5. Juli 2021 | Magazin:

Wie aus einem Zeitungsartikel eine strategische Partnerschaft wurde Internationale Partner der TU Braunschweig: Die University of Rhode Island

Die TU Braunschweig arbeitet eng mit zahlreichen internationalen Hochschulen und Kooperationspartnern zusammen. Durch die Definition von strategischen Partnern werden die internationalen Beziehungen noch gezielter ausgerichtet. In unserer neuen Reihe stellen wir Ihnen die Hochschulen vor, mit denen strategische gemeinsame Aktivitäten in den Bereichen Studium und Lehre, Studierendenmobilität, Forschungskooperationen sowie Personalmobilität bestehen oder auf- und ausgebaut werden. Den Auftakt macht die Partnerschaft mit der amerikanischen University of Rhode Island (URI).

Das Bild zeigt ein Universitätsgebäude auf dem URI-Campus. Im Vordergrund steht ein blühender Kirschbaum.

Der Hauptcampus der University of Rhode Island befindet sich in Kingston. Weitere Standorte gibt es in Narragansett, Providence und West Greenwich, RI. Bildnachweis: Nora Lewis/The University of Rhode Island

Ein Artikel in der Wissenschaftszeitung „The Chronicle of Higher Education“ markiert den Auftakt für die Partnerschaft zwischen der University of Rhode Island und der TU Braunschweig: Anfang der 1990er Jahre schrieb John Grandin, damals Professor für Deutsch und Direktor des International Engineering Programms (IEP) an der URI, einen Artikel über das IEP, in dem URI-Ingenieurstudierende einen zusätzlichen Abschluss in Deutsch als Fremdsprache erlangen. Der Artikel weckte das Interesse des damaligen TU-Präsidenten Bernd Rebe. Rebe lud Professor Grandin und Professor Herman Viets, zu der Zeit Dekan der Ingenieurwissenschaften an der URI, kurzerhand nach Braunschweig ein und stellte den Kontakt zu Dr. Peter Nübold, dem damaligen Leiter des Sprachenzentrums der TU Braunschweig her. Aus dem ersten Kontakt wurde eine freundschaftliche Verbindung und es folgten weitere gegenseitige Besuche.

1997 unterzeichneten beide Universitäten dann einen Kooperationsvertrag, der es seitdem TU-Studierenden ermöglicht, im Rahmen eines Doppelabschlussprograms einen US-amerikanischen und einen deutschen Abschluss auf Master-Niveau zu erwerben. Im Gegenzug verbringen Bachelor-Studierende der URI ein Austauschjahr in Braunschweig. Die Vereinbarung war die erste ihrer Art zwischen einer deutschen und einer US-amerikanischen Universität und wurde in den Folgejahren zu einem Vorzeigemodell, das viele andere Hochschulen adaptierten.

Ein Erfolgsprojekt für die deutsch-amerikanische Studierendenmobilität

Dr. Ute Kopka, Ansprechpartnerin im International House für das Dual Degree-Programm mit der URI, erklärt die Vorteile: „Studierende, die den Dual Degree-Master absolvieren, erwerben einen zweiten Masterabschluss ohne Zeitverlust, verbessern ihre Fremdsprachenkenntnisse, machen wertvolle interkulturelle Erfahrungen und verschaffen sich durch die internationale Erfahrung einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt. Für unsere Studierenden ist der Erlass der hohen amerikanischen Studiengebühren ein weiterer Anreiz.“ URI-Studierende starten ihren Aufenthalt in Braunschweig mit dem internationalen Sommerkurs und erhalten so tiefere Einblicke in die deutsche Sprache und Kultur. Später lernen sie im Rahmen eines Industriepraktikums die deutsche Arbeitswelt kennen. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten, die bei den Studierenden sehr beliebt ist: Mittlerweile ist die Kooperation zwischen der URI und der TU Braunschweig deutschlandweit das erfolgreichste deutsch-amerikanische universitäre Austauschprogramm – über 800 Studierende sind in den fast 30 Jahren der Partnerschaft zwischen den USA und Braunschweig hin- und hergewechselt.

Der Campus der URI aus Luftperspektive bei Sonnenuntergang.

Die URI liegt nur wenige Stunden Autofahrt von Boston und New York entfernt. Zusätzlich überzeugt sie mit ihrer Lage in direkter Küstennähe. Bildnachweis: Sean McVeigh Media

An Braunschweig schätzen die amerikanischen Studierenden vor allem die enge Verzahnung zwischen Lehre und Forschung sowie die große Hilfsbereitschaft auf dem Campus. Sigrid Berka, Direktorin des „International Engineering Program“, und Niko Tracksdorf, Assistant Professor für Deutsch, hören von ihren Studierenden aber auch darüber hinaus viel Positives über Braunschweig: „Unsere Studierenden fühlen sich in der Stadt sehr schnell zu Hause, das liegt zum einen an der übersichtlichen Größe und zum anderen am tollen Onboarding-Programm im Rahmen der TU Braunschweig Summer School. Beim Tandem-Projekt IPP können sie zusätzlich schnell Kontakte zu deutschen Studierenden schließen. Das kommt super an.“ Auch die Lage Braunschweigs zentral in Europa ist ein Vorteil für die reiselustigen US-Studierenden. Letzteres schätzen übrigens auch viele TU-Studierende an der URI: Denn Boston und New York sind nur wenige Stunden Autofahrt entfernt. Die University of Rhode Island überzeugt zudem mit ihrer Lage in direkter Küstennähe.

Vernetzt in allen Forschungsbereichen

Doch die Partnerschaft zwischen den beiden Universitäten beschränkt sich nicht auf den gemeinsamen Doppelabschluss: Auch in der Forschung haben sich über die Jahrzehnte in allen Fakultäten der TU Braunschweig enge Kontakte und Forschungskooperationen mit der URI entwickelt. Professor Thomas Spengler, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion, hebt die Bedeutung der Partnerschaft mit der URI hervor: „Wir begegnen uns auf Augenhöhe und schätzen uns gegenseitig sehr. Es gibt viele Parallelen zwischen der URI und der TU Braunschweig. Das führt zu einem sehr intensiven Austausch und einer hohen Qualität der Kooperation.“ Spengler besuchte 1999 erstmals die Kolleg*innen in Kingston. In einem Forschungssemester an der URI vertiefte er die Kontakte und ist heute Adjunct Professor und Mitglied der dortigen „Graduate School of Engineering“. Zu URI-Professor Manbir Sodhi verbindet ihn mittlerweile eine persönliche Freundschaft. „Besonders an der Partnerschaft unserer beiden Universitäten ist, dass sie über alle Forschungsbereiche hinweg besteht und nicht nur auf einzelnen Kontakten basiert. Unsere Forschungs- und Lehrkooperationen sind sehr eng, beispielsweise auch durch die gemeinsame Betreuung von Abschlussarbeiten, gegenseitige Besuche und gemeinsame Projekte. Für mich persönlich ist diese Kooperation die Wichtigste von allen“, betont Spengler.

In den kommenden Jahren soll die Partnerschaft im Bereich Forschung systematisch weiter ausgebaut werden. Ein wichtiges Instrument dafür ist das Matching Funds-Programm, in das beide Universitäten gleichermaßen investieren, um neue Kooperationen, Forschungsprojekte und gemeinsame Publikationen anzubahnen und zu fördern. Ziel des Programms ist es, die prominente Stellung der Kooperation innerhalb der Universitäten zu stärken und neue Fachgebiete und Akteure für die Mitarbeit zu gewinnen. Die positiven Ergebnisse des Matching Funds-Programms haben bereits Einfluss auf eine weitere strategische Partnerschaft der TU Braunschweig genommen: Auch mit der Tampere University wird das Programm zukünftig umgesetzt.

Foto eines Sportfelds auf dem URI-Campus mit dem Logo der Universität.

Hochschulsport spielt an der URI eine wichtige Rolle: Studierende können aus einer Vielzahl von Angeboten wählen und entweder auf professioneller Ebene oder „just for fun“ trainieren. Die URI-Teams laufen in den Farben Dunkelblau, Hellblau und Weiß auf. Bildnachweis: Nora Lewis/The University of Rhode Island

Internationale Kooperation in Zeiten von Corona

Im Jahr 2020 sollte dann das, was vor 30 Jahren mit einer Zeitungsannonce begann, eigentlich seinen Höhepunkt finden: Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 275-jährigen Jubiläum der TU Braunschweig sollte der Vertrag zur Vereinbarung der strategischen Partnerschaft von beiden Universitäten unterzeichnet werden – doch die Corona-Pandemie verhinderte dies. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, ist in diesem Fall das Motto und die Kontakte wurden trotz Pandemie zum Beispiel durch digitale Netzwerkveranstaltungen weiter intensiv gepflegt.

Die Corona-Pandemie sorgte ebenfalls für eine Zwangspause in der Studierendenmobilität – hier war vor allem die Einreise der US-Studierenden nach Deutschland betroffen. Traditionell reisen die URI-Studierenden im September nach Braunschweig und lernen beim Internationalen Sommerkurs für deutsche Sprache und Kultur die Basics für das folgende Semester an der TU Braunschweig. Die Vorfreude darauf, dass in diesem Jahr hoffentlich wieder mit einem traditionellen Braunschweiger „Yellow Beer“ angestoßen werden kann, ist auf beiden Seiten groß. Und dann steht ja noch die Unterzeichnung des strategischen Partnerschaftsvertrages aus, die den nächsten Schritt in der langjährigen Partnerschaft markiert. Für Prof. Spengler ein wichtiger Schritt: „Ich erhoffe mir, dass unsere Partnerschaft dadurch noch weiter zusammenwächst und wir die erfolgreiche Studierendenmobilität qualitativ weiter steigern können. Außerdem wünsche ich mir, dass wir unsere Forscherinnen und Forscher noch enger vernetzen können und gemeinsam viele weitere spannende Forschungsprojekte angehen.“

Text: International House/TU Braunschweig