11. Juli 2023 | Magazin:

„Positive Grundstimmung für Veränderungen“ Mit der Zukunftswerkstatt-Methode im Staatstheater Braunschweig

Worin besteht das kulturelle Erbe einer diversen, regionalen Gesellschaft und wie könnte es im Gegenwartstheater verhandelt werden? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die erste Zukunftswerkstatt der Technischen Universität Braunschweig, die in Kooperation mit dem JUNGEN! Staatstheater organisiert wurde. Die Methode zur Gruppenarbeit ist ein Angebot für Co-Creation mit Forschenden und gesellschaftlichen Akteur*innen des Teams Wissenstransfer im Transfer- und Kooperationshaus der TU Braunschweig.

Aktuelle und gesellschaftliche Probleme analysierten die Teilnehmenden der Zukunftswerkstatt. Bildnachweis: E. Qirinxhi/TU Braunschweig

Die Zukunftswerkstatt ist eine von Robert Jungk entwickelte Methode, um kreativ und partizipativ Ideen und Lösungen für zukünftige Herausforderungen zu entwickeln. Sie basiert auf dem Gedanken, dass Zukunft gestaltbar ist und dass jeder Mensch die Fähigkeit besitzt, aktiv an dieser Gestaltung teilzunehmen. „In einer Zukunftswerkstatt kommen Menschen verschiedener Hintergründe und mit unterschiedlichen Perspektiven zusammen“, erklärt Dr. Mara Ruth Wesemüller, Koordinatorin für Wissenstransfer, die die Werkstatt im Staatstheater moderierte. „Dabei werden herkömmliche Denkmuster und Hierarchien bewusst aufgebrochen, um Raum für kreative Ideen und unkonventionelle Lösungsansätze zu schaffen.“

Gemeinsam analysierten die Teilnehmer*innen aktuelle und gesellschaftliche  Probleme , entwickelten Visionen für die Zukunft und leiteten konkrete Handlungsschritte zur Umsetzung ab. Dabei wurde großen Wert auf die aktive Beteiligung gelegt.

Kulturelles Erbe in einer diversen Gesellschaft

Zwölf Teilnehmer*innen kamen bei der ganztägigen Zukunftswerkstatt unter dem Titel „Kulturelles Erbe in einer diversen Gesellschaft“ im Staatstheater Braunschweig zusammen, die im Rahmen des Festivals „Ausweitung des Ringgebiets“ stattfand. Hier vereint das Theater in seiner Interpretation Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ unterschiedliche Ausdrucksformen darstellender Kunst und Musik. Neben Vertreter*innen des Staatstheaters und verschiedenen Akteur*innen der Stadtgesellschaft beteiligten sich Forschende und Lehrende des TU-Forschungsschwerpunkts „Stadt der Zukunft“, darunter Professor Eckart Voigts, Dr. Maria Marcsek-Fuchs und Dr. Kenton Barnes vom Institut für Anglistik und Amerikanistik.

Zwölf Teilnehmer*innen kamen bei der ganztägigen Zukunftswerkstatt unter dem Titel „Kulturelles Erbe in einer diversen Gesellschaft“ im Staatstheater Braunschweig zusammen, die im Rahmen des Festivals „Ausweitung des Ringgebiets“ stattfand. Bildnachweis: E. Qirinxhi/TU Braunschweig

„Die Methode lässt erst den utopischen Ideen freien Lauf und wird gerade am Ende sehr konkret und weist Wege hin zur Umsetzung“, reflektiert Professsor Eckart Voigts das Format der Zukunftswerkstatt nach Robert Jungk. „Hier wurde zunächst ermittelt, worin das kulturelle Erbe in einer dezidiert diversen regionalen Gesellschaft besteht und wie das Staatstheater Braunschweig dies verhandeln könnte. Das sind zentrale Fragen auch auf dem Weg zu einer noch inklusiveren und weltoffeneren ‚Stadt der Zukunft‘.“

Neue Kooperationen andenken

Maria Marcsek-Fuchs ergänzt, dass ihr besonders gefiel, wie dieses Konzept des ‚kulturellen Erbes‘ zunächst konzeptuell in seiner Vielfalt diskutiert, kritisch geprüft und im Rahmen des Tages stets als „vielfältiges kulturelles Erbe in einer diversen Gesellschaft“ gelesen wurde. „Es war sehr produktiv, in einer herrlich diversen Gruppe zu arbeiten, zusammengesetzt aus Akteur*innen der Region.“ So konnte sie die schon existierenden, Diversität und Partizipation ermöglichenden Projekte des Staatstheaters und der eingeladenen Akteur*innen kennenlernen, Kooperationen andenken und darauf mit Visionen aufbauen.

Kenton Barnes betont dazu, es sei bewundernswert, dass das Staatstheater erkennt, wie viel in diesem Bereich noch zu tun ist. Die Utopie-Plakate und die Ideenschmiede, so Kenton Barnes, haben ihm vor Augen geführt, wie gewinnbringend es ist, diese Fragen in einer Gruppe voller fachlicher Vielfalt zu diskutieren und Diversität und Partizipation auf allen Ebenen nicht nur zu träumen, sondern dann auch konkret umzusetzen.

„Die Methode lässt erst den utopischen Ideen freien Lauf und wird gerade am Ende sehr konkret und weist Wege hin zur Umsetzung“, reflektierte Professsor Eckart Voigts das Format der Zukunftswerkstatt nach Robert Jungk. Bildnachweis: E. Qirinxhi/TU Braunschweig

Konkrete Ideen und Handlungsansätze

Die Zukunftswerkstatt wurde von allen Teilnehmenden produktiv mitgestaltet, wodurch einige konkrete Ideen und Handlungsansätze entstanden sind. „Durchweg ist deutlich geworden, dass die Frage nach diversem kulturellem Erbe am Staatstheater Braunschweig nicht beantwortet werden kann, ohne sich mit der Institution Theater und deren Produktionsbedingungen selbst auseinanderzusetzen“, zieht Dr. Mara Ruth Wesemüller ein Resümee. Als Ergebnis bleibt auch die Idee der „Multiplikation“ im Gedächtnis: Damit verbunden ist die Absicht, mehrere Ansätze nebeneinander zu verfolgen, wie beispielsweise noch mehr die Expertise von migrantischen Vereinen bei der Spielplanentwicklung einzubeziehen oder die Kooperation zwischen Staatstheater und HBK Braunschweig zu stärken.

„Die Zukunftswerkstatt nach Robert Jungk ist eine sehr effektive Methode, um Herausforderungen anzugehen und nachhaltige Lösungen zu finden“, so Dr. Mara Ruth Wesemüller. „Sie fördert die Kreativität, das Engagement und die Verantwortungsbereitschaft der Teilnehmer*innen und schafft eine positive Grundstimmung für Veränderungen.“

Co-Creation in der Forschung bezieht sich auf einen partizipativen Ansatz, bei dem Forscher*innen eng mit externen Akteur*innen zusammenarbeiten, um gemeinsam Wissen zu generieren, Lösungen zu entwickeln und Innovationen voranzutreiben. Bildnachweis: E. Qirinxhi/TU Braunschweig

Die Methode beinhaltet verschiedene Phasen, wie beispielsweise die Bestandsaufnahme, die Visionierung, die Ideenentwicklung und die Umsetzungsplanung. In jeder Phase werden kreative Methoden und Techniken eingesetzt, um den Ideenfluss anzuregen und das gemeinsame Denken und Arbeiten zu fördern.

Das Angebot der Zukunftswerkstatt des Teams Wissenstransfer richtet sich an Gruppen von bis zu 15 Personen, dauert ca. sechs Stunden (exklusive Pausen) und wird durch eine geschulte Moderatorin begleitet. Das Angebot wird unter Beteiligung von Forschenden der TU Braunschweig durchgeführt.