28. September 2020 | Magazin:

Schicht für Schicht zum Bauteil Tandemprojekt von TU Braunschweig und LUH zur digitalen Lehre

Der additiven Fertigung (3D-Druck) gehört die Zukunft. Ein Beispiel sind bionische Leichtbaustrukturen: Hier wird die Freiheit der additiven Fertigung genutzt, nahezu jede Bauteilkontur zu realisieren, um mittels geeigneter Modellierungs- und Simulationsmethoden lastgerechte Bauteile zu entwickeln. Auch Multi-Material-Bauweisen – also der Einsatz mehrerer Materialien in einem Bauteil, ohne dass zusätzliche Füge- und Montageprozesse erforderlich sind – haben hohes Potenzial. Indem materialspezifische Funktionen, wie die elektrische Leitfähigkeit, genutzt werden, lassen sich etwa Sensorik oder Heizstrukturen integrieren.

Formflexibler Greifer mit integriertem Sensor zur Objekterkennung. Foto: IK/TU Braunschweig

Die Zukunftstechnologie der additiven Fertigung steht im Fokus des Tandemprojekts zur digitalen Lehre „Konstruktion additiv gefertigter Bauteile“ von Professor Thomas Vietor, Leiter des Instituts für Konstruktionstechnik (IK) der TU Braunschweig, und Professor Roland Lachmayer, Leiter des Instituts für Produktentwicklung und Gerätebau (IPeG) der Leibniz Universität Hannover (LUH). Das Projekt wird vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) mit rund 180.000 Euro gefördert.

Interaktive Übungen, virtuelle Demonstratoren

Bringen ihre Expertise aus der Bauteilkonzeption, Konstruktion sowie additiven Fertigung in das Tandemprojekt zur digitalen Lehre ein (von links): Prof. Thomas Vietor, Leiter des Instituts für Konstruktionstechnik (IK) an der TU Braunschweig, Sebastian Kuschmitz, zuständig für die Projektbearbeitung (IK), und Dr. Hagen Watschke, Leiter Arbeitsgruppe Additive Fertigungstechnologien (IK). Foto: IK/TU Braunschweig

„Die additive Fertigung ist eine vergleichsweise junge Gruppe unterschiedlicher Fertigungstechnologien, mit der ursprünglich Prototypen hergestellt wurden“, erklärt Professor Vietor. „Prozess- und materialtechnische Weiterentwicklungen machen es möglich, dass zunehmend auch Endprodukte additiv gefertigt werden.“ Studierenden fehlt jedoch häufig noch das Verständnis für die konstruktiven Möglichkeiten additiver Fertigungsverfahren. Um das erforderliche Wissen ganzheitlich zu vermitteln, wollen die beiden Institute digitales Lehr- und interaktives Übungsmaterial sowie virtuelle und physische Demonstratoren schaffen. Zielgruppe sind Hochschullehrende und Studierende der späten Bachelor- und frühen Mastersemester.

Freiheiten und Grenzen additiver Verfahren

„Die neuen digitalen Lehrmaterialien unterstützen die Studierenden dabei, sich theoretische Grundlagen über Verfahren, Materialien und Gestaltungspotenziale anzueignen“, erläutert Dr. Hagen Watschke, Leiter Arbeitsgruppe Additive Fertigungstechnologien am IK. Konstruktionsaufgaben können mittels interaktiver Wissensbereitstellung eigenständig bearbeitet werden. Zudem lernen sie anhand virtueller Modelle die Freiheiten und Grenzen additiver Fertigungsverfahren kennen. Physische Modelle und Demonstratoren machen das Gelernte zusätzlich begreifbar.

Virtuelles Model, um die konstruktiven Möglichkeiten der additiven Fertigung interaktiv zu erlernen. Foto: IK/TU Braunschweig

Aufteilung der Arbeitspakete im Tandemprojekt

Die Lehr- und Lernmaterialien sowie die Vermittlungsmethoden konzipieren die Projektpartner zusammen. Auch deren Evaluation, also die praktische Erprobung, wird gemeinsam durchgeführt. Hierfür werden Lehrveranstaltungen an den beiden Instituten genutzt. Videos und Tutorials werden zudem über eLearning-Portale wie OER Niedersachsen öffentlich zugänglich gemacht. „Die Inhalte der Lehr- und Lernmaterialien werden in jedem Institut individuell, aber in engem Austausch miteinander erarbeitet“, sagt Kuschmitz, zuständig für die Projektbearbeitung. Der Fokus des IK liegt auf Polymerstrukturen, der des IPeG auf metallischen Strukturen.

Multi-Material-Bauweisen im Fokus

Das IK bringt in das Projekt seine Expertise aus dem Forschungsschwerpunkt „Design for Additive Manufacturing“ ein sowie seine langjährige Erfahrungen in der Bauteilkonzeption, der Konstruktion sowie der additiven Fertigung. „Aktuell forschen wir auch intensiv an der Entwicklung von Multi-Material-Bauweisen, um beispielsweise sensorische Funktionen mittels elektrisch leitfähiger Polymere zu integrieren“, sagt Watschke.

Gemeinsam mit dem IPeG haben die Braunschweiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IK bereits ein MOOC (Massive Open Online Course) im Bereich der methodischen Produktentwicklung durchgeführt. Beide Partner können daher auf Grundlagen zurückgreifen, wie Lerninhalte für Studierende zielführend aufbereitet, vermittelt und veröffentlicht werden können.

Text: Nicole Geffert