31. August 2021 | Magazin:

Reallabore Universität mitten in der Stadt

Wie wollen wir leben? Die Frage ist jenseits der persönlichen Perspektive nicht einfach zu beantworten. Ob es um Energie, Klima, Mobilität, um gesellschaftlichen Zusammenhalt oder Digitalisierung geht – als einzelne sind wir überfordert, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch die Politik ist bei der Planung ihrer Maßnahmen zunehmend auf Expertinnen und Experten angewiesen. Wissenschaftler*innen sehen sich daher immer mehr in der Rolle, ihr Wissen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen und zu beraten.

Reallabor: An den Wänden des Pavillons werden verschiedene Bau- und Dämmstoffe, wie Lehm und Rohwolle getestet. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

Doch der beste Rat taugt nichts, wenn er nicht verstanden oder nicht akzeptiert wird. Je mehr wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen den Alltag der Menschen verändern, umso mehr müssen diese einbezogen werden.

An der TU Braunschweig gehen daher immer mehr Forschende aktiv auf Bürgerinnen und Bürger zu. Das geschieht in ganz unterschiedlichen Formaten: In bundesweit ausgestrahlten Talkshows, im Rahmen der TU-Night, in öffentlichen Diskussionsveranstaltungen, bei Forschung mit Proband*innen oder in Citizen Science-Projekten, wo Bürger*innen selbst mitforschen können.

Knowlege Exchange – Wissensaustausch unter auf Augenhöhe

Expert*innen aus der Universität treffen dort auf andere Expert*innen, die Auskunft über ihre jeweiligen Interessens- und Lebensbereiche geben und zum Teil erstaunliche Wissensressourcen einbringen können. Knowlege exchange bezeichnet dies im angelsächsischen Raum – im Deutschen ist das Wort „Wissensaustausch“, noch wenig etabliert. Im Unterschied zum „Wissenstransfer“ betont es die Wechselseitigkeit der Austauschbeziehung.

Ein besonders intensives Austauschformat ist das Reallabor. Dabei forscht man nicht in einer künstlichen Umgebung, sondern die Welt selbst wird zum Experimentierfeld. Straßen werden mit smarten Ampeln ausgestattet, Sensoren erfassen Licht, Feinstaub oder Lärmemissionen, Studierende ziehen in Forschungswohnungen ein und beobachten, wie sich die Infrastruktur im Alltag bewährt.

Ein Anblick der auch provoziert hat: Neues aus alten Autoreifen wurde im Workshop „Ringgeflecht“ hergestellt. Bildnachweis: Max Fuhrmann/TU Braunschweig

Ein großes Reallabor haben Wissenschaftler*innen und Studierende der Architektur mit Unterstützung der Stadt auf dem Braunschweiger Hagenmarkt aufgebaut. Sie sind dort täglich mit Bürgerinnen und Bürgern zusammengekommen, die fast immer neugierig waren, manchmal irritiert, und ihre Perspektiven eingebracht haben. Ein großes Experiment, das wir in unserer Berichterstattung intensiv begleitet haben. Ob und wie es am Hagenmarkt weitergeht, darüber wird noch diskutiert.

Fest steht: Diesem gelungenen Experiment werden quer durch unsere Fakultäten weitere folgen.

Wir haben daher ein Dossier zum Thema Reallabore eingerichtet. In Dossiers fassen wir unsere Beiträge zu strategisch wichtigen Themen unserer Universität zusammen. Wir waren selbst überrascht, wie vielfältig schon jetzt die Orte des Austauschs und der „Uni vor Ort“ sind. Schnuppern Sie einmal rein und nehmen Sie Teil an dieser faszinierenden Art des Wissensaustauschs.