Wasserstoff als Treibstoff Forschung im Fokus: Energiewende in der Luftfahrt
Wie können wir mobil bleiben, ohne Mensch und Umwelt weiter zu belasten? Dr. Thomas Kadyk vom Institut für Energie und Systemverfahrenstechnik der TU Braunschweig hat auf die Frage eine eindeutige Antwort: „Wasserstoff-Brennstoffzellen für Flugzeugantriebe sind die Kerntechnologie, um sich von fossilen Energieträgern zu lösen.“
Seit zwölf Jahren arbeitet der Wissenschaftler intensiv auf dem Gebiet der Brennstoffzellen-Technologie. Im November 2016 kam er an die TU Braunschweig und ins Team „Energieversorgung“ im Projekt „Energiewende in der Luftfahrt“. Zuvor forschte er an der Simon Fraser University in Vancouver/Kanada. „Während meines Aufenthaltes in Kanada wurde mir bewusst, was es heißt, nachhaltig zu denken und zu leben. Die Naturverbundenheit der indigenen Ureinwohner und ihre Sorge um die Zerstörung ihres Lebensraums haben mich stark beeindruckt.“
Brennstoffzellen: im All erprobt
Ein umweltfreundlicher Energieträger ist Wasserstoff. Die Brennstoffzelle wandelt die Energie des Treibstoffs Wasserstoff mit Hilfe von Sauerstoff direkt in elektrische Energie um. Als einziges Abfallprodukt entsteht Wasser. Bereits 1838 führten der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein und der britische Physiker Sir William Robert Grove erste Experimente zur Brennstoffzelle durch. In den Apollo-Programmen in den 1960er Jahren kamen Brennstoffzellen im All im Einsatz. Seit den 1990er Jahren entwickeln Ingenieure sie als Antrieb für Autos. Im September 2016 startete das Hybridflugzeug HY4 in Stuttgart zu seinen Erstflug. Es ist weltweit das erste viersitzige Passagierflugzeug, das ausschließlich mit einem Wasserstoffbrennstoffzellen-Batterie-System angetrieben wird. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt entwickelten den Antriebsstrang des Flugzeugs.
Doch lässt sich diese Technologie in Zukunft auch in größeren Flugzeugen einsetzen? Experten sehen die Grenze des Machbaren derzeit bei Flugzeugen von der Größe eines Regionaljets, der auf Kurzstrecken bis zu 40 Passagiere befördert. Doch Kadyk möchte „mentale Hürden im Kopf überwinden“ – und freut sich auf die Herausforderungen. Leistungsdichte, Effizienz und Zuverlässigkeit des Antriebssystems müssen weiter verbessert werden. Zudem ist die Herstellung von Wasserstoff noch sehr aufwändig. Kadyk: „Für die Herstellung wird viel Energie benötigt – und die sollte aus regenerativen Quellen wie Wind- oder Wasserkraft stammen.“ Zudem muss die erforderliche Infrastruktur aufgebaut werden, die eine Bereitstellung des Wasserstoffs an den Flughäfen sicherstellt.
Gibt es die revolutionäre Innovation?
Meist ist von Evolutionen statt Revolutionen die Rede, wenn es um technologische Verbesserungen in der Luftfahrt geht. Erfolge, so die Wissenschaftler, kämen in kleinen Schritten. Doch kommt man mit dieser inkrementellen Vorgehensweise wirklich zum Ziel und bringt so die Elektromobilität in naher Zukunft in die Luft? Oder gibt es sie nicht doch, die revolutionäre Innovation, die Vorbehalte wie „Funktioniert nicht. Zu teuer. Zu komplex.“ plötzlich vergessen macht? Kadyk ist überzeugt: „Das Potenzial der Brennstoffzelle ist noch lange nicht ausgereizt.“
Text: Nicole Geffert