Algorithmen gegen Betrug im Online-Handel Mit einer neuen Analyseplattform können Online-Händler Betrügern schnell auf die Schliche kommen
Online-Betrug verursacht jedes Jahr weltweit Schäden in mehrstelliger Milliardenhöhe. Ein Forscherteam von der TU Braunschweig hat eine Analyseplattform entwickelt, die Betrugsmuster entlarvt, ohne dass Händler dafür Bestelldetails und Kundendaten preisgeben müssen. Die Trefferquote liegt bei 75 Prozent.
Wenn Betrüger in Online-Shops unterwegs sind, gehen sie oft nach Schema F vor: Sie bestellen bei vielen Händlern gleichzeitig größere Stückzahlen, nutzen falsche Identitäten, zahlen mit geklauten Kreditkartendaten und sie lassen die Ware an Mittelsmänner liefern. Dabei machen sie sich zunutze, dass Händler untereinander in der Regel keine Informationen austauschen. Dieser Betrugsmasche will ein Forscherteam um Prof. Konrad Rieck von der TU Braunschweig nun die Grundlage entziehen.
„Wir haben eine Analyseplattform entwickelt, die Betrugsmuster auch in pseudonymisierten Daten finden kann“, sagt Rieck. Dabei werden sensible Kunden- und Bestelldaten schon auf Händlerseite zerhackt, codiert und so praktisch unlesbar gemacht. „So bleiben Händlerinteressen und Datenschutz gewahrt“, betont der Wissenschaftler. Zudem entwickelte sein Team Algorithmen, die auch in den kryptischen Datenschnipseln noch Muster erkennen können.
Im Verdachtsfall gibt die Plattform eine Rückmeldung an die betroffenen Händler, die dann die pseudonymisierten Daten zurückübersetzen, die Fälle prüfen und gegebenenfalls bei der Polizei anzeigen können. „Als prophylaktische Maßnahme kann ein Händler außerdem für betroffene Artikelgruppen zum Beispiel keine Rechnungs- oder Kreditkartenzahlungen mehr akzeptieren“, berichtet Rieck.
Die Analyseplattform ist das Ergebnis des 1,1 Millionen Euro schweren Projekts ABBO des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Beteiligt waren neben der TU Braunschweig, ein Online-Handel, die Steinbeis-Hochschule Berlin, die Polizeidirektion Göttingen und das Familienunternehmen Gebrüder Heinemann, Groß-und Einzelhandel, aus Hamburg.
Das TU-Forscherteam prüfte seine Methode an rund anderthalb Millionen Bestellungen eines Online-Händlers. Drei Viertel aller betrugsverdächtigen Bestellungen konnten sie aufdecken. „Natürlich wünschen wir uns noch höhere Trefferquoten, doch das würde zu Lasten der Datensicherheit gehen“, sagt Rieck. Zudem liege die Quote in jedem Fall höher, als die Betreiber von Online-Shops in Eigenregie erreichen könnten.
Kein Wunder also, dass schon viele Händler und Dienstleister bei den Braunschweiger Wissenschaftlern angeklopft haben. Aktuell kooperieren sie mit der Auskunftei SCHUFA, die aus der Analyseplattform ein Produkt machen möchte. Geht der Plan auf, könnten Betrüger künftig ein deutlich schwereres Spiel haben.