Ein Schritt, der gut passt Interview mit Professorin Katja Koch: Die Vizepräsidentin vertritt ab dem 1. Oktober 2020 kommissarisch das Amt der Präsidentin
Wir haben mit Professorin Katja Koch gesprochen, die zum 1. Oktober 2020 und bis zur Wahl einer neuen Präsidentin bzw. eines Präsidenten der Universität vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt ist.
Hochschulleitung für eine Interims-Phase – das klingt nach viel Arbeit und scheint auf den ersten Blick ein undankbarer Auftrag zu sein. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Nach zwei Jahren als Vizepräsidentin und einiger Erfahrung in unseren Gremien freue ich mich darauf, jetzt die Gesamtverantwortung für Entscheidungen zu tragen. Zudem möchte ich die Prozesse, die wir begonnen haben, fortführen und den Weg, den das gesamte Präsidium eingeschlagen hat, gemeinsam mit den Kollegen weiter gehen. Die Interimszeit soll nach unseren Vorstellungen eine Phase der Kontinuität, Stabilität und Verlässlichkeit werden. Ich halte das für ein sehr lohnendes Ziel. Natürlich habe ich mir lang genug überlegt, ob ich Zeit für dieses Amt habe. Das Research Institut of Teacher Education ist hervorragend aufgestellt, und in den hochschulübergreifenden Gremien ist die Lehrer/innenbildung bestens vertreten – da kann ich mein Engagement zurückschrauben. Meine Lehre kann ich zurzeit relativ flexibel organisieren. Das Aufgabenpensum werde ich also mit Unterstützung meiner Kolleginnen und Kollegen zusätzlich zu meinem Ressort als Vizepräsidentin stemmen können. Besonders reizt mich die Möglichkeit, auf Landesebene etwas bewegen zu können.
Blicken wir kurz zurück – wo steht die TU Braunschweig am Ende des letzten, besonderen Sommersemesters?
Unsere Universität hat in den letzten Monaten unglaublich viel geleistet, phänomenal! Ich erinnere mich an die Zeit Mitte März, als klar wurde, was die Pandemie für uns und für das Sommersemester bedeuten würde. Wir haben uns alle kurz geschüttelt, und dann ging es weiter. Jeder hat sein elektronisches Bündel geschnürt, mit nach Hause genommen und von dort aus gearbeitet, oder wo es nötig war vor Ort den Laden am Laufen gehalten. Der Krisenstab und die Verwaltung unter der Leitung von Dietmar Smyrek, die Institute und Einrichtungen haben sehr gut zusammengearbeitet. Ein digitales Semester ist natürlich für alle sehr anstrengend. Es hat sich dabei auch wieder gezeigt: Unsere Studierenden sind super – ich bewundere sie für ihre Disziplin und Selbstorganisation.
Wo sehen Sie die Herausforderungen für die kommenden Monate?
Die erste Herausforderung vor diesem Hintergrund ist es, die Erstsemester gut zu empfangen und zu betreuen. Die hat es ja besonders schlimm ‚gebeutelt‘. Wir, allen voran auch mein Kollege Knut Baumann als zuständiger Vizepräsident, wollen die Eingangsphase verbessern, den Erfahrungsaustausch mit den Fachschaften und –gruppen intensivieren und dafür sorgen, dass Studierende hier an der TU Braunschweig gut ankommen. Übergänge sind immer besondere Phasen, die es zu gestalten gilt, damit sie gelingen – das weiß ich auch aus meinen Forschungen.
Die Umfrage, die wir am Ende des letzten Semesters unter den Studierenden durchgeführt haben, hat gezeigt: Wir sind ganz gut aufgestellt, doch die Belastung ist in der Pandemie insgesamt für alle höher: die Arbeitsbelastung und die emotionale Belastung. Persönlich fand ich es gerade bei der Verabschiedung meiner Studierenden am Ende des Semesters schlimm, dass wir uns alle nicht wirklich gesehen haben. Die emotionale Ebene fehlte. Ich hatte zum Beispiel keine Möglichkeit, nachzufragen, wenn jemand sich aus dem Onlineseminar abmeldete. Bestenfalls sah ich, dass die jeweilige Kachel verschwand. Das ist schade. Ich mag an der Lehre gerade das Feedback, die Möglichkeit, zu sehen, was funktioniert und was nicht. Der direkte Austausch dazu hat mir gefehlt. Ich hoffe, dass wir uns an das Virus gewöhnen und lernen, besser damit umzugehen. Da sind viel Engagement und Kreativität gefragt.
Auch in der Digitalisierung ist noch viel zu tun. Manfred Krafczyk hat da als Vizepräsident etliche große Baustellen, zum Beispiel die Online-Prüfungen. Die IT prüft Programme und Apps, die uns bei der Gestaltung der Lehre und bei der Mobilität unserer Studierenden auf dem Campus unterstützen könnten. Wichtig ist auch hier die Sicherheit.
Eine weitere große Aufgabe ist unsere Exzellenzstrategie, von der wir gerade das Land Niedersachsen begeistern wollen. Da sind wir schon gut auf dem Weg, mit großartigen Impulsen für die Exzellenzcluster, die Peter Hecker als Vizepräsident für Forschung koordiniert. Und mit einem vielversprechenden Gesamtkonzept. Potenzial gibt es auch noch im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften, die wir noch besser einbeziehen wollen.
Gestatten Sie uns die Frage: Können Sie sich das Amt auch dauerhaft vorstellen?
Das Amt kann ich mir vorstellen, aber nicht an der TU Braunschweig. Ich kann mich gut für die Lehrerbildung einsetzen, für die Geisteswissenschaften und für allgemeine hochschulpolitische und gesellschaftliche Themen. Für die Ingenieur- und Naturwissenschaften möchte ich nicht auf Dauer sprechen, da fehlt mir die fachliche Komponente. Es wäre umgekehrt für mich auch schwer vorstellbar, dass eine Ingenieurwissenschaftlerin oder ein Naturwissenschaftler z.B. eine Pädagogische Hochschule leitet. Deswegen ist die kommissarische Wahrnehmung des Amtes für mich gerade ein Schritt, der gut passt.