Elektromobilität: Hidden Champions und schlaue Konzepte Interview mit HEV-Programmvorsitzenden Professor Markus Henke
Ob Batterieelektrisch oder Hybrid – die Zukunft des Automobils ist eng mit Elektromotoren und Batterien und ihrer Weiterentwicklung verbunden. Mehr als 150 Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Elektromobilität treffen sich am 21. und 22. Februar 2017 in der Braunschweiger Stadthalle. Unterstützt wird das HEV – Hybrid and Electric Vehicles Symposium 2017 vom Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik der TU Braunschweig.
Herr Professor Henke, zum diesjährigen HEV-Symposium versammeln sich erneut Expertinnen und Experten aus Forschung und Industrie zum Thema der Hybrid- und Elektrofahrzeuge in Braunschweig. Was ist das Besondere an der Veranstaltung?
Das Besondere am Braunschweiger HEV-Symposium ist der Austausch zwischen Wissenschaft, Zulieferwirtschaft und Herstellern aus der Mobilitätsregion Niedersachsen und darüber hinaus. Der geballte Sachverstand, der jedes Jahr in Braunschweig zusammen kommt, und ein gutes Programmkomitee sind sicherlich die beiden wichtigsten Alleinstellungsmerkmale der Veranstaltung. So gesehen kann an der Entwicklung der HEV auch die Entwicklung der Elektromobilität in den letzten 14 Jahren abgelesen werden, denn wesentliche technologische und gesellschaftliche Bedingungen für einen vielversprechenden Einsatz haben sich in der jüngeren Zeit ergeben.
Was wird Sie und Ihre Fachkolleginnen und Fachkollegen dieses Jahr besonders beschäftigen?
Während wir in den vergangenen Jahren vor allem Komponenten, Systeme, Antriebsstrangkonzepte diskutiert haben, beleuchten wir mit einer Session die Brennstoffzellentechnologie genauer und stellen Brennstoffzellenfahrzeuge und Elektrofahrzeuge in einer Podiumsdiskussion gegenüber. Unter anderem werden wir auch über die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen und Arbeitsmaschinen oder das Energiemanagement diskutieren. Die Dauerbrenner, die Batterie- und Ladetechnologien und damit die Reichweite der Fahrzeuge, sind ebenfalls Thema.
Ist die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen und Arbeitsmaschinen das neue Top-Thema auf dem Gebiet der Elektromobilität oder eher eine Brücke, um die Technologie in großer Zahl auf die Straße zu bringen?
Erst einmal müssen wir festhalten, dass eine Viertelmillion zugelassene Elektro- und Hybridfahrzeuge nicht mehr nur ein Trend sind, sondern eine Schraube, die man nicht mehr zurückdrehen kann. Das gilt insbesondere für den großen Bereich der Nutzfahrzeuge. Nichtsdestotrotz haben wir es hier mit „Hidden Champions“ zu tun, die auch unser Forschungsinteresse geweckt haben. Denn vor allem Nutzfahrzeugflotten bieten uns die Möglichkeit, Innovationen in großer Zahl und in planbaren, wiederkehrenden Nutzungsszenarien zu erforschen. Übrigens wurde erst kürzlich der Startschuss für ein Projekt zur Entwicklung einer elektrischen Kehrmaschine an unsere Universität gegeben, dass sich nicht nur auf den Antrieb, sondern auf die Arbeitsgeräte bezieht.
Woran liegt es aus der Sicht des Elektromotorenexperten, dass es mit der Elektromobilität nicht so schnell voran geht?
Jedenfalls nicht am Elektromotor an sich. Wir arbeiten beispielsweise am Design von elektrischen Hochdrehzahlantrieben für Fahrzeuge, die den Vergleich mit Verbrennungsmotoren der Spitzenklasse nicht scheuen müssen. Die Käufer verlangen meiner Ansicht nach drei einfache Dinge: Laden über Nacht vor der Haustür, eine annehmbare Reichweite und einen attraktiven Preis. Diese Bedingungen sind fast erreicht. Aus meiner Sicht fehlt es an intelligenten Konzepten für Gestaltung der ökonomischen Rahmenbedingungen. Erst danach lohnt sich eine Diskussion über Infrastruktur, Ladesäulen, Abrechnungssysteme und so weiter.
Herr Professor Henke, wagen Sie einen Blick in die Zukunft, womit wird sich die HEV 2030 möglicherweise Beschäftigen?
Im Jahr 2030 werden wir sicher weniger über Bauraum für die Batterie, Leistungselektronik oder Elektromotoren sprechen, aber über die Integration dieser Komponenten in hochvernetzte Mobilitätskonzepte, die ganz andere Anforderungen an Redundanz, funktionale Sicherheit, Betriebsdauer und Kosten stellen. Ebenso werden wir uns vermehrt mit dem automatisierten Fahren beschäftigen, denn die neuen Anforderungen an die Fahrzeugkomponenten beeinflussen auch die Technologien, die wir hier diskutieren. Schätzungen gehen übrigens davon aus, dass im Jahr 2030 70 Prozent der Fahrzeuge elektrifiziert sind. Das Interesse beider Themenfelder wird sicher auf Gegenseitigkeit beruhen.