7. Januar 2011 | Presseinformationen:

Sprengung in der Tiefe – Rückschlag für die Expedition: Sebastian Ehmanns Logbuch Teil 4

„Jetzt komme ich zu den Schwierigkeiten, die Tiefseebohrungen so mit sich bringen,“ schreibt Sebastian Ehmann. Zwei Kilometer unter der Meeresoberfläche sucht das Team der Joides nach Spuren der Erdgeschichte. Die Bohrungen in dieser Tiefe sind riskant. Teil 4 seines Logbuchs berichtet vom ersten derben Rückschlag. Neben teurer Ausrüstung gehen auch wertvolle Messdaten verloren.

„Am 29.12. war die erste Bohrung schon relativ weit fortgeschritten. Der Bohrkopf wurde bei 145 mbsf (meter below seafloor) ausgetauscht und die Bohrung ging weiter bis auf 233 mbsf. Allerdings hatten wir relativ brüchige Gesteinsschichten durchbohrt, aus denen einzelne Gesteinsbrocken ausgebrochen waren und sich zwischen Bohrgestänge und Bohrlochwand festgesetzt hatten. Deswegen wurde versucht, durch einen sogenannten “Wiper Trip”, bei dem das Bohrgestänge hoch und runter bewegt wird und dabei ständig Bohrspülung durch das Loch gepumpt wird, die Gesteinsbrocken zu lösen. Dies schlug jedoch fehl, und das Bohrgestänge blieb bei 205 mbsf stecken und ließ sich nicht mehr loslösen. Nach über zwölf Stunden, in denen alles versucht wurde, um die Bohrung wieder in Gang zu bringen, wurde entschieden, die Bohrung aufzugeben. Allerdings hingen zu diesem Zeitpunkt ja noch mehr als zwei Kilometer Gestänge am Schiff. Damit zumindest ein Teil gerettet werden konnte, wurde beschlossen, die untersten 117 Meter des Gestänges, das sogenannte Bottom Hole Assembly (BHA) abzusprengen (das wiegt etwa 22.000 Kilogramm, nur so zur Größenabschätzung). Dazu wurde eine Sprengladung in das Gestänge herabgelassen, wobei es gar nicht so einfach ist, vom Schiff aus zu erkennen, ob die Ladung an der richtigen Stelle ist.

Die Vorbereitung der Sprengung dauerte etwa einen Tag, während dieser Zeit wurden alle Funkverbindungen gekappt und Handys eingesammelt, um zu verhindern, dass ein durch Funk im Kabel induzierter Strom die Sprengladung vorzeitig zündet (die Sprengung selbst war dann relativ unspektakulär, da man bei zwei Kilometern Wassertiefe nichts davon mitbekommen hat).

Anbei zwei Bilder zur Sprengung (so etwas sieht man ja nicht alle Tage): Im ersten sieht man das Ende des Bohrgestänges, das an die Oberfläche gebracht wurde. Im zweiten sieht man das sogenannte Severing Tool, mit dem die Sprengladung nach unten gebracht wurde. Im hinteren Bildbereich die Reste des Tools, die wieder nach oben gekommen sind, im vorderen Bildbereich eine intakte Version. Man sieht, dass beim hinteren Tool das vordere Ende fehlt, in dem der Sprengstoff untergebracht war und dass es insgesamt durch den Druck der Explosion kürzer geworden ist. Mich hat aber überrascht, dass überhaupt etwas nach oben gekommen ist , vor allem, nachdem ich den Schaden am Bohrgestänge gesehen habe …

Was bedeutet das jetzt für die Expedition? Zuerst einmal, dass Ausrüstung im Wert von etwa 90.000 Dollar im Pazifik liegt, zum anderen, dass Teile der wissenschaftlichen Ziele der ersten Bohrung nicht erfüllt werden konnten. Für mich bedeutet es, dass ich aus dieser Bohrung keine Daten gewinnen konnte, da die geophysikalischen Bohrlochmessungen ganz am Ende einer Bohrung stattfinden. Und da die Bohrung instabil ist und vor allem größtenteils vom Bohrgestänge versperrt, konnten wir nicht messen. Die Geologen hier an Bord sind aber mit den bisherigen Ergebnissen schon sehr zufrieden.

Mit solchen Rückschlägen wird aber auch gerechnet. Inzwischen befinden wir uns seit vier Tagen über einem anderen Seamount vergleichbaren Alters, der etwa 14 Stunden von der ersten Bohrung entfernt ist und haben eine neue Bohrung gestartet. Für jede der vier geplanten Bohrungen gibt es einige Alternativen, die für solche Fälle zur Verfügung stehen. Falls hier wieder etwas schiefgehen sollte, haben wir eine weitere Alternative, die nur fünf Meilen von unserer jetzigen Position entfernt ist.

Das letzte Bild zeigt einen absolut traumhaften Sonnenuntergang, den wir vor zwei Tagen hatten. So etwas entschädigt für so ziemlich alle Probleme, die sich auf so einer Reise ergeben können 🙂

Einen schönen Gruß von 28  Grad 35.7489′ Süd, 173 Grad 22.8313′ West!