24 Bücher bis Weihnachten – I (1. bis 6. Dezember) Adventskalender: Jeden Tag eine Buchempfehlung
Theater, Kinos und Kneipen sind geschlossen, Konzerte und Weihnachtsmärkte abgesagt. Zeit, um nach all den digitalen Meetings mal wieder ein gutes Buch in die Hand zu nehmen. Deshalb haben wir Mitarbeiter*innen und Studierende unserer Universität nach ihren Literatur-Empfehlungen gefragt und diese in einem Adventskalender versteckt.
In Island ist es übrigens Tradition, zu Weihnachten vor allem Bücher zu verschenken und die Weihnachtsnacht gemeinsam lesend zu verbringen. Die Bücherflut mit Neuerscheinungen vor Weihnachten hat sogar einen eigenen Namen: Jólabókaflóðið.
Hinter dem ersten Türchen unseres Kalenders verbirgt sich eine Empfehlung von Jan Standke, Professor für Didaktik der deutschen Literatur am Institut für Germanistik und Vorsitzender der Kritikerjury des Deutschen Jugendliteraturpreises. Im Interview hat er uns erzählt, was gute Kinder- und Jugendbücher ausmachen. Sein Tipp: „Konkrete, altersbezogene Empfehlungen, auf die man sich verlassen kann, finden sich auf den Nominierungslisten des Deutschen Jugendliteraturpreises. Und die besten Ratgeber zum Jugendbuch sind nach wie vor gut informierte Buchhändlerinnen und Buchhändler, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Bibliotheken.“
Weiter geht’s mit den Buchempfehlungen ab Türchen 7 auf dieser Seite.
Türchen 6
Ghizlane Douma
Hiwi im International House
1984: Apartheid in Südafrika. Trevor Noah, heute weltbekannter Comedian, kommt als „gemischtrassiges“ Kind in Johannesburg zur Welt. In seiner Autobiographie schildert er seine Erfahrungen aus einer Zeit, in der seine bloße Existenz als Beweis für kriminelles Verhalten galt. Warum sollte ich ein Buch mit so einem herausfordernden Thema für die Weihnachtszeit empfehlen? Nun ja, 2020 war ein hartes Jahr für so viele Menschen auf der ganzen Welt und sicher auch für einige von Ihnen, die diesen Beitrag jetzt lesen. Noah vermittelt uns in seiner Biographie aber eben auch, wie wichtig es ist, die positiven Seiten der Dinge zu sehen und überträgt diese Gefühle der Hoffnung und Freude meisterhaft auf die Leser*innen.
Trevor Noah: Born a Crime.
Türchen 5
Michael Kraft
Leiter des Botanischen Gartens
Dieses faszinierende Buch bekam ich vor einiger Zeit vom Leiter der Botanik der Wilhelma Stuttgart zur Begrüßung einer Tagung überreicht. Beim Lesen wurde selbst ich – Naturliebhaber von Kindheit an – sehr schnell auf eine Reise durch die spannende Welt der Botanik mitgerissen. Pflanzen nehmen ganz genau wahr, was um sie herum geschieht. Ihre Uhren gehen sehr viel langsamer als unsere, dabei übersehen wir leicht, wie lebendig sie doch sind. Pflanzen sehen, tasten, riechen, schmecken, übermitteln Botschaften, treffen Entscheidungen. Sie bewegen sich absolut zielstrebig, sichern ihre Fortpflanzung durch süße Verführung, halten sich Wachdienste und bekämpfen Konkurrenten mit Gift und Feuer. Dieses Buch empfehle ich allen, die die Natur schlichtweg lieben, und allen anderen, damit sie durch das Buch zu Naturliebhabern werden.
Volker Arzt: Kluge Pflanzen: Wie sie locken und lügen, sich warnen und wehren
Türchen 4
Rania Rayyes
Doktorandin am Institut für Robotik und Prozessinformatik
Vor fünf Jahren kam ich nach Deutschland und schloss mich der Forschungsgruppe von Professor Jochen Steil an, um mein Studium und meine wissenschaftliche Karriere fortzusetzen und meiner Leidenschaft für Robotik und Künstliche Intelligenz zu folgen. Eines der ersten Bücher, das ich zu diesem Thema las, war „Pattern Recognition and Machine Learning“ von Christopher M. Bishop. Dieses Buch bedeutet mir sehr viel. Ich habe es zuerst als Studentin gelesen, als ich an der Vorlesung „Maschinelles Lernen“ von Professor Steil teilnahm. Mit dem Buch habe ich interessante Konzepte und wesentliche Grundlagen des maschinellen Lernens erkundet und bin jetzt als Übungsleiterin für dieselbe Vorlesung wieder auf dieses Buch zurückgekommen. Ich würde dieses schöne Buch jedem und jeder empfehlen, der oder die neugierig ist auf das Thema „Maschinelles Lernen“ und sich dieses interessante Feld erschließen möchte. Es ist online verfügbar und man kann es kostenlos herunterladen.
Christopher M. Bishop: Pattern Recognition and Machine Learning.
Türchen 3
Robert Strötgen
Stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek
Ganz frisch ist der achte Roman aus der Gereon-Rath-Krimireihe von Volker Kutscher auf meinem Lesestapel gelandet. Man muss die Fernsehserie „Babylon Berlin“ nicht mögen, um Gefallen an den Romanen zu finden – es schadet aber auch nicht. Ich selbst mag die detail- und kenntnisreich erzählten Bücher sehr viel lieber. Durch alle Bände zieht sich die zunehmende Verstrickung von Gereon Rath und Charlotte Ritter in persönliche, berufliche, kriminelle und politische Irrungen und Wirrungen. Besonders im neuen Band ist der Rahmen des sich weltoffen präsentierenden Nazi-Deutschlands während der Olympischen Spiele 1936, während sich im Hintergrund die Schlinge für die Gegner immer brutaler zuzieht. Nicht immer nur schön, nicht immer plausibel, aber dabei ein sehr kurzweiliges Lesevergnügen für zeitgeschichtlich interessierte Krimi-Freund*innen.
Volker Kutscher: Olympia.
Türchen 2
Diana Herz
Physiklaborantin im LENA/Institut für Halbleitertechnik
Wir befinden uns in einer Gegenwart, die voller Unsicherheiten ist und zudem stehen wir vor der Aufgabe, eine Idee für eine bessere Zukunft zu entwickeln. Der Historiker Yuval Noah Harari zeigt durch sein kluges Zusammenspiel aus historischen Wahrheiten und Visionen der Zukunft, wie wir unser „Hier und Jetzt“ durch Klimaveränderungen, Digitalisierung und soziale Krisen führen. Dabei ergründet er ganz nebenbei, dass wir der Wissenschaft vertrauen können, denn sie kann auf jede Frage eine Antwort finden. Ich finde, es tut wahrscheinlich allen gut, in Zeiten von Corona auch einmal über einen anderen Horizont der Gegenwart nachzudenken.
Yuval Noah Harari: 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert.
Türchen 1
Prof. Dr. Jan Standke
Professor für Didaktik der deutschen Literatur am Institut für Germanistik
Wer im Chaos der letzten Wochen und Monate einen literarischen Lichtblick sucht, ist mit „Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte“ bestens bedient. Selten wurde vom Wahnsinn unserer Welt und vom Wahnsinn des Erwachsenwerdens so witzig erzählt wie von Dita Zipfel. Was die fast 13jährige Lucie in diesem Roman erlebt, welchen absurd-komischen Figuren sie begegnet, aber vor allem: mit welcher hinreißenden Frechheit sie die Welt beobachtet und durchschaut – das ist einfach auf jeder Romanseite großartig. Mit den grandiosen und anspielungsreichen Illustrationen von Rán Flygenring entsteht ein wahres Gesamtkunstwerk. Ein Buch, das mitwächst und an dem die Leser*innen wachsen. Ein literarischer Glücksfall für generationenübergreifenden Lesespaß, der mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2020 ausgezeichnet wurde.
Dita Zipfel mit Illustrationen von Rán Flygenring: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte.