1. August 2023 | Magazin:

Bild des Monats: Leuchtende Schimmelpilze Aus dem Institut für Genetik

Pilze sind echte Alleskönner. Auf der einen Seite produzieren sie medizinische Wirkstoffe wie Penicillin und bereichern unser Nahrungsangebot. Auf der anderen Seite können sie aber auch gefährlich für den Menschen werden. Expert*innen gehen davon aus, dass Infektionen mit krankheitserregenden Pilzen, wie Candida albicans und Candida auris, zunehmen werden. Im schlimmsten Fall können solche Infektionen tödlich verlaufen. Um pilzliche Pathogene besser zu verstehen, forscht Lucas Well, Doktorand am Institut für Genetik, am harmlosen Roten Brotschimmelpilz Neurospora crassa. Genetisch-veränderte Stämme, wie sie in unserem Bild des Monats zu sehen sind, sorgen dabei für ein besseres Verständnis von Pilzzellen.

Mutierte Hyphen des Roten Brotschimmelpilzes Neurospora crassa, die durch die Veränderung des Gens cot-1 stark verästelt wachsen. Bildnachweis: Lucas Well/TU Braunschweig

Eigentlich wachsen Zellen von Neurospora crassa in langgezogen Zellsträngen, sogenannten Hyphen, polar in eine Richtung. Dass dies auf unserem Bild des Monats nicht der Fall ist, hängt mit dem Gen cot-1 zusammen. Lucas Well, Doktorand am Institut für Genetik, hat die Aktivität des Gens und des daraus resultierenden Proteins in dieser Mutante des Roten Brotschimmelpilzes stark eingeschränkt, um zu untersuchen, welche Funktion es in den Pilzzellen hat. Als Resultat entsteht die auf dem Bild des Monats zu sehende, stark verästelte Struktur. Mykolog*innen, also Pilzforscher*innen, sprechen hier von „Hyperbranching“. Zudem sind die Pilzzellen der Mutante verkürzt und die Septen, also die Zellwände, deutlich verdickt im Vergleich zu den Zellen des Wildtyps. Damit diese Veränderungen sichtbar werden, hat Lucas Well die Hyphe mit einem Farbstoff eingefärbt, mit UV-Licht zum fluoreszieren gebracht und schließlich mit einem hochauflösenden Mikroskop Bilder der Pilzmutante erstellt.

Hyphen des unmutierten Wildtyps von Neurospora crassa. Bildnachweis: Lucas Well/TU Braunschweig

„Berühmtester Modellorganismus der Pilzwelt“

Neurospora crassa ist besonders beliebt bei Mykolog*innen. Er ist gesundheitlich völlig unbedenklich und wird in Indonesien sogar zur Fermentierung von Erdnüssen und Sojabohnen genutzt. „Darüber hinaus ist er anspruchslos an seine Umgebung, wächst sehr schnell und lässt sich leicht genetisch verändern. Das macht ihn zum beliebtesten Modellorganismus in der Pilzwelt“, erklärt Well.

Der deutsche Name „Roter Brotschimmelpilz“ ist übrigens irreführend. Es handelt sich nicht um den „Gemeinen Brotschimmel“, der auf Nahrungsmitteln wächst. Vermutlich geht der Name „Roter Brotschimmel“ darauf zurück, dass der Pilz hohe Temperaturen verträgt und so auf verbranntem Brot zu finden ist. Normalerweise ist der Pilz einer der ersten Organismen, der Waldbrandflächen besiedelt, bevor er dann nach kurzer Zeit von Bakterien und Insekten zersetzt wird.

Neurospora crassa in einer Petrischale. Die rötliche Färbung entsteht, wenn der Pilz Licht ausgesetzt wird. Bildnachweis: Lucas Well/TU Braunschweig

Übertragbarkeit auf pathogene Pilzarten

Die Ergebnisse aus der Forschung am harmlosen Schimmelpilz Neurospora crassa könnten sich später auch auf gefährlichere Pilzarten, wie Candida albicans und Candida auris übertragen lassen. Beide sind für Menschen mit einem gesunden Immunsystem zwar unbedenklich, bei Schwächungen des Immunsystems durch Krankheiten oder einer künstlichen Immunsuppression nach einer Organtransplantation kann eine Infektion mit beiden Pilzarten allerdings tödlich verlaufen. Darüber hinaus sind sie äußerst resistent und lassen sich nicht mit herkömmlichen Wirkstoffen gegen Pilzinfektionen behandeln. Je besser also die Funktionsweise von Pilzzellen erforscht ist, desto effektiver können auch pathogene Pilzarten bekämpft werden.