30. Juni 2014 | Magazin:

JEC Innovation Award für Ingenieure der TU Braunschweig

Holger Kunz und Christian Löchte

Holger Kunz und Christian Löchte

Braunschweiger Ingenieure wurden auf der Fachmesse JEC-Americas vom 13. bis 15. Mai in Atlanta, Georgia/USA, für ihr „FormHand“-Konzept mit dem Innovation Award ausgezeichnet. Die beiden Maschinenbau-Doktoranden erhielten den Innovations-Preis in der Kategorie „Automation“ für die Entwicklung neuartiger formvariabler Handhabungs- und Fügewerkzeuge zur Verbesserung der automatisierten Herstellung textiler „Preforms“.

Wie einfach könnte die Hausarbeit sein, wenn man mithilfe eines Staubsaugers die oft missliebige Bügelwäsche Stück für Stück von der Wäscheleine einsammeln, Hemden und Blusen auf dem Weg zum Kleiderschrank bügeln und direkt in der gewünschten Form ablegen könnte? Eine immense Zeitersparnis würden Hausmänner und Hausfrauen einer solchen Entwicklung attestieren, wenn man mehrere unterschiedliche Arbeitsschritte mit einem Handgriff erledigen könnte.

Vor einer ähnlichen, wenngleich weitaus komplexeren Aufgabe sahen sich Christian Löchte vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) und Holger Kunz vom Institut für Füge- und Schweißtechnik (ifs). Allerdings hatten es die beiden Braunschweiger Ingenieure weniger mit Bügelwäsche, sondern vielmehr mit textilen Verbundwerkstoffen zu tun, die beispielsweise im Karosseriebau von großer Bedeutung sind.

Diese Verbundwerkstoffe, so genannte Komposite, werden in der Produktion zumeist in einzelnen Schritten, teilweise per Hand, vorbereitet und vorgeformt, bis sie schließlich weiterverarbeitet oder verbaut werden können. Während des Produktionsprozesses entstehen auf diese Weise, Stück für Stück, so genannte Halbzeuge oder auch Preforms (Vorförmlinge). Das Konzept der Braunschweiger Nachwuchswissenschaftler fasst nun gleich drei wesentliche Arbeitsschritte in einem Werkzeug zusammen: das greifen, das vorformen und das fixieren eines Verbundwerkstoffes.

Das „FormHand“-Konzept
2014-05-14_JEC_Award_SchemaDer Grundaufbau des Handhabungs- und Fügewerkzeugs besteht aus einem Grundrahmen, einem Kissen mit luftdurchlässigem Bezug und einer Granulatfüllung. Das Kissen bildet zusammen mit dem Grundrahmen ein Volumen aus, das über einen Ansaugstutzen und ein externes Gebläse mit einem Unterdruck beaufschlagt werden kann.

Der Unterdruck bewirkt einerseits einen Luftvolumenstrom durch den Kissenbezug, der das vollflä-chige Greifen von Objekten erlaubt, und andererseits eine Verfestigung des Kissens, die zum gezielten Drapieren und Fügen genutzt werden kann. Hierzu wird die Kraft eines Industrieroboters über den Grundrahmen und das Granulat im Greiferkissen auf die zu fügenden Textilien oder starren Körper weitergeleitet. Je nach Gebläseleistung lassen sich der Volumenstrom durch den Kissenbezug und die Verfestigung des Kissens einstellen, so dass unterschiedliche Drapier- und Fügekräfte erreicht werden können.

2014-05-14_JEC_Award_Versuchsstand„Das Prinzip des Flächensaugers erlaubt schonendes Greifen biegeschlaffer Halbzeuge, wie zum Beispiel Textilien, Leder oder Folien, ohne eine Materialschädigung. Die hohe Flexibilität des Greiferkissens und Flächensaugers erlaubt außerdem eine hohe Geometrie- bzw. Zuschnittvariation der zu fügenden Halbzeuge. Die Integration von Heiztechnik im Greifer erlaubt Aktivierung von Schmelzklebstoffen und Fixierung der Halbzeuge im drapierten Zustand.“, fasst Christian Löchte die Vorteile des „FormHand“-Konzeptes zusammen.

2014-05-14_JEC_Award_Greifen„Nur durch die hohe Formvariabiliät des Aufbaus und die Kombination von Handhabungstechnik und Fügetechnik in einem Werkzeug konnte eine durchgängige Automatisierung erreicht werden – eine Neuerung, die die JEC überzeugt hat den Innovationspreis für Verbundwerkstoffe im Bereich der Automatisierung an die TU Braunschweig zu vergeben.“, erläutert Holger Kunz.

 

Gemeinschaftsprojekt von IWF und ifs
Die Entwicklung ist Ergebnis einer engen Kooperation des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) und des Instituts für Füge- und Schweißtechnik (ifs), in der die Kompetenzen des IWF zur Prozessautomatisierung und Handhabungstechnik mit der Expertise des ifs zur Füge- und Schweißtechnik kombiniert wurden. Christian Löchte erforscht am IWF granulatbasierte formvariable Handhabungswerkzeuge. Holger Kunz beschäftigt sich am ifs mit dem Preformprozess, insbesondere dem klebtechnischen Fügen von Textilien. Die gemeinsame Zusammenarbeit im Bereich der Automatisierung dieses Prozessschrittes brachte die ausgezeichnete Innovation hervor.

 

Kontakt
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Löchte
Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik
Technische Universität Braunschweig
Langer Kamp 19b
38104 Braunschweig
Tel.: +49 531 391 7628
E-Mail: c.loechte@tu-bs.de
www.tu-braunschweig.de/iwf

Dipl.-Ing. Holger Kunz
Institut für Füge- und Schweißtechnik
Technische Universität Braunschweig
Langer Kamp 8
38104 Braunschweig
Tel.: +49 531 391 7851
E-Mail: h.kunz@tu-bs.de
www.ifs.tu-braunschweig.de