Bild des Monats: Urbane Straßennetzwerke für den Menschen Aus dem SpACE Lab des Institute for Sustainable Urbanism
Welche Rolle spielt eine Straße im Gesamtnetz? Und wie stehen die einzelnen Teile des städtischen Straßennetzes zueinander? Damit beschäftigt sich das SpACE Lab des Institute for Sustainable Urbanism (ISU) der Technischen Universität Braunschweig. Das „Spatial Analytics and Crossdisciplinarity Experimentation Lab“ entwickelt datengetriebene Methoden und Lösungen für eine menschenzentrierte nachhaltige Mobilität. In der hier gezeigten Arbeit konzentriert sich das interdisziplinäre Team darauf, eine netzwerkbasierte Kategorisierung von Straßensegmenten zu entwickeln. Damit können beispielsweise Aussagen über die Qualität des Netzwerks für unterschiedliche Verkehrsteilnehmer*innen getroffen werden. Wie diese Kategorisierung visualisiert wird, zeigt unser Bild des Monats Mai.
Ein urbanes Straßennetz (Urban Street Network) ergibt sich aus den Verbindungen zwischen Siedlungseinheiten und bildet zugleich soziale, wirtschaftliche und natürliche Faktoren ab. Mithilfe maschinellen Lernens werden Straßenabschnitte auf Basis ihrer Verbindungsfunktion, Erreichbarkeit, Anschlussmöglichkeiten und ihrer städtischen Bedeutung gruppiert.
Die Sicht der Nutzer*innen
Die Visualisierung gibt einen kleinen Einblick der aktuellen Forschung des SpACE Lab am ISU zur auf den Menschen ausgerichteten Mobilität. Dabei bestimmt die Perspektive der Nutzer*innen, vor allem Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, die Kategorisierung und die Gruppierung von Straßenabschnitten mit ähnlichen Merkmalen und nicht über eine funktionale Zuweisung.
Die Forschenden verwenden verschiedene Bibliotheken der Programmiersprache Python, Techniken maschinellen Lernens sowie die multidimensionale Geodatenanalyse zur Erforschung vielfältiger Merkmale, wie Zugänglichkeit und Konnektivität, die die Straßensegmente in Braunschweig charakterisieren.
Kategorisierung von Straßenabschnitten
Die Karte visualisiert die identifizierten Cluster sowie das Merkmal „Konnektivität“: Jedes Ende eines Segmentes (Knoten) wird durch einen Punkt dargestellt und stellt im Normalfall einen Kreuzungspunkt dar. Die Größe der Punkte entspricht der Anzahl der anderen Segmente, mit denen jedes Segmentende verbunden ist. Ein Knotenpunkt, der vier Segmente verbindet (eine Kreuzung von zwei Straßen), wäre beispielsweise größer als ein Knotenpunkt einer Sackgasse. Größere Punkte bedeuten daher eine bessere Konnektivität. Die Farbverläufe zeigen hingegen die räumliche Verteilung der identifizierten Cluster-Segmente, die zur gleichen Network Street Category (NSC)-Kategorie gehören.
Mit dieser Analyse können Stärken und Schwächen bestimmter Abschnitte im Straßennetz ermittelt werden. Damit ist es dann möglich, geeignete Veränderungen im Verkehrsnetz vorzuschlagen, den Verkehrsfluss der verschiedenen Verkehrsmittel zu beobachten und zu analysieren sowie die Belastbarkeit und Zuverlässigkeit des Netzes gegenüber Störungen oder Überlastungen, wie Staus, zu bewerten.
Besseres Verkehrsnetz für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen
Ein Beispiel: In einer Wohnstraße soll der Lärmpegel durch die Geschwindigkeitsbeschränkung normalerweise niedriger sein. Wenn die Straße jedoch stark befahren und gut angebunden ist, kann in den identifizierten Straßenabschnitten ein Lärmmelder aufgestellt werden, um zu prüfen, ob der Lärmpegel höher ist als der in Wohnstraßen zu erwartende Wert. Hat ein Abschnitt mit hoher topologischer Bedeutung – das bedeutet, dass es mathematisch zum Beispiel die beste Verbindung von A nach B darstellt oder mit zahlreichen anderen Segmenten verknüpft ist – bislang keinen Radweg, könnte er ein potenzieller Kandidat für den Bau eines Radwegs sein. Die Verbesserung der Funktionalität eines Straßenabschnitts kann damit auch zu einem besseren Verkehrsnetz für Fußgänger*innen oder Radfahrer*innen beitragen und so nachhaltigere und aktivere Verkehrsarten, wie Gehen oder Radfahren, fördern.
„Bei Investitionsentscheidungen über die Ansiedlung neuer Infrastrukturen oder Unternehmen ist die Erhebung von Daten oft ressourcenaufwändig.“, sind sich Dr. Hsiao Hui Chen, Olaf Mumm und Prof. Dr. Vanessa Carlow einig. „Die Analyse mit der vorgeschlagenen Methode bietet einen kosten- und zeiteffizienten Empfehlungsrahmen in einem Entscheidungsprozess, bevor in der nächsten Phase eine weitere Bewertung erfolgt.“