Wie Unternehmen Daten gewinnbringend nutzen Frederik Möller ist neuer Juniorprofessor am Institut für Wirtschaftsinformatik
Welche Daten brauche ich? Wie viel sind meine Daten wert? Mit wem möchte ich Daten teilen? Der Umgang mit Daten steht im Mittelpunkt der Forschung von Frederik Möller, seit April 2023 neuer Juniorprofessor für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Data-Driven Enterprise an der TU Braunschweig. Ganz speziell interessiert ihn, wie Anreize für den Datenaustausch zwischen Unternehmen geschaffen werden können. Um was es bei Data Ecosystems, Data Sharing und digitalen Geschäftsmodellen in der Logistik genau geht, erzählt er im Interview.
Herzlich willkommen an der TU Braunschweig, Herr Professor Möller! Sind Sie gut an unserer Universität angekommen?
Zu Beginn eines neuen Jobs gibt es immer wieder ein paar kleinere Hürden. Allerdings haben sich diese bei mir glücklicherweise zeitnah gelegt und ich wurde sehr herzlich und freundlich von den Kolleg*innen der TU Braunschweig empfangen.
Warum haben Sie sich für die TU Braunschweig entschieden?
Mir waren die TU Braunschweig und einige ihrer Professor*innen aus der Forschung und Publikationen in der Wirtschaftsinformatik bereits bekannt. Als dann eine passende Ausschreibung gekommen ist, habe ich mich umgehend beworben und freue mich nun, die Arbeit an einer für mich neuen Universität aufzunehmen.
Wie würden Sie Ihre Arbeit einer fachfremden Person erklären?
In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit einem Thema, das uns alle als Menschen, sowohl im Privatleben als auch in Unternehmen, täglich betrifft: dem Umgang mit Daten. Mich interessiert vor allem, wie Unternehmen diese Daten gewinnbringend nutzen und teilen können. Ein Beispiel dafür sind die globalen Lieferketten, in denen bereits viele Daten ausgetauscht werden, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Allerdings gibt es auch zahlreiche Daten und Informationen, die als sensibel wahrgenommen werden (zum Beispiel Lagerbestände, Produktdaten) und deren Weitergabe hohe Hürden mit sich bringt. Ein Teil meiner Forschung widmet sich genau diesem Phänomen und untersucht, wie Anreize für den Datenaustausch zwischen Unternehmen geschaffen werden können, um so Mehrwerte für alle Beteiligten zu erzeugen. Dabei geht es auch darum, die Potenziale der gemeinsamen Wertschöpfung aus Daten herauszustellen und gleichzeitig Wege zu finden, das erforderliche Vertrauen durch Technologie zu reduzieren, sodass Daten souverän geteilt werden können.
Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschung mit Data Ecosystems, Data Sharing und auch digitalen Geschäftsmodellen in der Logistik. Um was geht es da genau?
In dieser Forschung geht es um die gewinnbringende und kollaborative Nutzung von Daten in der Logistik und in globalen Lieferketten. Die Produkte, die wir täglich nutzen, bestellen und kaufen, müssen irgendwie zu uns gelangen, sei es direkt nach Hause oder in den Einzelhandel. Das bedeutet, dass jeden Tag LKWs durch Deutschland fahren und diese Waren oder Rohstoffe von einer Quelle zu einem Zielort transportieren. Wenn man nun verschiedene Sensoren (beispielsweise Temperatur oder Vibration) zur Überwachung der Qualität des Transportguts einsetzt, entsteht eine Vielfalt an Daten, die miteinander verknüpft werden können.
Daraus lassen sich wiederum verschiedene Applikationen entwickeln, die zum Beispiel die Optimierung von Routen nicht nur nach der benötigten Zeit, sondern auch nach anderen Parametern, wie Nachhaltigkeit, ermöglichen können. Diese Applikationen und neuen Technologien rund um logistische Daten erfordern erfolgreiche Geschäftsmodelle, also eine Kombination aus digitalen Dienstleistungen, die echte Probleme der Kunden lösen und gleichzeitig wirtschaftlich nachhaltig umsetzbar sind.
Was hat Sie dazu bewogen, in diesem Bereich zu forschen?
Ich habe relativ früh erkannt, dass ich gerne an der Schnittstelle zwischen Technologie und Wirtschaft forsche. Es hat mir immer Spaß gemacht, mich mit den Potenzialen von Daten und digitalen Technologien zu beschäftigen, diese aber durch den Geschäftsmodellkontext zu verankern und auch anwendbarer zu machen. Vor allem finde ich spannend, dass man in der Praxis live beobachten kann, wie diese Fragestellungen rund um die Nutzung der Daten den Leuten im wahrsten Sinne des Wortes unter den Nägeln brennen, also: Welche Daten brauche ich? Wie viel sind meine Daten wert? Mit wem möchte ich Daten teilen? In diesem Spannungsfeld aus relevanten praktischen Problemen und einer fundierten und auch theoriegeleiteten Sichtweise aus der Wirtschaftsinformatik fühle ich mich am richtigen Platz.
Was war bislang Ihr schönstes Erlebnis als Wissenschaftler? Was begeistert Sie an Ihrer Forschung?
Meine schönsten Momente waren sicher die großen Meilensteine, wie die Promotion, aber auch der Erhalt des Rufs an die TU Braunschweig. Nicht nur weil damit ein Meilenstein erreicht wurde, sondern weil, zumindest für mich, für diese Ereignisse von meinen ehemaligen Kolleg*innen wirklich großartige Events veranstaltet wurden. Abgesehen von der persönlichen Sichtweise, freue ich mich immer sehr, wenn wissenschaftliche Arbeiten gerade von jungen Doktorand*innen erfolgreich sind. Denn als Doktorvater oder Betreuer ist man Teil dieser Entwicklung, die ja auch durchaus ein paar Jahre dauern kann.
Was macht für Sie gute Lehre aus?
In der Lehre verfolge ich eine klare Philosophie, die ich von meinem Doktorvater Professor Boris Otto gelernt und übernommen habe, weil ich wirklich davon überzeugt bin: Und zwar versuche ich, den Studierenden die theoretischen Grundlagen fundiert zu vermitteln. Allerdings ergänze ich diese durch viele Beispiele, beispielsweise aus meiner eigenen Forschungskarriere, aus der wissenschaftlichen Literatur oder aus dem „echten Leben“. In meinen Übungen arbeite ich weitestgehend interaktiv in Workshopsettings (zum Beispiel mit A0-Postern) und immer an einem Problem aus der Praxis. Deshalb habe ich für meine Lehrveranstaltungen auch fast immer einen Praxispartner.
In diesem Jahr untersuchen die Studierenden den Anwendungsfall Catena-X Automotive Network, bei dem es genau um die Frage geht: Wie kann der Datenaustausch in der Automobillieferkette verbessert werden? Ich finde es auch wichtig, dass die Veranstaltung sowohl für mich als Lehrenden als auch für die Studierenden ein wenig Spaß macht – deswegen sind Beispiele, eine interaktive Übung und auch praktische Probleme für mich die Mittel der Wahl.
Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Wir leben in einer Welt, in der die betriebliche Nutzung von Daten immer wichtiger wird. An dieser Schnittstelle zu arbeiten und zu forschen, ist nicht nur spannend, sondern auch maximal sinnvoll für die berufliche Zukunft. Die Kompetenz zwischen Technologie und Betriebswirtschaft übersetzen zu können, ist zentral für Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik und Technologie-orientiertes Management und unglaublich wichtig in einer rasant wachsenden Datenökonomie.