9. Juli 2020 | Magazin:

Strom-Messen leicht gemacht Forscherteam des IGeP erhält EXIST-Förderung

Eigentlich wollten Katharina Ostaszewski und Dr. Philip Heinisch nur saubere Forschungsdaten von Satelliten erhalten. Jetzt übertragen sie ihr Know-how aus dem Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGeP) der Technischen Universität Braunschweig in eine eigene Firma: „PhySens“. Mit ihrer Idee überzeugten die beiden Forschenden im EXIST-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) – und erhalten ein Stipendium über rund 100.000 Euro.

Katharina Ostaszewski und Dr. Philip Heinisch präsentieren ihre neuen Sensoren. Bildnachweis: Jörg Saathoff/TU Braunschweig

Bei Satellitendaten gibt es ein wiederkehrendes Problem: Elektrische Bauteile stören die magnetischen Messungen und verzerren die Ergebnisse. Daher müssen Forschende die gestörten Daten mühsam auseinanderrechnen. Um die Fehlerquelle besser zu identifizieren, entwickelten Katharina Ostaszewski und Philip Heinisch ein neues Verfahren. Dabei erkannten sie das Potential der wissenschaftlichen Sensoren und entwickelten eine neue, industrietaugliche Sensor-Generation:

„Durch Fortschritte in der Halbleitertechnik bieten sich für magnetische Sensorik mittlerweile zahlreiche Anwendungen in der Wirtschaft, die noch vor zehn Jahren unmöglich gewesen wären“, erläutert Katharina Ostaszewski. Statt einen Stromkreis aufzutrennen, messen diese Sensoren berührungslos und können dabei mehrere elektrische Ströme in einem Kabel präzise zuordnen.

Vom Satelliten in Industrie und Haushalt

Jetzt soll die neue Technik den Weg in die Wirtschaft finden. Großes Potential liegt etwa in der Instandsetzung von elektrischen Geräten und Maschinen. Normalerweise prüfen Elektrofachkräfte regelmäßig den Stromverbrauch, um Maschinen zu überwachen. Wenn ein Gerät mehr Strom verbraucht als erwartet, ist in der Regel etwas defekt. Dafür muss der Stromkreis geöffnet und ein Messgerät angeschlossen werden. Ein zeitaufwendiger und potentiell gefährlicher Eingriff. Die Sensoren von „PhySens“ können dagegen ohne Fachpersonal kontakt- und risikolos jederzeit den Stromfluss überwachen und damit effizient Wartungsbedarf ermitteln.

Eine ähnliche Aufgabe könnten die Sensoren in Privathaushalten erledigen. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz könnten die Signaturen verschiedener Geräte erlernt und zugeordnet werden. Damit reicht ein einzelner Sensor aus, um jedes einzelne Gerät zu überwachen. Wer also im Urlaub wissen will, ob der Herd noch glüht, kann noch zusätzlich seine Stromfresser identifizieren.

Von Strom zu Geschwindigkeit

Für das Gründerteam ist Strom-Messen jedoch erst der Anfang: „Unser Ziel ist es, Technologien aus dem Weltall auf Anwendungen in der Wirtschaft hier auf der Erde zu übertragen“, erklärt Philip Heinisch. Stück für Stück finden sich weitere Anwendungsfelder für die robusten Sensoren. Beim Erproben zeigt sich das Interesse der Wirtschaft an der Technologie. Beispielsweise stehen im Bereich der intelligenten Mobilität Tests mit dem „RailLab“ der Deutschen Bahn bevor. Die Sensoren messen dort berührungslos das magnetische Bodenprofil unter den Zügen. Diese Daten lassen sich dann in die exakte Geschwindigkeit umrechnen.

EXIST-Stipendium

Seit Juni wird das „PhySens“-Team durch ein EXIST-Gründerstipendium in Höhe von rund 100.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Europäischen Sozialfond (ESF) der Europäischen Union gefördert. Zusätzlich unterstützen die Technologietransferstelle der TU Braunschweig sowie das Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik die beiden Gründenden. Am 1. Januar 2021 ist die offizielle Gründung von „PhySens“.