Handelsblatt Ranking: Professor Leßmann unter Top-Nachwuchsökonomen Interview: Wie werden wissenschaftliche Leistungen gemessen?
Im jüngsten Handelsblatt-Ranking von Volkswirten wird Professor Christian Leßmann vom Institut für Volkswirtschaftslehre auf Platz 61 unter den deutschsprachigen Top-Ökonomen unter 40 Jahren geführt. Erstellt wird das Ranking von der Konjunkturforschungsstelle Schweiz an der ETH Zürich in Kooperation mit dem Düsseldorfer Zentrum für Wettbewerbsökonomik. Im Interview erklärt der Volkswirtschaftsprofessor, was er von Rankings hält und ob man wissenschaftliche Leistung überhaupt messen kann.
Herr Professor Leßmann, wir gratulieren Ihnen zu dem tollen Erfolg. Sind Sie glücklich mit dem Ergebnis?
Ja natürlich, ich habe mich über die Platzierung gefreut. Es ist gar nicht so einfach, überhaupt in diesem Ranking geführt zu werden, da nur die Ergebnisse der besten 100 Jung-Ökonomen publiziert werden. Es gibt natürlich viel mehr Autoren. Die Leistungsdichte unter Nachwuchsökonomen wird immer höher, sodass es schwer ist, da noch den Anschluss zu behalten. In das Ranking aller Ökonomen unabhängig vom Lebensalter hereinzukommen, ist dann noch sehr viel schwieriger.
Und wie bewerten Sie Ihr Ergebnis?
Grundsätzlich darf man die Resultate nicht überbewerten. Schließlich wird in so einem Ranking versucht, die Forschungsleistung ausschließlich über Publikationen zu quantifizieren. Aber wie soll man gute Forschung messen? Natürlich ist eine Publikation in einem hochrangigen Journal schwer zu erreichen, da die Gutachter in Top-Zeitschriften sehr anspruchsvoll sind. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass in meiner Disziplin ein Begutachtungsprozess über mehrere Jahre geht. Dennoch bedeutet das nicht, dass das veröffentlichte Ergebnis immer einen großen Einfluss auf die jeweilige Forschungsdisziplin hat. Es gibt auch Top-Publikationen, die weder gelesen noch zitiert werden. Das macht die Bewertung von Forschungsleistungen rein über die publizierten Zeitschriftenartikel schwierig.
Also kann man wissenschaftlichen Forschungsoutput so nicht messen?
Soweit würde ich nicht gehen. Aber die gesamte Forschungsleistung eines Wissenschaftlers besteht aus vielen verschiedenen Aktivitäten neben der Publikationstätigkeit. Angefangen von Begutachtungen für Fachzeitschriften und Drittmittelgeber wie zum Beispiel die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Tätigkeiten als Organisator von Fachtagungen und Workshops bis hin zur Einwerbung von Mitteln für die Grundlagenforschung. Das ist alles mit sehr viel Arbeit verbunden, ohne dass zwangsläufig viele gute Publikationen entstehen.
Was wäre dann ein aus Ihrer Sicht besseres Bewertungssystem?
Ich würde mangels Alternativen schon auch Publikationsleistungen heranziehen, aber ich mahne dennoch zur Vorsicht. Etwa in Berufungsverfahren ist ein deutlich genauerer Blick auf die jeweilige Forschungsleistung von Bewerbern notwendig als man dies rein über Zeitschriftenrankings bekommen kann. Die Publikations-Rankings sind ein durchaus brauchbarer Indikator, aber auch kein perfektes Signal. Die gesamte Forschungsleistung wird niemals vollständig durch einem einzelnen Indikator abzubilden sein. Am Ende braucht es einen guten Gesamteindruck in allen Anforderungsbereichen.