Treppe mit Aussicht Letzter Akt des Projekts „Der Platz“ auf dem Universitätsplatz
Hoch hinaus geht es jetzt auf dem Universitätsplatz. Aus dem stillgelegten Brunnen heraus erhebt sich seit einigen Tagen eine Treppe, die scheinbar ins Nichts führt. Die Installation „Stairs“ von Jonas Kneisel bildet den vorerst letzten „Eingriff“ des Instituts für Architekturbezogene Kunst.
In fünf Akten bespielten Architektur-Studierende seit April dieses Jahres den Raum zwischen Audimax, Forumsgebäude und Universitätsbibliothek. Im Seminar „Der Platz“ von Institutsleiterin Professorin Folke Köbberling und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Gergely László entwickelten die Studierenden im vergangenen Wintersemester temporäre künstlerische Arbeiten, die auf dem Universitätsplatz in Zusammenarbeit mit dem Sandkasten-Team umgesetzt wurden – wie die Absperrung des Ortes durch Bauzäune, das Bauschild mit den Zukunftsvisionen für den Campus, der QR-Code auf den Bodenplatten und die Spiegel-Pyramiden im Brunnen.
Der Entwurf wird Realität
Und genau das ist es, was Jonas Kneisel an dem Projekt begeistert: „Es ist schön zu sehen, wenn der eigene Entwurf Realität wird.“ Aber etwas überrascht war er auch darüber, „wie groß die Konstruktion tatsächlich ist“. Eine Woche hat der Architektur-Student gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen, Gergely László sowie einem Zimmermann und einem Schreiner seine Installation „Stairs“ aufgebaut.
Auch die Präsidentin der TU Braunschweig, Professorin Anke Kaysser-Pyzalla, ließ es nicht nehmen, beim Aufbau zu helfen. „Schon im Vorfeld hatte ich viel Spaß daran, bei der Entstehung zuzusehen“, sagt sie. „Ich bin begeistert, wie sich die Studierenden in allen fünf Etappen des Projekts, den Platz zu Eigen gemacht haben.“
Das Holz für das Projekt stammt aus der Installation „behind closed doors“, die im Architekturpavillon zu sehen war. Die Holzplatten hat das Institut für Architekturbezogene Kunst vom Kunstmuseum Wolfsburg erhalten. „Wir sind sehr glücklich, dass wir diese Materialien weiter benutzen können“, so Folke Köbberling. Bereits in den vorhergehenden Eingriffen auf dem Universitätsplatz arbeiteten die Studierenden zum Teil mit „Second-Hand-Baustoffen“. Finanziell unterstützt wurde das Treppen-Projekt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
Vom Brunnen zur Tribüne
Der Entwurf von Jonas Kneisel baut auf der Idee auf, den denkmalgeschützten Brunnen auf dem Universitätsplatz umzugestalten. So hat er diesen in seiner Achse in eine große Treppe übergehend verlängert, die als Tribüne für die inmitten des Brunnens liegende Fläche genutzt werden kann. Wichtig war dem Studenten dabei, dass sich die „Stairs“ nicht dem gesamten Ensemble überordnen, sondern eingliedern. Das scheint gelungen. Denn betrachtet man ein Schwarz-Weiß-Foto des Universitätsplatzes mit Treppe, so verschwindet diese nahezu in ihrer Umgebung.
Doch wohin führen die Stufen? Ins Nichts? So wie bei der hölzernen „Treppe ins Nichts“ von Landschaftsarchitekt Gustav Lange auf dem Kasseler Königsplatz, an die die Installation ein wenig erinnert? Für Jonas Kneisel bietet die obere Plattform eine neue Perspektive auf den Platz. „Und die Studierenden rücken damit näher ans Präsidium.“
Treppe mit Tresen
Vor allem geht es dem Studenten jedoch darum, dass der Brunnen wieder eine Funktion bekommt – ob zum Sitzen, Liegen, miteinander Reden, Lernen oder einfach nur zum Sonnen. Rund 50 Personen haben auf den Sitz- und Liegestufen Platz. Damit die Konstruktion auch sicher steht, hat das Institut für Architekturbezogene Kunst mit dem Institut für Tragwerksentwurf und dem Institut für Baukonstruktion und Holzbau zusammengearbeitet.
Auch der Raum, der durch die aufsteigende Form unter der Treppe entsteht, funktioniert als idealer Ort, um sich zu treffen. Die dort entstandene Theke kann zum Beispiel auch von studentischen Initiativen genutzt werden, die sich präsentieren wollen. Die Treppe wird so zum Anlaufpunkt und bietet sich zum Austausch an.
Plakate für die Pinnwand
Den möchte Folke Köbberling noch weiter anregen: durch Plakate zu Vorträgen oder Veranstaltungen, die an die Flächen der Installation geklebt werden können. „Ich sehe das Ganze als eine Pinnwand oder Litfaßsäule“, so Folke Köbberling. „Die Möglichkeit, Plakate aufzuhängen, unterstützt noch einmal den Forumscharakter des Projekts.“ Drei Monate werden die „Stairs“ dem Universitätsplatz als Bühne zur Verfügung stehen, vielleicht auch länger. Mit dem fünften Akt ist das Projekt „Der Platz“ jedenfalls beendet.
Gergely László ist gespannt, was die Studierenden aus den vergangenen Monaten mitnehmen. „Wir haben sie in Situationen gebracht, auf die sie nicht immer vorbereitet waren“, erzählt er. Denn wie ist es, sich mit seinem Entwurf der Öffentlichkeit auszusetzen und die Reaktionen darauf aushalten zu müssen? „Es war ein super Lernprozess“, betont Folke Köbberling.
Und wie kann es weitergehen mit dem Platz? „Ich finde es toll, dass er so viele Freiräume lässt“, sagt Folke Köbberling. „Es ist gut, dass solche Eingriffe kommen und gehen“, unterstreicht Gergely Lászlo. „Damit hält man sich die Möglichkeit des Dialogs offen.“