29. November 2017 | Magazin:

Eine Brücke zwischen Wissenschaft und Kultur Gauß Friends leisten Beitrag zur Internationalisierung an der TU Braunschweig

Sie kommen aus Marokko, Polen, Mexiko, Peru, Tunesien, Deutschland und anderen Ländern. Was sie alle verbindet, ist die gemeinsame Leidenschaft für die Wissenschaft und die Begeisterung für den wohl bekanntesten deutschen Mathematiker. Er ist auch der Namenspate für den „Internationalen Kreis der Carl Friedrich Gauß Freunde“, in dem sich die Studierenden, Mitarbeiter und Alumni engagieren und der inzwischen seit fast zehn Jahren existiert.

Bei der Exkursion nach Berlin darf natürlich das Foto vor dem Brandenburger Tor nicht fehlen. Foto: Linbin Li/TU Braunschweig

Die Faszination für Gauß und der Wunsch, den interkulturellen Austausch an der Technischen Universität Braunschweig zu erhöhen, waren 2008 Anlass für den Mathematikstudenten Younouss Wadjinny, den Verein der Gauß Freunde zu gründen. „Gauß hat die Idee der Internationalisierung zu Hause verstanden“, erklärt der Marokkaner. Zwar habe der Gelehrte Braunschweig und Göttingen nie verlassen, interessierte sich jedoch für andere Kulturen, lernte mehrere Sprachen und pflegte Freundschaften rund um den Globus.

Día de Muertos und Diwali

Diese Verbindung zwischen Wissenschaft und Kultur wollen auch die Gauß Friends leben – mit Tanzkursen, internationalen Länderabenden, Festen, Sport, Kochkursen und Theaterstücken à la Einstein trifft Beethoven. Und alles nach dem Motto: Wir müssen nicht alles verstehen, aber wir haben gemeinsam Spaß und lernen voneinander.

Auch bei traditionellen Feiern, wie dem mexikanischen „Día de Muertos“ oder dem Diwali-Lichterfest, zu dem inzwischen zahlreiche Studierende aus Göttingen und Hannover anreisen. „Es ist wirklich faszinierend, diesen kulturellen Reichtum zu erleben“, sagt Younouss Wadjinny. Dafür stehen auch die unterschiedlichen Kulturkreise der Gauß Freunde – von arabisch über lateinamerikanisch bis chinesich – sowie mehrere Sprachstammtische. „Um eine neue Sprache zu lernen, muss man auch Raum für seine eigene Sprache haben“, findet Wadjinny, der neben Arabisch noch Deutsch, Englisch, Französisch und ein wenig Ungarisch und Koreanisch spricht.

Keine Trauerveranstaltung! Der mexikanische Día de Muertos ist ein farbenprächtiges Volksfest zu Ehren der Toten. Foto: Sebastian Radchenko/TU Braunschweig

Workshop im Gauß Haus. Foto: Sebastian Radchenko/TU Braunschweig

Start des Diwali-Fests: Younouss Wadjinny (l.) bei der Begrüßung. Foto: Nadiia Shtefaniuk/TU Braunschweig

Lecker! Gutes Essen gehört beim Diwali-Fest dazu. Foto: Nadiia Shtefaniuk/TU Braunschweig

Let's dance! Tanz-Workshops sind beliebt bei den Gauß Friends. Foto: Sebastian Radchenko/TU Braunschweig

Auf geht's zur Exkursion! Foto: Sebastian Radchenko/TU Braunschweig

Exkursion der Gauß Friends nach Bremen. Foto: Linbin Li/TU Braunschweig

Guter Start mit Buddys

Für viele neue internationale Studierende ist das Gauß Haus – seit 2009 in den Räumen des Studentenwerks im Michaelishof – eine wichtige Anlaufstelle. Mit den First-Steps- und Buddy-Programmen werden Studentinnen und Studenten zu Semesterbeginn unterstützt. Rund 250 im Wintersemester und 100 im Sommersemester werden betreut. In zwei intensiven Orientierungswochen bieten die Gauß Freunde Deutsch- und Mathe-Workshops, Sprach-Tandems, Campus-Rundgänge, Stadtführungen, Flohmarktbesuche, ein internationales Mitbring-Frühstück und Exkursionen in die Umgebung an. Wichtig aber auch: Wie funktioniert das deutsche Gesundheitssystem? Wo finde ich Zutaten für chinesisches, koscheres oder Halal-Essen? Wo kann ich gut Second-Hand-Kleidung einkaufen?

Dass Andrés Muñoz die Gauß Freunde bereits als Schüler kennenlernte, war für ihn ein Glücksfall. Der Mexikaner kam vor einigen Jahren für eine Probestudienwoche über eine Auswahl der TU9 nach Braunschweig und besuchte auch das Gauß Haus. Nach der Woche hat er sich entschieden, in der Löwenstadt zu studieren. Inzwischen beginnt er mit seinem Master im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau, ist im Referat für Internationales des AStA der TU Braunschweig aktiv. Und engagiert sich als Gauß-Freund. Er betreut unter anderem das Buddy-Programm, über das er kürzlich eine Gruppe Studierender zu einem Bremen-Besuch begleitete.

Freundschaft weltweit

Rund 15 Studierende sind regelmäßig im Gauß Haus aktiv, geben Orientierung am Campus, helfen beim Ausfüllen wichtiger Formulare, beraten, übersetzen, organisieren Veranstaltungen. „Ich finde es spannend, Leute aus anderen Kulturen kennenzulernen“, erklärt Andrés Muñoz  sein ehrenamtliches Engagement. „In Mexiko gibt es an den Universitäten nicht so viele Austauschstudenten.“ Im besten Fall bleiben die Buddy-Freundschaften über die Zeit in Braunschweig hinaus bestehen. So hat Andrés Muñoz im vergangenen Sommer einige Buddys in China besucht und damit die Leitidee „Freundschaft weltweit“ einmal ganz wortwörtlich genommen.

Freundschaften existieren ebenso zu Geflüchteten, die sich vom Team beraten lassen oder zu kulturellen Angeboten, wie Tanzkursen oder dem Weihnachtsworkshop in den Michaelishof kommen. „Für manche sind wir eine existenzielle Einrichtung“, so Wadjinny. Aber natürlich kommen auch zahlreiche deutsche Studierende zu den Veranstaltungen ins Gauß Haus und tragen den Gedanken der „Internationalisierung zu Hause“ mit.

Das Gauß-Haus-Projekt

Künftig sollen die Programme und Beratungen im Gauß Haus wissenschaftlich begleitet werden. Seit Anfang November sind Younouss Wadjinny, der durch sein Engagement auch Bindeglied zwischen Verein, Universität und AStA ist, und Stephanie Metzger Ansprechpartner des Gauß Haus-Projekts am Zentrum für Schulforschung und Lehrerbildung der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften – eine neue Schnittstelle für die Verbesserung der Betreuung internationaler Studierender und den Ausbau der „Internationalisierung at Home“. Dabei sollen die langjährigen Erfahrungen und das Wissen des Vereins bei der Etablierung weiterer Strukturen zur Internationalisierung an der TU Braunschweig genutzt werden. Alle relevanten Akteure, wie Universität, Fakultäten, Verein der Gauß Friends und  AStA sollen über das Projekt vernetzt werden. „Ziel ist dabei natürlich nicht, den Verein abzuschaffen, sondern diesen zu ergänzen und zu unterstützen“, betont Younouss Wadjinny.