28. September 2018 | Magazin:

Treppe mit Aussicht Letzter Akt des Projekts „Der Platz“ auf dem Universitätsplatz

Hoch hinaus geht es jetzt auf dem Universitätsplatz. Aus dem stillgelegten Brunnen heraus erhebt sich seit einigen Tagen eine Treppe, die scheinbar ins Nichts führt. Die Installation „Stairs“ von Jonas Kneisel bildet den vorerst letzten „Eingriff“ des Instituts für Architekturbezogene Kunst.

Gliedert sich gut in das Ensemble rund um den Universitätsplatz ein: die „Stairs“ von Jonas Kneisel. Bildnachweis: Jonas Kneisel/TU Braunschweig

In fünf Akten bespielten Architektur-Studierende seit April dieses Jahres den Raum zwischen Audimax, Forumsgebäude und Universitätsbibliothek. Im Seminar „Der Platz“ von Institutsleiterin Professorin Folke Köbberling und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Gergely László entwickelten die Studierenden im vergangenen Wintersemester temporäre künstlerische Arbeiten, die auf dem Universitätsplatz in Zusammenarbeit mit dem Sandkasten-Team umgesetzt wurden – wie die Absperrung des Ortes durch Bauzäune, das Bauschild mit den Zukunftsvisionen für den Campus, der QR-Code auf den Bodenplatten und die Spiegel-Pyramiden im Brunnen.

Der Entwurf wird Realität

Und genau das ist es, was Jonas Kneisel an dem Projekt begeistert: „Es ist schön zu sehen, wenn der eigene Entwurf Realität wird.“ Aber etwas überrascht war er auch darüber, „wie groß die Konstruktion tatsächlich ist“. Eine Woche hat der Architektur-Student gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen, Gergely László sowie einem Zimmermann und einem Schreiner seine Installation „Stairs“ aufgebaut.

Auch die Präsidentin der TU Braunschweig, Professorin Anke Kaysser-Pyzalla, ließ es nicht nehmen, beim Aufbau zu helfen. „Schon im Vorfeld hatte ich viel Spaß daran, bei der Entstehung zuzusehen“, sagt sie. „Ich bin begeistert, wie sich die Studierenden in allen fünf Etappen des Projekts, den Platz zu Eigen gemacht haben.“

Das Holz für das Projekt stammt aus der Installation „behind closed doors“, die im Architekturpavillon zu sehen war. Die Holzplatten hat das Institut für Architekturbezogene Kunst vom Kunstmuseum Wolfsburg erhalten. „Wir sind sehr glücklich, dass wir diese Materialien weiter benutzen können“, so Folke Köbberling. Bereits in den vorhergehenden Eingriffen auf dem Universitätsplatz arbeiteten die Studierenden zum Teil mit „Second-Hand-Baustoffen“. Finanziell unterstützt wurde das Treppen-Projekt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Blick auf Jonas Kneisels Entwurf. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

"Stairs" ist das Projekt von Jonas Kneisel. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Die gesamte Treppenkonstruktion besteht aus Holz. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Beim Aufbau haben viele helfende Hände mit angepackt. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Für den Bau der Treppe wurden vor allem bereits genutzte Materialien verwendet. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Nach und nach entstand innerhalb einer Woche im Brunnen die Treppe. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Was übrig blieb beim Aufbau der Installation. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Offizielle Eröffnung der "Stairs" auf dem Universitätsplatz. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Treppe mit Tresen: Der Raum unter Jonas Kneisels "Stairs" kann für Veranstaltungen genutzt werden. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Beste Aussicht von der Treppe: Professorin Anke Kaysser-Pyzalla, Präsidentin der TU Braunschweig, Professorin Folke Köbberling, Leiterin des Instituts für Architekturbezogene Kunst und Ina Müller, Geschäftsführerin der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften. (v.l.) Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Vom Brunnen zur Tribüne

Der Entwurf von Jonas Kneisel baut auf der Idee auf, den denkmalgeschützten Brunnen auf dem Universitätsplatz umzugestalten. So hat er diesen in seiner Achse in eine große Treppe übergehend verlängert, die als Tribüne für die inmitten des Brunnens liegende Fläche genutzt werden kann. Wichtig war dem Studenten dabei, dass sich die „Stairs“ nicht dem gesamten Ensemble überordnen, sondern eingliedern. Das scheint gelungen. Denn betrachtet man ein Schwarz-Weiß-Foto des Universitätsplatzes mit Treppe, so verschwindet diese nahezu in ihrer Umgebung.

Doch wohin führen die Stufen? Ins Nichts? So wie bei der hölzernen „Treppe ins Nichts“ von Landschaftsarchitekt Gustav Lange auf dem Kasseler Königsplatz, an die die Installation ein wenig erinnert? Für Jonas Kneisel bietet die obere Plattform eine neue Perspektive auf den Platz. „Und die Studierenden rücken damit näher ans Präsidium.“

Treppe mit Tresen

Vor allem geht es dem Studenten jedoch darum, dass der Brunnen wieder eine Funktion bekommt – ob zum Sitzen, Liegen, miteinander Reden, Lernen oder einfach nur zum Sonnen. Rund 50 Personen haben auf den Sitz- und Liegestufen Platz. Damit die Konstruktion auch sicher steht, hat das Institut für Architekturbezogene Kunst mit dem Institut für Tragwerksentwurf und dem Institut für Baukonstruktion und Holzbau zusammengearbeitet.

Auch der Raum, der durch die aufsteigende Form unter der Treppe entsteht, funktioniert als idealer Ort, um sich zu treffen. Die dort entstandene Theke kann zum Beispiel auch von studentischen Initiativen genutzt werden, die sich präsentieren wollen. Die Treppe wird so zum Anlaufpunkt und bietet sich zum Austausch an.

Jubel nach der Eröffnung der Treppe! Sie bietet Platz zum Sitzen, Liegen, Reden, Lernen… Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Plakate für die Pinnwand

Den möchte Folke Köbberling noch weiter anregen: durch Plakate zu Vorträgen oder Veranstaltungen, die an die Flächen der Installation geklebt werden können. „Ich sehe das Ganze als eine Pinnwand oder Litfaßsäule“, so Folke Köbberling. „Die Möglichkeit, Plakate aufzuhängen, unterstützt noch einmal den Forumscharakter des Projekts.“ Drei Monate werden die „Stairs“ dem Universitätsplatz als Bühne zur Verfügung stehen, vielleicht auch länger. Mit dem fünften Akt ist das Projekt „Der Platz“ jedenfalls beendet.

Gergely László ist gespannt, was die Studierenden aus den vergangenen Monaten mitnehmen. „Wir haben sie in Situationen gebracht, auf die sie nicht immer vorbereitet waren“, erzählt er. Denn wie ist es, sich mit seinem Entwurf der Öffentlichkeit auszusetzen und die Reaktionen darauf aushalten zu müssen? „Es war ein super Lernprozess“, betont Folke Köbberling.

Und wie kann es weitergehen mit dem Platz? „Ich finde es toll, dass er so viele Freiräume lässt“, sagt Folke Köbberling. „Es ist gut, dass solche Eingriffe kommen und gehen“, unterstreicht Gergely Lászlo. „Damit hält man sich die Möglichkeit des Dialogs offen.“