19. Mai 2025 | Magazin:

Die Vermessung der Quantenchips Braunschweiger Forschende bauen an Messtechnik für Quantencomputer-Chips

Wie vermisst man eigentlich Quantentechnologien? Immerhin sind die Bits eines Quantencomputers unfassbar klein und bestehen oft nur wenige Sekundenbruchteile in tiefkalten Temperaturen. Die TU Braunschweig und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt forschen gemeinsam an genau diesen Grenzen des Messbaren, beispielsweise im Exzellenzcluster QuantumFrontiers. Jetzt starten die beiden Projektpartner mit „HIQEQS“ in eine deutsch-niederländischen Zusammenarbeit mit fünf weiteren Partnern für ein neuartiges Messkonzept für Quantentechnologien.

In vielen Quantentechnologien müssen die Signale mehrere Temperatur-Ebenen durchqueren, um bei den kryogenen Quantenbauteilen anzukommen. Bildnachweis: Quantamap

Der Braunschweiger Anteil des Projekts HIQEQS geht gleich drei Herausforderungen an: erstens soll ein Rasterkraftmikroskop angesteuert, zweitens eine spezielle, magnetische Messspitze kontrolliert und drittens das Messobjekt elektronisch im Auge behalten werden. Besonders knifflig: Messspitze und Quantenchip arbeiten nur, wenn die Temperatur kontinuierlich bei circa -296 Grad Celsius bleibt. Da jedes Signal Energie in ein sensibles System bringt, ist der schmale Pfad ins tiefkalte der Flaschenhals für zahlreiche Quantentechnologien. Gleichzeitig müssen die Signale extrem rauscharm sein, damit die Präzision der Quantensensoren überhaupt erkannt werden kann.

Braunschweiger Forschungs-Symbiose

Die Zusammenarbeit des Instituts für CMOS Design der TU Braunschweig um Professor Vadim Issakov und dem PTB-Fachbereich zu Quantenelektronik von Dr. Mark Bieler ähnelt dabei den zwei Seiten einer Medaille. Das Team will dabei alle drei Herausforderungen für die Signalerzeugung mit einem einzigartigen System lösen. Dafür entsteht an der TU Braunschweig integrierte Ansteuerungs-elektronik für die quantengenaue Signalhardware der PTB. Dabei schrumpfen nicht nur Bauteile, die bisher aus 50 zentimeterlangen Leiterplatten bestehen, auf wenige Quadratmillimeter. Gemeinsam wollen die beiden Gruppen die zugrundeliegende Josephson-Technologie in völlig neuen Frequenzbereichen nutzbar machen.

Professor Vadim Issakov leitet das Instituts für CMOS Design an der TU Braunschweig. Bildnachweis: Max Fuhrmann/TU Braunschweig

TU Braunschweigs Projektleiter Professor Vadim Issakov: „Für den Erfolg des Projekts müssen wir es schaffen,  im tiefkalten Bereich die drei unterschiedliche Frequenzen zu bedienen. Das Mikroskop braucht tausende Vorgänge pro Sekunde (Kilohertz), der SQUID-Sensor mehrere Millionen (Megahertz) und ein zu vermessender Quantenchip arbeitet in der Regel sogar im Milliarden-Bereich (Gigahertz). Wenn wir hier erfolgreich sind, könnten wir etwa die Chips von supraleitenden Quantencomputern mit bis zu 10.000-fach besserer Präzision auslesen.“

Die neuen Konzepte können zudem die Supercomputer selbst verbessern: Mit immer höheren Quantenbitzahlen (Qubits) steigt auch die Signalauslastung des tiefkalten Flaschenhalses. In der Folge verrauschen Signale und die Qubits werden fehlerhaft. Issakov: „Mit HIQEQS arbeiten wir an einer skalierbaren Architektur für rauscharme Signale. Damit verbessern wir im Projekt vor allem unsere Messtechnik. Der Anwendungsbereich für solche Signalquellen und -ansteuerungen ist allerdings auch auf viele andere Technologien mit ähnlichen Herausforderungen übertragbar.“

Über das Projekt

Das Projekt HIQEQS (Highly Integrated Quantum Electronics for Quantum Sensing) bringt sieben Partner aus Deutschland und den Niederlanden zusammen: Infineon AG (Koordination), TU Braunschweig, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, TU Delft, Supracon AG, QuantaMap B.V, und Delft Circuits. Gemeinsam erhalten die Partner fast 5 Millionen Euro Fördermittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von Quantum Delta NL. Davon gehen anteilig knapp eine Millionen Euro an die TU Braunschweig. Das Projekt startete zum Jahresbeginn 2025 mit einer Laufzeit von drei Jahren.