15. Juni 2018 | Magazin:

IMAB-Racer – Ein E-Roadster für Forschung und Lehre Praxisnahe Ausbildung mit einem Sportwagen am Institut für Elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen

Mehr als 100 Studierende haben bereits an ihm getüftelt, 26 Abschlussarbeiten sind bislang über ihn geschrieben worden: der IMAB-Racer. Ein Sportwagen, der zu einem E-Roadster umgebaut wurde – als Lehr- und Forschungsplattform am Institut für Elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen (IMAB). Auf der TU-Night wird das Auto am 16. Juni vor dem Haus der Wissenschaft präsentiert.

Bereit für den Auftritt auf der TU-Night: der IMAB-Racer. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Und da lohnt sich ein Blick ins Innere des Gefährts. Denn nur rein äußerlich ähnelt der IMAB-Racer einem Fahrzeug mit herkömmlichem Antrieb. Hinter der Karosserie des Sportwagenklassikers AC Cobra versteckt sich eine komplett elektrifizierte Variante, die sich immer wieder verändert. Im Grunde ist es ein Auto, das niemals fertig ist. Einige Bauteile sind bereits durch Neuentwicklungen ersetzt worden. „Ziel ist, einen E-Roadster zu bauen, der fährt, aber immer mit neuen Komponenten aus der aktuellen Forschung“, sagt Quirin Maurus, der am IMAB für das Projekt zuständig ist.

Praxisnahe Ausbildung

Die Idee hinter dem Institutsprojekt: „Wir wollen die Studierenden für ihr Studienfach mit einer praxisnahen Ausbildung begeistern“, so Maurus. Deshalb wird seit 2014 jedes Sommersemester das Praktikum „Antriebssysteme für Elektrofahrzeuge“ angeboten. Mit wachsendem Zulauf. In vier Gruppen à sieben Studierenden lernen die zukünftigen Ingenieurinnen und Ingenieure alle Komponenten des vollelektrischen Antriebsstranges kennen – mit Versuchen unter anderem zu Energiespeichertechnologien und der Leistungselektronik für E-Fahrzeuge.

In der Maschinenhalle des IMAB werkeln Studentinnen und Studenten sowie wissenschaftliche Mitarbeiter an dem rund 930 Kilogramm schweren E-Auto und prüfen die neuen Module. Neben dem eigenen Prüfstand werden dafür auch zwei Prüfstände am Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) genutzt.

Keine Rennen mit dem „Racer“

Auch wenn das E-Auto „Racer“ heißt und bis zu 160 km/h schnell fahren kann, geht es nicht darum, mit dem Fahrzeug Rennen zu fahren und neue Rekorde zu erzielen. Hier können die Nachwuchsingenieurinnen und -ingenieure theoretisches Wissen anwenden und an aktuellen Themen der Fahrzeugtechnik forschen. Sie entwerfen Bauteile, schreiben die Software dafür, entwickeln ein Gespür für die begrenzten Möglichkeiten des Bauraums im Auto – und halten auch mal den Lötkolben in der Hand.

Hinter der Karosserie des Sportwagenklassikers AC Cobra versteckt sich eine komplett elektrifizierte Variante. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Die Karosserie schwebt: Quirin Maurus und Tim Dietrich tüfteln am E-Roadster. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Alexander Sauls "Steuergerät zur zuverlässigen Auswertung der Pedalstellungen“ aus dem IMAB-Racer. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Die Batterie des IMAB-Racers wird eingesetzt. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

IMAB-Racer
IMAB-Racer

IMAB-Racer

Kann losgehen: Niklas Langmaack, Tim Dietrich und Quirin Maurus beim Probesitzen im IMAB-Racer. Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Bereit zur Ausfahrt! Bildnachweis: IMAB/TU Braunschweig

Ein Glücksfall für Alexander Saul, der als studentische Hilfskraft am IMAB-Racer arbeitete. „Spätestens da wusste ich, dass das Studium das Richtige für mich ist“, sagt er. „Ich war beeindruckt, dass ich meine eigenen Ideen einbringen und das in der Vorlesung Gelernte umsetzen kann. Außerdem trägt man die volle Verantwortung für ein Bauteil.“ In seiner Bachelorarbeit hat er ein Steuergerät „zur zuverlässigen Auswertung der Pedalstellungen“ entworfen, aufgebaut und auch programmiert.

Das Gerät steckt nun im IMAB-Racer – und funktioniert. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man keine Revisionen machen muss“, betont Quirin Maurus. „Das Knifflige sind die Fehlersituationen“, fügt der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Dietrich hinzu. „Man bekommt ein Gefühl dafür, dass Entwicklung mit Rückschlägen verbunden ist, so dass man sich später im Job besser in solche Prozesse hineindenken kann.“

Teamwork ist gefragt

Doch nicht nur das: Die Studierenden lernen auch, sich bei ihren Arbeiten am E-Roadster miteinander abzustimmen. „Sie müssen ihr Vorgehen gemeinsam festlegen“, berichtet Niklas Langmaack. „Da ist Teamwork gefordert.“ Er selbst hatte eine der ersten Abschlussarbeiten zum IMAB-Racer geschrieben und einen Antriebswechselrichter entwickelt, der die Spannung der Batterie anpasst. Inzwischen arbeitet er als Wissenschaftler am Institut.

Auch Gerrit Bremer und Lukas Stichnoth hatten am IMAB-Racer ihr Aha-Erlebnis. „Vieles habe ich durch die Arbeit an dem Fahrzeug erst verstanden“, sagt Gerrit Bremer, der ebenfalls als studentische Hilfskraft am Institut beschäftigt ist. „Die Brücke zwischen Theorie und Praxis wird hier gut gezogen“, ergänzt Lukas Stichnoth, der gerade seine Bachelor-Arbeit beendet hat. Er konnte seine Erfahrungen aus der Webprogrammierung mit dem Bau von Hardware verbinden. So hat er eine Telemetrieeinheit für den CAN-Bus entwickelt, so dass unter anderem Temperatur und Drehzahl per WLAN ausgelesen und analysiert werden können.

Interdisziplinäres Arbeiten

Die Studierenden werden nicht mit Standardaufgaben konfrontiert, sondern lernen Lösungen zu entwickeln – auf die Frage: Was ist, wenn alles anders ist als in der Theorie? „Der Racer hat die Aufgabe, neue Probleme zu offenbaren und Forschungsfragen aufzuwerfen“, erklärt Institutsleiter Professor Markus Henke. Damit ist eine Forschungsplattform entstanden, an der auch interdisziplinär gearbeitet wird. Für das Praktikum können sich nicht nur Studentinnen und Studenten der Elektrotechnik bewerben, sondern auch Maschinenbau-Studierende. „Die Arbeitswelt hat sich geändert, man muss auch mit Leuten aus benachbarten Disziplinen arbeiten und diskutieren können“, so Henke. Wer am IMAB-Racer mitarbeitet, geht also mit entsprechendem Know-how in die Industrie.