Mit Physik die Welt verstehen Master-Studentin Kristin Pump beantwortet Fragen zu ihrem Studium
Kristin Pump ist 26 und studiert den Masterstudiengang Physik im sechsten Fachsemester, mit Schwerpunkt Geo- und Astrophysik. Ihren Bachelor hat sie erfolgreich an der Technischen Universität Braunschweig absolviert. Unsere Volontärin Viktoria Heyer hat sie gefragt, wieso sie sich für die Carolo-Wilhelmina entschieden hat und was sie an ihrem Studium begeistert. Die beiden haben sich vorab auf das „Du“ geeinigt.
Kristin, warum hast Du Dich für den Studiengang Physik und ein Studium in Braunschweig entschieden?
Ich komme aus Schleswig-Holstein. Nach dem Schulabschluss wollte ich erst einmal raus aus meiner Umgebung. Ich habe nach Unis im Norden gesucht, weil ich nicht zu weit weg in den Süden Deutschlands wollte. Braunschweig war mir direkt sympathisch, obwohl ich vorher nie da gewesen bin. In der Stadt fühle ich mich sehr wohl, sie hat die richtige Größe, mit dem Fahrrad kommt man zum Beispiel in zehn Minuten überall hin.
Das Interesse für Naturwissenschaften war schon immer da. In der Mittelstufe fand ich das Fach Physik erst noch langweilig, aber später in meiner Schulzeit habe ich mit meinen Physiklehrern sehr viel Glück und spannenden Unterricht gehabt. Ich habe mich zuerst nicht getraut „reine“ Physik zu studieren, weil ich Bedenken hatte, dass es zu schwer werden könnte. Einer meiner besten Freunde aus der Schule wollte auch Physik studieren und hat mich motiviert, dass ich es doch einfach mal versuchen soll. Frei nach dem Motto: Was kann denn schief gehen?“ Also habe ich mich eingeschrieben und kann heute sagen, dass das definitiv die richtige Entscheidung war. Und zum Klischee-Thema von „Frauen in der Physik“: Frauen finden sich in der Physik ebenso zurecht wie Männer, da gibt es keinen Unterschied.
Nach meinem Bachelor habe ich überlegt, ob ich meinen Master an einer anderen Universität machen möchte. Ich habe recherchiert, Studiengänge verglichen und festgestellt, dass ich genau hier bleiben will. Es war eine bewusste Entscheidung, weil es für mich inhaltlich im Studium und eben auch mit der Stadt, der Umgebung gepasst hat.
Was begeistert Dich an Deinem Studium?
Mich begeistern immer wieder die kleinen Aha-Momente, wenn man plötzlich begreift, wie etwas zusammenhängt. Wenn man wieder ein Stück mehr verstanden hat, wie die Welt funktioniert. Physik ist für mich eine Basis für alles, inhaltlich offen in unterschiedliche Richtungen. Man lernt eine ganz andere Denkweise, natürlich logisch und rational, vor allem strukturiert.
Im Studium kann man mit dem Nebenfach eine individuelle Vertiefung wählen. Ich habe im Bachelor Luft- und Raumfahrttechnik gewählt, meine Kommilitonen ganz andere Fächer. Dadurch ergeben sich tolle und spannende Gespräche und eine breite Mischung an Perspektiven.
Genau so begeistert mich, dass wir als Studierende direkt mitarbeiten, bei der Forschung mit dabei sind. Die Themen der Bachelor- und Masterarbeiten werden nicht einfach nur geschrieben und landen dann in der Schublade. Sie werden in die Forschung mit einbezogen, die Hiwis können an den Instituten aktiv die Forschung unterstützen. Auch auf Konferenzen werden Studierende mitgenommen, für mich war das vorher nicht selbstverständlich.
Begeisterung für das Physikstudium
Neben Deinem Studium arbeitest am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik als wissenschaftliche Hilfskraft. Womit beschäftigst du dich bei deiner Arbeit?
Ich bin seit März 2017 am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik. Im Anschluss an meine Bachelorarbeit habe ich angefangen dort als Hiwi zu arbeiten, mittlerweile schreibe ich dort meine Masterarbeit. Von außen sieht es bei mir relativ langweilig aus, andere Studierende arbeiten im Labor, ich sitze „nur“ vor dem Computer.
Dabei habe ich sehr spannende Einblicke: Ich arbeite mit im TU-Team der BepiColombo Mission und programmiere – einfach gesagt – mit an einer Wettervorhersage für das Magnetfeld auf dem Merkur. Der Merkur hat ein sehr außergewöhnliches Magnetfeld, es ist sehr viel schwächer als das der Erde und asymmetrisch. Das heißt, am Nordpol des Merkurs ist das Magnetfeld sehr viel stärker als am Südpol und hat im Vergleich zur Erde ganz seltsame Eigenschaften. Mit der BepiColombo-Mission soll der Merkur weiter erforscht werden, unter anderem auch dessen Magnetfeld, für das drei Magnetometer des Instituts für Geophysik und extraterrestrische Physik mit an Bord der Raumsonde sind.
Bei einer NASA-Mission (MESSENGER), die 2011 bis 2015 den Merkur untersuchte, wurden viele Daten gesammelt, teilweise auch über das Magnetfeld. Auf dieser Basis wurde ein Magnetosphärenmodell erstellt, das ich jetzt weiter verbessern kann. Man kann sich das wie eine Karte des Magnetfeldes vorstellen – allerdings in drei Dimensionen. Damit ist es möglich, Koordinaten einzugeben und dann die Werte des Magnetfelds an dieser Stelle zu erhalten. Diese magnetische Karte beschränkt sich allerdings auf die nördliche Halbkugel des Planeten. Die BepiColombo-Mission wird die südliche Halbkugel ergänzen und das Magnetfeld insgesamt noch detaillierter vermessen. Das dient dann dazu, den Dynamoprozess im Inneren und den Planeten als ganzen zu verstehen.
Im Rahmen meiner Masterarbeit kann ich dazu beitragen und ich habe das Gefühl, dass ich noch gar nicht fertig bin und noch ganz viel zu lernen und zu entdecken habe. Deswegen möchte ich in diesem Bereich auch unbedingt weiterforschen.
Welche guten Gründe würdest Du Schülerinnen und Schülern sowie Interessierten für Deinen Studiengang an der TU Braunschweig nennen?
Die Betreuung an der TU Braunschweig ist super. Wenn man vor der Schule an die Uni kommt, hat man von vielen Dingen noch gar keine Ahnung. Der Start wurde uns von der Fachgruppe sehr erleichtert, wir wurden richtig gut aufgenommen, zum Beispiel durch spezielle Vorkurse. Wir haben viel Kontakt zu den Lehrenden, bei Gruppen oder Übungen mit 20 Leuten kann man problemlos Fragen stellen. Wir als Studierende werden ernst genommen und Fragen werden ernsthaft beantwortet. Die Lehrenden wollen, dass die Studierenden den Stoff auch verstehen. Die Inhalte in den Vorlesungen und Seminaren werden verständlich vermittelt.
Dazu kommt, dass der Betreuungsschlüssel sehr gut ist. Später dürfen wir als Studierende sogar bei Meetings dabei sein und werden auf Konferenzen mitgenommen. Es werden auch regelmäßig Vorträge und Exkursionen organisiert. Eine ganz besondere Exkursion war 2018 unsere selbst organisierte Reise nach Südamerika, zum Start der Ariane-5-Rakete mit den Satelliten der BepiColombo-Mission. Die Universität und unser Institut haben uns hierbei sehr unterstützt. Bei dem Raketenstart auf dem europäischen Weltraumbahnhof in Kourou selbst dabei sein zu dürfen, war ein einmaliges Erlebnis und ein echtes Highlight in meiner Studienzeit.
Ein weiterer Grund für die TU Braunschweig: Die Verknüpfung zu Forschungsinstitutionen in Braunschweig ist toll, die Uni ist sehr gut in der Region vernetzt, z.B. mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), dem Fraunhofer-Institut oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das bietet gute Möglichkeiten für die Forschung und die Studierenden profitieren davon.
Außerdem gibt es viele Vereine und studentische Initiativen, wie die ERIG (ExperimentalRaumfahrt-InteressenGemeinschaft e.V.) oder das Lions Racing Team. Da kann man sich direkt mit einbringen, Erfahrungen sammeln und an spannenden Projekten mitarbeiten. Wenn man möchte, hat man unzählige Möglichkeiten. Man muss sich einfach trauen und mitmachen.
Vielen Dank für das Interview!