8. August 2018 | Magazin:

Manche mögen’s heiß Studierenden-Exkursion zum Start der BepiColombo Mission in Kourou

Er ist der kleinste und unbekannteste Planet in unserem Sonnensystem. Er ist schwer von der Erde aus zu beobachten und schwer zu erreichen. Doch am 20. Oktober wird sich die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo auf den Weg zum Merkur machen, um den Planeten zu erkunden. Beim Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana  sind auch zehn Studierende der Technischen Universität Braunschweig dabei.

Der BepiColombo Mission zum Greifen nah: Nach Kourou fliegen Falk Smilowski, Tim Ostenberg, Johanna Bürger, Jan Richter, Kristin Pump, Jacob Schütz, Christiane Velling und Dennis Kreith. Auf dem Foto fehlen Lea Klaiber und Yannick Schäfer. Bildnachweis: Henry Haase/TU Braunschweig

Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen sehen, wie die Ariane 5-Rakete mit der Raumsonde an Bord abhebt. Darin befinden sich auch Magnetometerexperimente, die an der TU Braunschweig entwickelt wurden. Deshalb werden die Studierenden Mitte Oktober Richtung Südamerika aufbrechen. Mit im Gepäck: das offizielle ESA-Missions-Shirt „Some like it hot“ – eine Anspielung auf die extreme Hitze, die auf dem sonnennächsten Planeten Merkur herrscht. Wenn BepiColombo mit den beiden Satelliten – dem europäischen „Mercury Planetary Orbiter“ (MPO) und dem japanischen „Mercury Magnetospheric Orbiter“ (MMO) – Ende 2025 die Umlaufbahnen des Merkurs erreicht, wird die Raumsonde Temperaturen von mehr als 350 Grad Celsius ausgesetzt sein.

Kühler in Kourou

Deutlich kühler ist es für die wissenschaftlichen Beobachter in Kourou. Mit über 30 Grad Celcius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit im Oktober ist es immer noch heiß genug, um das ESA-T-Shirt zum Reisemotto zu machen. Die Idee zu der ungewöhnlichen Exkursion nach Französisch-Guayana entstand bei einem Treffen mit Professor Karl-Heinz Glaßmeier vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik. Er leitet das Team, das die Magnetometer-Experimente für die Mission an der Carolo-Wilhelmina entwickelt.

Das Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGeP) setzt für die BepiColombo-Mission Magnetometer wie dieses tri-axiale Fluxgatemagnetometer ein. Bildnachweis: Dr. Hans-Ulrich Auster / IGeP

Professor Glaßmeier ermunterte die Studierenden im Januar, die Reise zu organisieren, damit sie den Raketenstart live miterleben können. Über Sponsoren finanzieren die Nachwuchsforschenden einen Großteil der Exkursion. Zusagen gab es dafür vom DAAD und der Cray-Stiftung, und auch das Präsidium der TU Braunschweig unterstützt die Reise, berichtet Falk Smilowski, der Maschinenbau mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik und Physik studiert. Inzwischen können statt der ursprünglichen Fünfer-Gruppe zehn Studierende ­– die meisten aus dem Studiengang Physik – mit nach Südamerika fliegen. Wichtiges Auswahlkriterium: „Alle sollten sich neben dem Studium noch in irgendeiner Weise engagieren, zum Beispiel in der Hochschulpolitik. Die Organisation sollte nicht nur an wenigen Personen hängen bleiben“, so Dennis Kreith.

Erfahrungen für physikalische Großprojekte

Für die Studentinnen und Studenten ist allein die Planung der Reise eine wichtige Erfahrung. Sie haben dazu den „Verein zur Unterstützung studentischer Exkursionen und Lernveranstaltungen“ gegründet, den künftig auch andere Studierende als Anlaufstelle nutzen können. Die Flüge sind gebucht, die Ferienwohnung auch, das Rahmenprogramm mit Besuchen der Städte Kourou und Cayenne und einer Kanutour durch den Urwald steht. Professor Glaßmeier ist absolut begeistert von dem Organisationstalent seiner jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Sie sammeln gerade wichtige Lebens- und Projekterfahrung, die wir auch bei den physikalischen Großprojekten benötigen und die sie über Jahre prägen werden“, betont er. „Dazu mussten sie auch lernen, geduldig zu sein.“ Denn erst seit Kurzem steht der eigentliche Starttermin fest. Und auch dieser kann sich weiter verschieben. „So ist das Weltraumgeschäft“, erklärt Glaßmeier.

Darstellung des Mercury Planetary Orbiter (MPO) am Planeten Merkur. Bidlnachweis: Copyright Satellit: ESA/ATG medialab; Merkur: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington

Mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist Professor Glaßmeier in Kontakt, damit sich die Studierenden vor Ort mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über die interplanetare Mission von ESA und japanischer Raumfahrtagentur (JAXA) austauschen können. Im Vergleich mit der Erde sollen neue Erkenntnisse über den Merkur erforscht werden, der immer noch ein Rätsel in unserem Sonnensystem darstellt. Dabei wollen die Expertinnen und Experten unter anderem herausfinden, warum das Magnetfeld des Merkurs so schwach ist. „Wir hoffen, dass wir eine komplette Vermessung erreichen“, sagt der Physiker.

Zum Start in den Dschungel

In den Kontrollraum, den sogenannten Jupiter-Raum, darf das Team in der Startphase nicht. „Aber im Dschungel von Kourou kann man den spektakulären Start bestens sehen“, so der Physiker. Er selbst wird im Oktober nicht dabei sein, jedoch seine Kollegen Dr. Ingo Richter und Dr. Daniel Heyner. Nach dem Start der BepiColombo-Satelliten wird Daniel Heyner die Leitung des braunschweigischen Magnetometerteams von Professor Glaßmeier übernehmen.

Der Mercury Planetary Orbiter (MPO) wird im europäischen Weltraumbahnhof in Kourou auf seine lange Reise vorbereitet. MPO ist mit einer mehrschichtigen Hochtemperaturisolierung ausgestattet, die speziell für die Mission konzipiert wurde. Bildnachweis: Copyright S. Corvaja/ESA

Auch wenn die Studierenden nicht an den Magnetometer-Experimenten beteiligt sind, erhalten sie die Möglichkeit, noch mehr über die Mission zu erfahren. „Und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch“, ist sich die Physik-Studentin Johanna Bürger sicher. „Jeder von uns träumt doch davon, später einmal bei einem solchen physikalischen Großprojekt mitzuarbeiten. Für mich persönlich könnte ich mir das gut vorstellen.“

Impfungen und Sprachkurs

In den kommenden Wochen werden sich die Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler auf die Reise vorbereiten. Zahlreiche Impfungen sind für die Einreise notwendig. Einen Französisch-Sprachkurs haben die meisten bereits absolviert. Ab dem 18. Oktober heißt es dann Daumen drücken, dass der Starttermin eingehalten werden kann. Denn am 26. Oktober muss das Braunschweiger Team wieder zurück nach Deutschland fliegen.