1. Juni 2023 | Magazin:

Nachhaltige KI made @TUBraunschweig Sustainability Award der GAMM für internationales Forscherteam

Ein Großteil der rund 40.000 Brücken auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen ist in einem schlechten Zustand. Tausende müssen in den kommenden Jahren saniert werden. Doch wie können Schäden an den Bauwerken rechtzeitig erkannt werden? Dr. Alexander Henkes und Professor Henning Wessels vom Institut für rechnergestützte Modellierung im Bauingenieurwesen sowie Professor Jason Eshraghian von der University of California, Santa Cruz, haben eine digitale Methode entwickelt, die dazu beitragen kann, Brücken effizienter zu warten und ihre Lebensdauer zu verlängern. Dafür wurde ihnen jetzt bei der Jahrestagung der Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik (GAMM) in Dresden der mit 1.500 Euro dotierte Sustainability Award verliehen.

Dank Künstlicher Intelligenz können Messdaten in Echtzeit analysiert und aufbereitet werden. Diese Technologie bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, der Medizin, aber auch der Überwachung kritischer Infrastruktur wie beispielsweise Brücken.

Allerdings verbrauchen herkömmliche KI-Algorithmen auf klassischer Hardware zu viel Energie, um direkt an Bauteilen mit Sensoren kombiniert zu werden. Das stellt ein Hindernis für den effizienten Einsatz dar. Hier kommen gepulste neuronale Netze (Spiking Neural Networks) ins Spiel, die sich stärker am menschlichen Gehirn orientieren. Ein Beispiel: Das menschliche Gehirn benötigt lediglich eine Leistung von etwa 20 Watt, um komplexe Aufgaben zu bewältigen.

Energieverbrauch wird stark reduziert

Die Umsetzung von Spiking Neural Networks auf sogenannter neuromorpher Hardware ermöglicht eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs um den Faktor 100 bis 1.000, unter Umständen auch darüber hinaus. Das bedeutet eine enorme Verbesserung der Energieeffizienz.

Die von der GAMM ausgezeichnete Methode, die federführend von Dr. Alexander Henkes entwickelt wurde und auf der Jahrestagung präsentiert wird, befasst sich mit dem maschinellen Lernen, einem Teilbereich der KI, der in Klassifikation (zum Beispiel Hund/Katze/Maus) und Regression (das Lernen von Funktionen) unterteilt werden kann. Der Beitrag dieser Arbeit besteht darin, Spiking Neural Networks, die bisher hauptsächlich für Klassifikation verwendet wurden, für Regression und somit für Anwendungen im wissenschaftlichen Rechnen einzusetzen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die bereits genannten Anwendungsfelder, wie dem Monitoring der Brücken.

Projekte im Graduiertenkolleg und Schwerpunktprogramm

Dr. Alexander Henkes (r.) und Professor Henning Wessels vom Institut für rechnergestützte Modellierung im Bauingenieurwesen. Bildnachweis: Henning Wessels/TU Braunschweig

Die Zusammenarbeit mit Professor Jason Eshraghian aus Kalifornien entstand durch eine Kooperation mit Dr. Alexander Henkes an der Open-Source Software snnTorch, aus der auch Tutorials für interessierte Studierende und Forschende entstanden sind. Gemeinsam haben sie auch OpenNeuromorphic gegründet, eine Open Source Community für neuromorphes Rechnen.

Erforscht werden die Möglichkeiten der digitalen Methode auch im Graduiertenkolleg 2075 „Modelle für die Beschreibung der Zustandsänderung bei Alterung von Baustoffen und Tragwerken“ des Forschungsschwerpunkts „Stadt der Zukunft“ und im Schwerpunktprogramm „SPP 2388 Hundert plus: Verlängerung der Lebensdauer komplexer Baustrukturen durch intelligente Digitalisierung“. So wollen die Wissenschaftler*innen eine Methode entwickeln, die es erlaubt, mit aktuell verfügbaren Messprinzipien Bauwerke zu überwachen und zeitvariante Zustandsinformationen für eine Verknüpfung mit einem digitalen Bauwerkszwillings zur Verfügung zu stellen. Beteiligt sind hier neben dem Institut für rechnergestützte Modellierung im Bauingenieurwesen das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie (Professor Markus Gerke), das Institut für Stahlbau (Dr. Julian Unglaub) und das Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (Professor Dirk Lowke).

Zum Sustainability Award

Vor dem Hintergrund des Klimawandels sind Wissenschaftler*innen aufgerufen, Ideen zur Förderung der Nachhaltigkeit einzubringen. Um solche Aktivitäten zu stärken, haben die Organisator*innen der GAMM100 den „Nachhaltigkeitspreis der GAMM Jahrestagung 2023“ ins Leben gerufen. Der Preis ist mit 1.500 Euro dotiert und wird für wissenschaftliche Originalbeiträge auf der Konferenz vergeben, die sich mit Fragen der Nachhaltigkeit befassen.