Wasserstoff im Tank Schadstoffarme und effiziente Wasserstoffmotoren Antriebe der Zukunft?
Gibt es neben Batterie und Brennstoffzelle weitere alternative Antriebskonzepte, die eine klimaneutrale Mobilität ermöglichen? Kann die bereits bekannte Technologie des Wasserstoffmotors diese beiden ergänzen? Für welchen Einsatzbereich ist ein solcher Antrieb geeignet? Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor ist noch ein Außenseiter in der Mobilität der Zukunft, hat als alternativer Antrieb aber Potenzial – zum Beispiel für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen wie Lastkraftwagen, Land- und Baumaschinen. Davon überzeugt ist auch ein Forschungsteam des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen (ivb) der Technischen Universität Braunschweig unter der Leitung von Professor Peter Eilts.
Was ist eigentlich ein Wasserstoffmotor und wie sauber ist er?
Ein Wasserstoffmotor ist ein Verbrennungsmotor, der mit Wasserstoff als Kraftstoff betrieben wird und dabei unmittelbar, wie bei klassischen Benzin- bzw. Dieselmotoren, eine mechanische Drehbewegung erzeugt. Ein Wasserstoffmotor ist somit nicht zu verwechseln mit der Technologie einer Brennstoffzelle, bei der die chemische Energie des Wasserstoffs mit Hilfe von Sauerstoff zunächst in elektrische Energie umgewandelt wird, die dann wiederum eine Elektromaschine antreibt. Stammt der Wasserstoff aus regenerativen Quellen, können Wasserstoffmotoren einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Denn Wasserstoff verbrennt ohne CO₂-Emissionen.
„Die Technologie ist nicht neu“, sagt Professor Eilts. „Bereits vor zwanzig Jahren brachten Hersteller erste Fahrzeuge mit Wasserstoffmotoren in Kleinserien auf die Straße. Doch der Durchbruch der Technologie blieb aus – auch weil es keine Wasserstoff-Infrastruktur gab.“ Infolge der Zuspitzung des Klimawandels ist das Thema Wasserstoff als Kraftstoff inzwischen aber präsenter denn je. Das Innovationslabor „Nachhaltige Wasserstoff-Verbrennungskonzepte“, gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, verfolgt das übergeordnete Ziel, die Wasserstoff-Verbrennung mit innovativen Maßnahmen so schadstoffarm zu realisieren, dass sie aus ökologischer Sicht vollständig gleichwertig mit anderen Wasserstoff-Nutzungspfaden ist.
Innermotorische Lösung statt Abgasnachbehandlung
Im Teilprojekt „Schadstoffarme und effiziente Wasserstoffmotoren“ entwickelt das Forschungsteam des ivb hierfür ein effizientes Brennverfahren an einem Einzylinder-Nutzfahrzeug-Forschungsmotor. „In klassischen Wasserstoffmotoren werden Stickoxide (NOX) mittels einer Abgasnachbehandlung herausgefiltert. Diese Systeme sind allerdings komplex und kostenintensiv“, sagt Nico Höweling, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ivb. „Wir gehen einen anderen Weg und favorisieren ein Hochverdünnungskonzept. Mittels starker Abmagerung, Wassereinspritzung und Abgasrückführung sollen die NOX-Emissionen so deutlich abgesenkt werden, dass Emissionsgrenzwerte bereits innermotorisch eingehalten werden können.“
Wie funktioniert das? „Im Magerbetrieb arbeitet der Motor mit einem mageren Kraftstoff-Luft-Gemisch, also mit einem im Verhältnis zur Luft relativ geringen Kraftstoffanteil“, erläutert Lukas Sagan, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ivb. Im Zylinder entsteht ein deutlicher Überschuss an Verbrennungsluft, der dazu führt, dass die Verbrennungstemperatur sinkt. „Eine niedrige Verbrennungstemperatur wiederum hat zur Folge, dass sich der Anteil an Stickoxiden im Abgas verringert.“
An die Grenzen der Zündfähigkeit langsam herantasten
An ihrem Versuchsmotor will das Forschungsteam außerdem mittels eines vollvariablen Ventiltriebs, einer Wassereinspritzung sowie einer gekühlten Hochdruck-Abgasrückführung in experimentellen und simulativen Untersuchungen die Grenzen der Zündfähigkeit des Wasserstoffs ermitteln und so Verbrennungsanomalien analysieren – auch das ist eine Herausforderung im Projekt. Sagan: „Wasserstoff ist sehr reaktiv und explosiv. Selbstzündungen wollen wir unbedingt vermeiden. Wir werden uns daher in unseren Experimenten langsam an die Grenzen herantasten.“ Zurzeit ist das Forschungsteam des ivb dabei, den Prüfstand umzubauen. Die experimentellen Versuchsreihen sollen im Mai 2022 starten.
Eine Steigerung der spezifischen Leistung des Motors bei gleichzeitig niedrigen NOX-Emissionen wollen die Forschenden mittels eines innovativen, effizienten und kompakten Hochaufladungssystems realisieren. „Im Forschungsverbund bündeln wir unsere Kompetenzen und können so die numerische Entwicklung eines solchen Aufladesystems, das den benötigten Ladedruck bereithält, bestmöglich umsetzen“, sagt Professor Eilts. Dabei profitieren die Wissenschaftler*innen von ihren Erfahrungen aus Forschungsprojekten, die bereits in Kooperation zwischen dem ivb und dem Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) der LUH bearbeitet wurden, beispielsweise in den Projekten ATL für Magerkonzepte und Abgaspulsation und Turboladerinteraktion.
Bekannte Technologie, keine aufwändige Umrüstung
Eilts und sein Team sehen die Wasserstoffmotor-Technologie weniger als Konkurrenz zu Elektroautos und Fahrzeugen mit Brennstoffzelle, sondern vielmehr als Ergänzung der alternativen Antriebsformen. Vor allem bei großen, schweren Fahrzeugen, die längere Strecken zu absolvieren haben, punktet der Wasserstoffmotor im Vergleich zu Batterien und Brennstoffzellen. Zudem spricht das Kriterium Time-to-Market – also die Zeit von der Produktidee bis zur Marktreife – für die Wasserstoffmotoren. „Die Technologie der Verbrennungsmotoren ist bekannt, Fahrzeug- und Motorenhersteller verfügen über das entsprechende Know-how, eine aufwändige Umrüstung des Motors ist nicht erforderlich“, sagt Professor Eilts.
Einziges Nadelöhr: Damit Fahrzeuge mit einem Wasserstoffmotor an Bord ihre Außenseiterrolle ablegen und auf den Straßen durchstarten können, braucht es ausreichend „grünen“ Wasserstoff und ein flächendeckendes Netz mit Wasserstofftankstellen.
Zum Projekt
In dem Forschungsprojekt „Schadstoffarme und effiziente Wasserstoffmotoren“ unter der Federführung der Leibniz Universität Hannover (LUH) arbeitet das Team des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen der TU Braunschweig gemeinsam mit Wissenschaftler*innen der TU Clausthal und der Jade Hochschule Wilhelmshaven sowie mit Partnern aus der Industrie. Das Teilprojekt wird drei Jahre mit insgesamt 1,2 Millionen Euro vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert.