Wie aus Staub Planeten entstehen Physiker aus Braunschweig und Japan simulieren im Labor Prozesse bei der Planetenentstehung
Staubklumpen gelten als Baustoff bei der Entstehung von Planeten. Über diesen Prozess ist noch vieles unbekannt. Dazu muss die Forschung erst verstehen, wie sich diese Klumpen physikalisch, zum Beispiel bei einem Zusammenprall, verhalten. Professor Hiroaki Katsuragi, ein Experte für Granularphysik von der Nagoya University in Japan, und Professor Jürgen Blum von der Technischen Universität Braunschweig haben dazu einen experimentellen Ansatz entwickelt. Ihre Erkenntnisse wurden im Magazin „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Nach Modellen von Astrophysikern entstehen aus Staubkörnchen im Weltraum immer größere Klumpen, bis ein neuer Himmelskörper entsteht. Durch seine wachsende Schwerkraft zieht er weiteren Staub an und wächst. Stößt der Himmelskörper mit anderen Fragmenten oder Planetenvorstufen zusammen, entstehen Trümmerstücke und schließlich wieder Staub. Um mehr zu erfahren, wie sich Staubklumpen und Partikel bei Kollisionen verhalten und entsprechend zur Planetenbildung beitragen, haben Professor Hiroaki Katsuragi von der Nagoya University, Japan, und Professor Jürgen Blum vom Institut für Geophysik und Extraterrestrische Physik (IGEP) an der TU Braunschweig Experimente durchgeführt – im Labor auf der Erde.
Professor Blum konstruierte dazu einen 1,5 Meter hohen Fallturm, der unter Mikrogravitations- und Vakuumbedingungen wie im Weltraum betrieben wird. Dann schossen die Wissenschaftler vom oberen Rand des Turmes ein milimetergroßes Projektil auf einen frei fallenden Klumpen Staubpartikel, ein sogenanntes Cluster. Dabei filmte eine Hochgeschwindigkeitskamera mit 3000 Bildern pro Sekunde, wie das Projektil auf den Klumpen prallte und den Cluster auseinander brach. Sie wiederholten das Experiment mit Projektilen aus Plastik, Blei und Glas verschiedener Größen, die entweder auf porösen Staub oder dichte, starre Glasperlen trafen.
Das Duo aus Granular- und Planetenphysiker analysierte die stoßinduzierte Ausdehnung der Partikel. Die Expansionsdynamik von porösen Clustern (lose Partikel) stimmte mit der von starren Clustern überein. Die hierarchische Struktur des dichten, starren Materials hatte demnach keinen Einfluss auf die Dynamik des Aufpralls. Durch die Kollision wurden etwa zwei bis sieben Prozent der kinetischen Energie des Projektils auf das Cluster übertragen. Das Projektil behielt etwa 15 Prozent seiner Vorkollisionsenergie, wobei der Rest der Energie durch Verformung oder Wärme abgeführt wurde.
Die Experimente von Blum und Katsuragi deuten darauf hin, dass sich universelle Regeln für alle Kollisionen ableiten lassen – unabhängig von Größe und Material des Projektils und von der Partikelart. „Durch diese universellen Regeln lassen sich unsere Ergebnisse auch auf die uns unbekannten Körper in fremden Planetensystemen anwenden. Wir können damit viel besser als zuvor vorhersagen, was bei Kollisionen dort geschieht“, sagt Professor Blum.