Hochauflösende Radare für den Fahrzeuginnenraum Insassenerkennung vom Reißbrett bis zur Anwendung
Ein im Auto vergessenes Kind, Sekundenschlaf am Steuer: Für mehr Sicherheit richtet sich die Wahrnehmung eines Fahrzeugs zunehmend auch nach innen. Allerdings erkennt die Sensorik bislang nur, dass etwas da ist. Um komplexe Szenarien bewerten zu können, braucht es eine neue Generation kompakter Radargeräte. Im Projekt SICHER entwickelt das Institut für CMOS Design der Technischen Universität Braunschweig daher die Grundlage für zuverlässige Sensoren, die sogar in autonomen Bussen eingesetzt werden sollen.
Acht Projektpartner arbeiten im Projekt „SICHER – Sensorische Insassenerkennung für ein sicheres autonomes Fahren durch Radar“ zusammen. Gemeinsam bringen sie in drei Jahren eine neue Generation von Radarsensoren vom Reißbrett in die Anwendung.
Als Ziel haben sie vor allem zwei Szenarien vor Augen. Szenario eins beschreibt die Sensorik in einem PKW. Ein hochauflösendes Radar liefert dann Daten darüber, wie müde oder gestresst die fahrende Person ist. Ebenso kann dieser Radar die anderen Insassen erkennen und einschätzen, ob ein hilfsbedürftiges Kind oder ein handlungsfähiger Erwachsener gerade im Auto zurückgelassen wurde.
In Szenario zwei stehen autonom fahrende Busse im Mittelpunkt. Bei jedem Stopp muss der Bus erkennen, ob jemand ein oder aussteigen möchte. Im Zweifel sollte der Bus zudem nicht auf ein Nothaltesignal warten, sondern Gefahren schnell erkennen und anhalten.
Multiple-Input Multiple-Output
Damit Radar nicht nur Objekte, sondern auch müde Autofahrende erkennt, muss allerdings einiges passieren. Dieser Prozess beginnt im Institut für CMOS Design der TU Braunschweig. Die Forschenden um Professor Vadim Issakov arbeiten daran, die Radarsensoren effizienter, kompakter und zugleich standardisiert zu machen. Dafür setzen sie auf MIMO-Radare (Multiple-Input Multiple-Output) bei hoher Frequenz. „Bei MIMO geht es darum, mehrere Radar-Module für eine besonders hohe Auflösung miteinander zu verschalten. Zusätzlich visieren wir die Frequenzen im sogenannten D-Band (116-148 Gigahertz) an, um eine maximal große Bandbreite und dadurch wiederum bessere Auflösungen zu bekommen“, sagt Professor Vadim Issakov.
Technologisch ist der Fortschritt dabei nicht nur von immer leistungsfähigeren Frequenzen geprägt, sondern auch durch die Auswahl des zugrundeliegenden Materials und der Schaltungstechnik. Issakov: „Im Mobilfunk konnten wir in den letzten Jahren beobachten, wie die bisherigen Silizium-Germanium-Architekturen (SiGe) durch die CMOS-Architektur überholt wurden. Radarschaltungen waren anfangs in Galliumarsenid, einem noch kostenaufwändigerem Material, mit der HBT-Technologie konstruiert. Mittlerweile hat sich auch hier SiGe und die BiCMOS-Technologie festgesetzt. Wenn wir nun im SICHER-Projekt Radar in CMOS realisieren, wäre das potenziell ein Schub für eine ganze Branche.“
Über das Projekt
Das Projekt „SICHER – Sensorische Insassenerkennung für ein sicheres autonomes Fahren durch Radar“ startete im Juli 2023 für drei Jahre. Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt die acht Projektpartner dabei mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 10 Millionen Euro. Die TU Braunschweig erhält davon anteilig rund 1 Millionen Euro für das Teilvorhaben „Entwurf integrierter Schaltungen für Radar Transceiver“. Weitere Projektpartner sind Infineon Technologies AG, Valeo Schalter und Sensoren GmbH, Gestigon GmbH, IHP-Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik, TU Hamburg, Silicon Radar GmbH und Adap GmbH.