Norddeutscher Wissenschaftspreis geht auch nach Braunschweig Forschungsprojekt „Homeo-Hirn“ mit zweitem Preis ausgezeichnet
Über den Norddeutschen Wissenschaftspreis freuen sich Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Braunschweig. Am Montagabend ist in Hamburg das Forschungsprojekt „Homeo-Hirn“ mit dem zweiten Preis, dotiert mit 100.000 Euro, ausgezeichnet worden. Hier untersuchen Forschende die Homöostase von Gehirnzellen. Eine Störung dieses Gleichgewichtszustands kann unter anderem Ursache für Alzheimer und andere Demenzformen sein. Der mit 150.000 Euro dotierte erste Preis ging an das Verbundprojekt „CIMMS“ der Technischen Universität Hamburg im Bereich Materialwissenschaft.
Seit 2012 verleihen die norddeutschen Länder Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie die Freie Hansestadt Bremen und Hansestadt Hamburg den Norddeutschen Wissenschaftspreis für Forschungskooperationen. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt im Bereich der Ingenieurwissenschaften.
Das ausgezeichnete Projekt „Homeo-Hirn“ verbindet die Arbeit von drei Forschungszentren der TU Braunschweig – das Braunschweiger Zentrum für Systembiologie (BRICS), das Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) und das Laboratory for Emerging Nanometrology (LENA). Beteiligt an dem Projekt sind außerdem das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), das Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin und die Universität zu Lübeck.
„Der Preis ist eine wichtige Unterstützung für die interdisziplinäre Forschung zwischen Neurowissenschaften, Wirkstoff- und Infektionsforschung mit unseren Ingenieurwissenschaften an der TU. Wir versuchen hier auf der einen Seite biomedizinische Messinstrumente auf internationalem Niveau zu verbessern. Aber wir arbeiten auch daran, das komplexe Zusammenspiel der Nervenzellen in Gehirnen genauer zu analysieren, um dann daraus abgeleitet Prozesse der Aufrechterhaltung eines inneren Gleichgewichtes (Homeostase) besser zu verstehen. Dies ist wichtig, um dann wie im Falle einer Infektion oder beim Auftreten der Alzheimerkrankheit zu ergründen, wie man das Gleichgewicht im Konzert neuronaler Kommunikationsprozesse wiederherstellen kann“, sagt der Neurobiologe Prof. Martin Korte, Initiator und Leiter des Projekts „Homeo-Hirn“ und zugleich Sprecher des Forschungsschwerpunktes Engineering for Health an der TU Braunschweig.
„Die Würdigung für ‚Homeo-Hirn‘ mit dem Norddeutschen Wissenschaftspreis hat besonders große Freude bei mir und uns an der TU Braunschweig ausgelöst – nicht nur, weil drei große TU-Forschungszentren sowie wichtige Partner*innen aus der Forschungsregion daran beteiligt sind, sondern weil auch die gemeinsame Forschung an einem drängenden Problem in unserer Gesellschaft sichtbarer wird. Zudem zeigt es, dass die zukunftsweisende Entscheidung, Ingenieurwissenschaft und Gesundheit im Forschungsschwerpunkt ‚Engineering for Health‘ noch enger zu verbinden, strategisch genau richtig war“, sagt Prof. Angela Ittel, Präsidentin der TU Braunschweig.
Mehr zu „Homeo-Hirn“
Das menschliche Gehirn besteht aus 83 Milliarden Nerven- und ebenso vielen Gliazellen (die die Neurone in ihrer Arbeit unterstützen und auch das Immunsystem des Gehirns beinhalten). Ihr inneres Milieu wird durch fein abgestimmte Stoffwechselvorgänge in einem Gleichgewichtszustand gehalten, der sogenannten metabolischen Homöostase. Vor allem Erkrankungen im Alter haben ihre Ursache unter anderem darin, dass die metabolische Homöostase der Gehirnzellen gestört wird. Da setzt das Projekt „Homeo-Hirn“ an: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen untersuchen, wie Zellkörper, Dendriten, Axone und Synapsen untereinander und mit den Gliazellen zusammenwirken und welche Auswirkungen eine gestörte metabolische Homöostase, zum Beispiel nach einer Infektion, auf das Gehirn hat.
Um solche Prozesse in lebenden Nervenzellen beobachten zu können, fehlen bisher präzise Messinstrumente. Die will das Forschungsteam jetzt in dem interdisziplinären Projekt entwickeln. Dafür arbeiten Forschende aus der Neurobiologie, der Systembiologie, der Chemie und den Ingenieurswissenschaften wie Maschinenbau und Elektrotechnik zusammen.
Das Projekt wird vom Land Niedersachsen und der VolkswagenStiftung mit 1,4 Millionen Euro aus dem „Niedersächsischen Vorab“ der VolkswagenStiftung gefördert.
Über den Norddeutschen Wissenschaftspreis
Der Preis wird seit 2012 zunächst jährlich und seit 2018 alle zwei Jahren verliehen. Damit sollen norddeutsche Netzwerke in der Wissenschaft gefördert und ihre Leistungsfähigkeit über die Ländergrenzen hinaus bekannter werden. In diesem Jahr richtet Hamburg den Norddeutschen Wissenschaftspreis aus. Als Wettbewerbsbeiträge konnten Kooperationsprojekte aus allen Gebieten der Ingenieurwissenschaften – wie Produktionstechnik, Mechanik, Verfahrens- oder Werkstofftechnik, Materialwissenschaft, Informatik, Bauwesen oder Architektur – sein. Vorgeschlagen werden die Kooperationen durch eine wissenschaftliche Auswahlkommission. Die Entscheidung über die Preisträger*innen treffen die Wissenschaftsminister*innen und Wissenschaftssenator*innen der Norddeutschen Wissenschaftsministerkonferenz.