem bloßen Auge erkennbare, wirbellose Tiere, sowie Fische entstehen können.
Das Besondere an dem Projekt „Wilde Mulde“ ist die Zusammenarbeit mit der Umweltstiftung WWF. Die von der WWF umgesetzten Maßnahmen, wie zum Beispiel das in das Flussbett gelegte Totholz, werden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern untersucht. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniert das Forschungskonsortium, das sich außerdem aus der Universität Leipzig, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden sowie der Leibniz Universität Hannover zusammensetzt.
Messungen vor Ort und im Labor
Manuela König vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau führt die Feldmessungen vor Ort an der Mulde durch. In der Versuchshalle des Instituts werden die Effekte auf das Flussbett unter Laborbedingungen simuliert. Die Erkenntnisse können dann auf die Flusssohle der Mulde übertragen werden. Für die Laborversuche ist Bahaeldeen Zaid zuständig.
Das Leichtweiß-Institut kann vor allem Aussagen treffen, wie Totholz optimal in Flüssen zur Revitalisierung und Renaturierung eingebaut werden sollte und Empfehlungen geben.
Vorurteile abbauen
Die Mulde war durch Verschmutzungen in der DDR-Zeit stark verschmutzt. Der UN-Dekade-Preis, mit dem das „Wilde Mulde“ Projekt vor Kurzem ausgezeichnet wurde, führe jetzt zu einem Umdenken. „Die Menschen können jetzt wieder stolz auf die Wildflusslandschaft der Mulde sein, als ein stadtnaher Naturschatz“, freut sich Katinka Koll. Sie wohnen schließlich an einem Fluss, der für ein preisgekröntes Projekt geeignet ist.
Das Projekt „Wilde Mulde“ läuft seit Ende 2015 und hat eine Laufzeit von insgesamt fünf Jahren. Das Teilprojekt am Leichtweiß-Institut für Wasserbau an der TU Braunschweig wird mit rund 560.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. So viele Menschen wie möglich für den Schutz und den Erhalt der Biodiversität zu begeistern, ist das Ziel der UN-Dekade Biologische Vielfalt, die im November 2011 startete und bis ins Jahr 2020 läuft.