Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Johannes Wienand Die Rückkehr des Kreuzes. Herrschaft, Raum und Religion in der ausgehenden Antike
Prof. Dr. Johannes Wienand, Institut für Geschichtswissenschaft der Technischen Universität Braunschweig, hält seine Antrittsvorlesung „Die Rückkehr des Kreuzes. Herrschaft, Raum und Religion in der ausgehenden Antike“ am
Mittwoch, 30. Januar 2019, um 17.00 Uhr,
Aula, Pockelsstr. 11, Haus der Wissenschaft, 38106 Braunschweig.
Konstantinopel und Jerusalem waren die beiden bedeutendsten kaiserlichen Stadtneugründungen der ausgehenden Antike: Die Herrscherresidenz am Bosporus entwickelte sich zum neuen Machtzentrum des spätantiken Imperium Romanum, während kaiserliche und kirchliche Förderung an den Orten des biblischen Heilsgeschehens in und um Jerusalem herum ein „Heiliges Land“ entstehen ließ. Doch während die oströmischen Herrscher fast durchgängig in Konstantinopel präsent waren, reiste über dreihundert Jahre hinweg kein einziger dieser christlichen Monarchen ins Heilige Land. Erst im Jahr 630 begab sich Kaiser Herakleios (reg. 610–641) als erster und einziger römisch-byzantinischer Herrscher persönlich nach Jerusalem, um dort die Reliquie des „Wahren Kreuzes“ zu restituieren, die zuvor von den Persern verschleppt worden war. Den kostbaren Gegenstand hatte der Kaiser im Zuge der Friedensverhandlungen zurückerlangt, mit denen die Großmächte einen Krieg beendeten, der beide Seiten an den Rand des Abgrunds geführt hatte. Die „restitutio crucis“ (Kreuzrestitution) ist eine der eindrücklichsten Siegesinszenierungen der ausgehenden Antike, und der kaiserliche Einzug in die Heilige Stadt hat bis in die Neuzeit hinein einen überaus breiten Niederschlag in Kunst und Literatur gefunden. Ziel des Vortrags ist es, die politische Semantik dieser singulären politisch-religiösen Inszenierung zu deuten. Wie sich zeigen wird, kam Herakleios nach seinem epochalen Erfolg im Kampf gegen die Perser politisch geschwächt aus den jahrelangen Feldzügen in die Hauptstadt des Imperiums nach Konstantinopel zurück. Dass er wenige Monate nach seiner Rückkehr erneut ins Heilige Land aufbrach, wird sich als (vergeblicher) Versuch erweisen, verlorene Deutungsmacht zurückzugewinnen.
Zur Person
Johannes Wienand ist seit 2018 Professor für Alte Geschichte am Institut für Geschichtswissenschaft der TU Braunschweig und Leiter des Münzkabinetts am Herzog Anton Ulrich-Museum. Er studierte von 2000 bis 2006 Geschichte und Philosophie in Tübingen, Wien, Konstanz und Pittsburgh, wurde 2010 in Konstanz mit einer Arbeit über die militärische Repräsentation des römischen Kaisers promoviert, die Doktorarbeit wurde mit dem Bruno-Snell-Preis der Mommsen-Gesellschaft und dem Walter-Hävernick-Preis für Numismatik ausgezeichnet. Er arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Heidelberg (2009 bis 2011) sowie als Akademischer Rat an der Universität Düsseldorf (2011 bis 2018). Forschungsaufenthalte führten ihn unter anderem nach Cambridge, Berlin und Frankfurt a. M. sowie zuletzt als Junior Fellow an das Historische Kolleg in München. Seine Forschungsschwerpunkte sind die athenische Demokratie und die römische Monarchie, der Bürgerkrieg und die antike Münz- und Medaillonprägung. Johannes Wienand ist Gründer und Sprecher des deutschlandweiten Forschungs- und Digitalisierungsverbunds NUMiD (Netzwerk universitärer Münzsammlungen in Deutschland) und des DFG-Netzwerks „Interner Krieg: Gesellschaft, soziale Ordnung und politischer Konflikt im Altertum“.