Post aus … Mexiko-Stadt Physik-Student Johannes Hoppenbrock berichtet von seinem Aufenthalt in der Hauptstadt Mexikos
Allgemeine Informationen
Hier lebe ich momentan:
Seit Ende Oktober lebe ich in Mexiko-Stadt im Stadtteil Coyoacan. Dort befindet sich auch die Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM), eine der größten Unis Amerikas.
Das mache ich in Mexiko-Stadt:
In Kooperation mit der UNAM und GEOTEM Ingenería, einem Ingenieurbüro für Geophysik, arbeite ich hier an meiner Masterarbeit im Bereich der Geophysik. In der Arbeit geht es um die Detektion von Sedimentschichten in Karstseen im Süden Mexikos. Sedimentschichten helfen bei der Klima- und Umweltrekonstruktion. Außerdem habe ich hier die Chance, neue geophysikalische Methoden und deren Auswertungsroutinen kennenzulernen.
Mein Aufenthalt dauert insgesamt:
Mein Aufenthalt dauert insgesamt drei Monate und wird durch ein PROMOS Studien- und Forschungsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts finanziert.
Darum habe ich mich für einen Auslandsaufenthalt entschieden:
Ich interessiere mich für andere Kulturen, insbesondere für andere Herangehensweisen an Probleme. Das gilt sowohl für meine Fakultät als auch den Alltag. Bereits im Bachelor hatte ich die Möglichkeit an einer Feldarbeit im Süden Mexikos teilzunehmen. Wir sind damals über Mexiko-Stadt angereist und mich hat die Stadt sofort fasziniert. Nur war die Zeit bei diesem ersten Besuch viel zu kurz und deswegen musste ich wiederkommen! Motiviert und unterstützt von meinem Betreuer Matthias Bücker vom Institut für Geophysik und Extraterrestrische Physik und Liseth Pérez vom Institut für Geosysteme und Bioindikation, die selber über einen längeren Zeitraum in Mexiko-Stadt gelebt haben, konnte ich dies 2021 endlich realisieren.
Leben vor Ort
So wohne ich in Mexiko-Stadt:
Mir war es wichtig, dass ich schon vor meiner Ankunft eine Unterkunft hatte. Glücklicherweise konnte ich mir relativ einfach über einen mexikanischen Doktoranden, den ich in Braunschweig kennengelernt habe, ein Zimmer besorgen. Generell funktioniert die Wohnungsvergabe in Mexiko eher über Vitamin B oder soziale Netzwerke. Ich wohne in einem typischen Studentenzimmer in einer WG mit drei netten Mitbewohner*innen und der Vermieterin. Ungewohnt ist, dass sich das Gebäude in einer rund um die Uhr durch Sicherheitspersonal bewachten Wohnanlage befindet. Man gewöhnt sich aber relativ schnell daran und hat dadurch ein gewisses Sicherheitsgefühl. Es gibt in der Wohnanlage auch einen eigenen kleinen Supermarkt, Spielplätze und Sportgeräte.
Was unterscheidet das Studieren in Mexiko von dem in Deutschland?
Der markanteste Unterschied für mich ist, dass hier Vieles relativ spontan und überraschend passiert. Pläne werden schnell umgeworfen und nicht zu ernst genommen. Während man in Deutschland bei einer kurzfristigen Planänderung ein Desaster erwarten würde, geht hier am Ende trotzdem alles gut. Im Unterschied zum deutschen Arbeitstag ist die Tagesstruktur sehr flexibel. Manchmal sind wir an einem Tag drei Stunden in der Mittagspause und an einem anderen Tag dann gar nicht. Generell sind die Arbeitstage mit durchschnittlich neun bis zehn Stunden im Büro aber sehr lang.
Besonders typisch für mein Aufenthaltsland ist:
Gastfreundschaft und Herzlichkeit! Überall wo ich als Besucher hingekommen bin, werde ich reichlich mit Essen und Trinken versorgt. Besonders typisch ist auch, dass der Alltag viele Überraschungen bereithält. Zum alltäglichen Wahnsinn gehören zum Beispiel (große) Löcher in den Straßen, komplett überfüllte Verkehrsmittel und Straßenverkäufer*innen an jeder Ecke.
Das habe ich hier in den ersten drei Tagen gelernt:
Am ersten Morgen nach meiner Ankunft stand ich ziemlich ratlos an einer großen Kreuzung in der Nähe meiner Wohnung und sah keine Möglichkeit, diese jemals zu überqueren. Keine Fußgängerampel, viele unübersichtliche Spuren und verblasste Zebrastreifen, die die Autofahrer einfach ignorieren. Ich habe aber schnell gelernt, dass Warten keinen Sinn hat und man einfach losgehen muss.
Die bisher größte Herausforderung während meines Aufenthaltes:
Direkt in der ersten Woche bin ich, wahrscheinlich durch den Jetlag, den Höhenunterschied (Mexiko-Stadt liegt auf 2240 Metern Höhe) und das ungewohnte Essen auf der Straße krank geworden. Ohne Ortskenntnisse und Kontakte sind mir die einfachsten Dinge wie das Einkaufen von Lebensmitteln oder Medizin sehr schwer gefallen. Glücklicherweise konnte ich mich in dieser Phase an einen deutschsprachigen Notfallkontakt wenden, den mir mein Betreuer vermittelt hat. Das war eine große Hilfe.
Das nehme ich von hier mit nach Hause:
Ich fürchte, dass ich nicht genug Souvenirs mitnehmen kann. Ich muss einfach wiederkommen. Fest eingeplant sind jedoch Mezcal, eine mexikanische Spirituose, Alebrijes, bunte tierähnliche Holzfiguren und drei Sombreros.
Gut zu wissen
Diese landestypische Speise sollte man unbedingt probieren:
Tacos, Tacos und nochmal Tacos. In jeder möglichen Variation. Mein Favorit sind die in Mexiko-Stadt berühmten ‚Tacos al Pastor‘. Dabei handelt es sich um speziell gegartes Schweinefleisch mit Zwiebeln, Ananas und Koriander in einer Mais-Tortilla.
Welches Fettnäpfchen sollte man in Mexiko vermeiden?
Mir ist es oft passiert, dass mir jemand etwas geschenkt oder mich eingeladen hat. Meiner Erfahrung nach sollte man sich nicht aus Bescheidenheit dagegen wehren, das kann schnell als Beleidigung aufgenommen werden.
Diesen Tipp gebe ich anderen Studierenden, die ins Ausland gehen möchten:
Lasst euch niemals entmutigen und zieht es durch! Weder der bürokratische Aufwand vorher noch eine oder zwei Wochen Frustration am Anfang sollten euch davon abbringen. Nutzt die Möglichkeiten, die ihr als Studierende habt. Es lohnt sich!
Pandemie
Diese besonderen Vorkehrungen habe ich im Vorfeld wegen des Corona-Virus getroffen:
Ich habe eine gute Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, ein paar Tests und viele Masken mitgenommen. Im Nachhinein hätte ich mehr Tests mitbringen sollen, da diese hier nicht frei verkäuflich und Testtermine sehr teuer und rar sind.
So beeinflusst das Corona-Virus meinen Aufenthalt:
Durch das Corona-Virus finden in der UNAM im Moment deutlich weniger Veranstaltungen statt und auch die Professor*innen arbeiten teilweise im Home-Office. Es ist daher nicht so einfach Kontakte aufzunehmen. Ähnlich wie in Deutschland finden viele Veranstaltungen online statt.
Im alltäglichen Leben gibt es in Mexiko wenige Einschränkungen durch das Corona-Virus. Märkte, Restaurants und auch kulturelle Einrichtungen wie Museen haben uneingeschränkt geöffnet. Im öffentlichen Raum wird jedoch immer und überall Maske getragen. Auch an der frischen Luft.
So habe ich mir trotz der Pandemie am liebsten die Zeit vertrieben:
Durch die angenehmen Temperaturen, die auch im Winter herrschen, konnte ich viel draußen an der frischen Luft unternehmen. Ich bin über die unterschiedlichsten Märkte gelaufen oder habe mich mit Freunden in eine der vielen Outdoor-Bars gesetzt. Dabei ist kein Tag vergangen, an dem ich keine neuen verrückten Dinge erlebt oder gesehen habe.