Neues Projektzentrum für Energiespeicherforschung Drei Fragen an Professor Arno Kwade
Energiespeicher sind eine Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur Elektromobilität, ja zur Energiewende überhaupt. Damit Elektromobilität in naher Zukunft gesellschaftlich breit akzeptiert wird, müssen die Reichweiten von E-Fahrzeugen größer werden und die Kosten für die Batterien sinken. In der Region Braunschweig soll vor diesem Hintergrund ein neues Projektzentrum für Energiespeicherforschung entstehen. Eine entsprechende gemeinsame Vereinbarung dazu haben das Land Niedersachsen, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Technische Universität Braunschweig soeben unterzeichnet. Das Land und die Fraunhofer-Gesellschaft investieren hier in den nächsten fünf Jahren gemeinsam insgesamt 60 Millionen Euro.
Das Zentrum dockt an die Aktivitäten der Battery LabFactory Braunschweig (BLB) der TU Braunschweig an und stärkt den Schwerpunkt Mobilitätsforschung der Carolo-Wilhelmina. “Mit unseren Zentren, der BLB, dem Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) und der Open Hybrid LabFactory (OHLF) sind wir im Bereich der nachhaltigen Automobilforschung bestens aufgestellt“, erklärte TU Braunschweig-Präsident Professor Jürgen Hesselbach. „In der OHLF bewährt sich bereits die Partnerschaft mit der Fraunhofer Gesellschaft. Nun freuen wir uns auf ein weiteres gemeinsames Projektzentrum, mit dem unsere Region zu einem führenden Standort der Energiespeicherforschung in Deutschland wird.“
Dr. Gabriele Heinen-Kljajić, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, betonte anlässlich der Vertragsunterzeichnung, dass mit der Gründung der Forschungs- und Industriestandort Niedersachsen gestärkt werde. „Niedersachsen geht die Fragen zukünftiger Mobilität an: Neue Fahrzeugkonzepte, Autonomes Fahren und alternative Antriebstechnologien sind die aktuellen Herausforderungen für den Fahrzeugbau. Wir stehen für effiziente und klimaschonende Antworten durch eine zeitgemäße Mobilitätsforschung“, sagte sie. Die Nähe zur Volkswagen AG und die Wissenschaftler an der TU Braunschweig seien der Schlüssel zum Erfolg.
Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, ergänzte: „Bei der Entwicklung von Batterien der nächsten Generation ergibt sich für Deutschland die einmalige Gelegenheit, sich wieder an die Spitze dieser strategisch wichtigen Technologie zu setzen.“
Professor Arno Kwade, Institut für Partikeltechnik der TU Braunschweig, ist die treibende Kraft hinter der BLB und gemeinsam mit Professorin Ulrike Krewer, Professor Christoph Herrmann und Professor Uwe Schröder deren Vorstand. Im neuen Projektzentrum soll er Sprecher des gemeinsamen Lenkungskreises aus TU Braunschweig und Fraunhofer-Instituten werden.
Eine weitere Schlüsselposition als Abteilungsleiter wird Christoph Hermann, Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik, einnehmen.
Herr Professor Kwade, Batterieforschung wird in ganz Deutschland mit Hochdruck betrieben. Wo kann man die TU Braunschweig auf der entsprechenden Landkarte verorten?
Im Bereich der Batteriefertigungs- und Prozesstechnik sind wir eines der führenden Institute im Land. Ein bundesweiter Kompetenzcluster zur Batteriezellproduktion „ProZell“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit 22 Forschungseinrichtungenwird von der BLB aus geleitet. Seit der Gründung der BLB sind wir sehr erfolgreich bei der Einwerbung von Projekten, insbesondere vom Bundesforschungs- und Bundeswirtschaftsministerium. Wissenschaftlich sind wir – auch international –bestens vernetzt. Und was die gesellschaftliche Relevanz angeht: Die Kosten für Batterien werden bestimmt von den Rohstoffpreisen und den Fertigungskosten. Die Rohstoffpreise können wir nicht beeinflussen. Aber wir sorgen dafür, dass die Fertigung günstiger und zudem die Batteriezellen leistungsfähiger werden.
In welcher Beziehung wird das neue Projektzentrum zur BLB stehen?
Die BLB kann ihre Aufgaben damit erheblich erweitern. Die beiden maßgeblich beteiligten Fraunhofer-Institute für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) und für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) bringen jeweils ihre Kompetenzen für Festkörperspeicher und keramische sowie Polymer-Materialien, aber auch im Bereich der Systementwicklung und Brennstoffzellen mit ein. Damit sind wir künftig in den Bereichen Materialien, Prozesse und Systeme ausgezeichnet aufgestellt. Wir werden nicht allein die Batteriefertigung für die Elektromobilität, sondern auch die großer, stationärer Energiespeicher erforschen. Dies sind Schlüsseltechnologien für die Energiewende, die möglichst schnell in die Praxis gehen sollen. Dabei wollen wir eng mit Volkswagen, aber auch mit anderen, oftmals mittelständischen Unternehmen zusammen arbeiten.
Was unterscheidet die TU Braunschweig in diesem Bereich noch von Fraunhofer-Instituten?
Wir brauchen schon jetzt, in der Zukunft aber noch mehr junge Menschen, die sich der Erforschung neuer Technologien in diesem Schlüsselsegment widmen. Den qualifizierten Nachwuchs bilden wir aus, und zwar über die Fächergrenzen hinweg. Schon ganz früh können unsere Studierenden nah an der Forschung arbeiten – Themen und Projekte gibt es genug. In unserem Masterstudiengängen Elektromobilität und Bio- und Chemieingenieurwesen, aber auch Maschinenbau vertiefen sie dann ihr Wissen und ihre Kompetenzen. Auch für Graduierte bieten wir innerhalb der BLB ausgezeichnete Perspektiven und Programme wie regelmäßige Vortragsveranstaltungen, Workshops und Doktorandentage, die von Prof. Schröder organisiert werden. Schließlich sind wir auch in der Erwachsenenbildung aktiv. Unser Workshop »Batterien der nächsten Generation«, den wir im Niedersächsischen Verbund angeboten haben, war zum Beispiel ein großer Erfolg.