Meister im Miniaturisieren Warum Skalierbarkeit das Wettrennen um den Quantencomputer entscheidet
Das Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) baut bis 2025 einen skalierbaren Quantencomputer. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „skalierbar“. Denn erste Quantencomputer gibt es bereits. Nur ist es extrem komplex, ihre Rechenleistung zu steigern, ohne dabei den Computer auf das Format einer Turnhalle zu vergrößern. Einer der Schlüssel für das QVLS zum skalierbaren Quantencomputer liegt daher im Institut für CMOS-Design der Technischen Universität Braunschweig.
2019 löste Googles Quantenprozessor „Sycamore“ eine Aufgabe in wenigen Minuten, für die konventionelle Superrechner vielleicht 10.000 Jahre bräuchten. Grund dafür ist die besondere Architektur von Quantencomputern, die andere Lösungswege ermöglicht. Mit jedem Quantenbit, kurz Qubit, potenziert sich die Rechenleistung. „Sycamore“ hatte für seinen Meilenstein gerade mal 53 Qubits zur Verfügung. Beim Gedanken daran, einmal Millionen Qubits in einem Gerät zu vereinen, überschlagen sich die Zukunftsvisionen. Beispielsweise könnten Quantencomputer die Suche nach neuen Materialien oder medizinischen Wirkstoffen revolutionieren.
Doch die besondere Architektur der bisher bestehenden Quantencomputer ist gleichzeitig ihre Achillesverse. Einerseits braucht es Platz. So füllt beispielsweise IBMs Rechner mit 25 Qubits 27 Kubikmeter. Andererseits sind Qubits derzeit je nach Art des Quantencomputers kurzlebig und fehlerhaft. Ein Problem, dass sich auch mit mehr Qubits nicht lösen lässt. Denn wenn ein Qubit fehlerhaft ist, braucht es mehrere andere Qubits, um den Fehler wieder rauszurechnen. Ein Computer mit mehr Qubits, aber hoher Fehlerwahrscheinlichkeit bringt also kaum mehr Rechenleistung auf.
Stabil und skalierbar
Im Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) konzentriert man sich genau auf diese beiden Aspekte: Skalierbarkeit und Fehlertoleranz. Um letzteres zu gewährleisten, forschen die über 400 Wissenschaftler*innen des Verbunds vor allem an einem Ionenfallen-Quantencomputer. Eingeschlossen im Vakuum sind die gefangenen Ionen besonders stabile Qubits, selbst bei Raumtemperatur. Um die abgeschotteten Qubits zu steuern, nutzen die Forschenden Mikrowellenpulse.
„Die Schaltungen für die Qubits sind der Schlüssel zur Skalierbarkeit“, erklärt Vadim Issakov, der an der TU Braunschweig die Professur für CMOS-Design innehat. „Momentan füllen die pulserzeugenden Komponenten ein halbes Zimmer. Wenn wir diese durch integrierte Schaltungen, also Chips, ersetzen, wird das plötzlich sehr kompakt: Eine Komponente braucht dann keinen halben Quadratmeter mehr, sondern nur noch neun Quadratmillimeter.“
Zwischen Grundlagenforschung und Technologietransfer
Als Leiter des neuen Instituts für CMOS-Design forscht Professor Issakov an den Schnittstellen der niedersächsischen Quantenallianz. Auf der einen Seite stehen Verbünde wie das Exzellenzcluster QuantumFrontiers, das zusammen mit der Leibniz Universität Hannover und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt die Grundlagen der Quantenwelt erforscht. Auf der anderen Seite sind die Industriepartner, die die Quantentechnologien schließlich wirtschaftlich nutzen wollen.
Professor Vadim Issakov: „Die Halbleitertechnik CMOS ist dabei der Weg in die Zukunft. Mit ihr bringen wir die Erfolge aus der Grundlagenforschung in Anwendungen, die gerade in der Industrie gebraucht werden. Aus großen, selbstentwickelten Laboraufbauten werden so winzige für die industrielle Produktion taugliche Chips.“
BMBF-Projekt QuMIC
Ein Beispiel für die Zusammenarbeit ist das Projekt QuMIC (Qubit Control by Microwave Integrated Circuits). Zu QuMIC gehören neben der TU Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) auch die Technologieunternehmen Infineon Technologies und Supracon. Die neuartigen BiCMOS-Chips der Kooperation sollen die Ansteuerelektronik von Quantentechnologien wie den Ionenfallencomputern ums achtfache verkleinern. Dafür stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung QuMIC ab dem 1. September für drei Jahre 4,4 Millionen Euro in Aussicht. Mit seinem Anteil von knapp einer Millionen Euro entwickelt das Institut für CMOS-Design dann die Chips, die wiederum Forscher*innen der PTB in Ionenfallencomputern einbauen.