1. Mai 2021 | Magazin:

Bild des Monats: Chladnische Klangfiguren Im Akustiklabor: Schwingverhalten von Platten sichtbar machen

Wie kann man ohne Simulationen und ohne Lasermesstechnik das Schwingungsverhalten von Plattenstrukturen sichtbar machen? Mit einem verhältnismäßig einfachen Experiment. Im 18. Jahrhundert untersuchte man das Schwingverhalten dank einer Entdeckung des deutschen Physikers Ernst Florens Friedrich Chladni. Das Experiment wird zu Lehrzwecken auch im Akustiklabor der TU Braunschweig gezeigt, das eng mit verschiedenen Instituten und mit dem Exzellenzcluster SE2A zusammenarbeitet. Wie die beeindruckenden Muster entstehen, erklärt Sebastian Rothe, Leiter des „InALab Acoustic Engineering“.

Sand zum Schwingen bringen: Chladnische Klangfiguren, erzeugt im Akustiklabor der TU Braunschweig. Bildnachweis: Max Fuhrmann/TU Braunschweig

Das Schwingverhalten von Strukturen beschreibt, wo es bei bestimmten Frequenzen viel oder wo es wenig schwingt. Die Kenntnis davon hilft, Lärm zu vermeiden (lärmarmes Konstruieren) oder ein gewünschtes Schwingungsverhalten einzustellen (akustikgerechtes Konstruieren). Mit den Chladnischen Klangfiguren konnte man das Schwingverhalten bereits vor über 200 Jahren visuell beurteilen.

„Heute nutzen wir dieses Experiment nur noch zu Lehrzwecken, da es auf sehr anschauliche Art und Weise den Studierenden die akustischen Grundlagen näherbringt. Wir können damit den Schall sichtbar machen“, sagt Sebastian Rothe.

Muster im Sand

Wie aber kann man den Schall sichtbar machen? Dazu wird die Platte in der Mitte monofrequent zu Schwingungen angeregt. „Wird eine Eigenfrequenz der Platte getroffen (Resonanz), wird die Betriebsschwingform hauptsächlich durch die dazugehörige Eigenform bestimmt. Vereinfacht gesagt, bilden sich stehende Wellen mit Bereichen hoher und geringer Schwingungsamplitude auf der Platte aus“, erklärt Rothe. Während der Sand in Bereichen mit hoher Schwingungsamplitude weggeschleudert wird, sammelt er sich in den Bereichen mit niedriger Schwingungsamplitude. Auf diese Weise können die Betriebsschwingformen sichtbar gemacht werden. Zu jeder Resonanzfrequenz gehört eine charakteristische Betriebsschwingform. Die sich ergebenen Muster nennt man „Chladnische Klangfiguren“. Wo diese Resonanzfrequenzen liegen, ist von der Geometrie und dem Material der Platte abhängig.

Was alles im Akustiklabor erforscht wird

Im Akustiklabor geht es um die experimentelle Charakterisierung des Luft- und Körperschallverhaltens von Festkörpern. Hauptsächlich werden Körperschalluntersuchungen und Materialcharakterisierungen durchgeführt.

„Beispielsweise nutzen wir Lasermesstechnik, um die Verteilung der Schallschnelle von Oberflächen schwingungserregter Strukturen zu vermessen und diese zum Beispiel mit Simulationsdaten abzugleichen“, sagt Rothe.

Ein weiterer wichtiger Teil sei die Bestimmung von frequenzabhängigen Materialparametern wie die Dämpfung (Kann ein Material den Schall gut oder schlecht dämpfen?) oder des Elastizitätsmoduls von Materialien (Wie steif reagiert ein Material unter Krafteinwirkung?). Auch der Absorptionsgrad, also wie stark Schall „geschluckt“ wird, sowie der Strömungswiderstand von porösen Medien (z.B. Metallschäume, Kunststoffschäume) werden gemessen, um diese Daten wiederum in Simulationen nutzen zu können.

Breite Zusammenarbeit an der TU

Das Institut für Akustik ging aus einer Arbeitsgruppe am Institut für Konstruktionstechnik (IK) hervor. „Aus dieser Tradition heraus arbeiten wir eng mit dem IK zusammen“, so Rothe. Die Akustik-Expertise ist gefragt. So gab es bereits Projekte mit dem Institut für Dynamik und Schwingungen (IDS), das Institut für Werkstoffe (IFW), das Institut für rechnergestützte Modellierung im Bauingenieurwesen (IRMB), das Institut für Betriebssysteme und Rechnerverbund (IBR) und das Institut für Thermodynamik (IFT). „Zudem sind wir Teil des Graduiertenkolleg 2075 und des Projektes Suresoft sowie in verschiedenen Zentren wie dem NFF, NFL und MUSEN eingebettet.“

Akustische Simulationen im Exzellenzcluster

Der Exzellenzcluster SE2A der TU Braunschweig forscht zu einer nachhaltigen Luftfahrt. Lärmreduktion ist dabei ein zentraler Baustein. Zwei Kollegen arbeiten im Exzellenzcluster mit, um akustische Simulationen an zukünftigen Flugzeugkonzepten durchzuführen. Zum einen geht es um die Lärmbewertung von Schallemissionen in die Umgebung von Flughäfen. Die Zusammenarbeit mit dem DLR in Göttingen und in Braunschweig erlaubt dabei eine ganzheitliche Betrachtung vom Triebwerk bis zur Flugzeugflotte. Zum anderen werden vibroakustische Simulationen des Schalldruckpegels in der Passagierkabine aufgesetzt, um den akustischen Fortschritt der neuen Technologien zu bewerten. Auch machen enge Kooperationen innerhalb des Projektes eine umfassende Berücksichtigung verschiedener Lärmquellen und Details der Flugzeugkonfigurationen möglich (z.B. mit DLR Braunschweig, Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen (IFAS), Institut für Flugzeugbau und Leichtbau (IFL)).