Fahrplan für Quantenkarrieren auf der ganzen Welt Braunschweiger Referenzrahmen für Quantentechnologie-Ausbildung setzt international Maßstäbe
Neue Technologien wie Quantencomputer und -sensoren brauchen Fachkräfte, die sowohl Quantenphysik als auch Ingenieurs-Knowhow zusammenbringen. Was bisher eine berufliche Nische gewesen ist, wird mit steigender Marktreife mehr und mehr zu einem ausgewachsenen Fachkräftemangel. Grund genug, rund um den Globus neue Quanteningenieur*innen auszubilden. Doch wie kann man garantieren, dass die Quanteningenieurin aus Costa Rica die notwendige Qualifikation für das deutsche Quanten-Startup mitbringt? Eine Lösung liegt im European Competence Framework for Quantum Technologies, das Forschende der Technischen Universität Braunschweig für die EU-Kommission entwickelten und zu einem internationalen Standard ausbauen.
Die aktuelle Version 2.5 des europäischen Competence Frameworks stellten Franziska Greinert und Professor Rainer Müller im April 2024 vor. Die Forschenden des Instituts für Fachdidaktik der Naturwissenschaften hatten auf Basis von Interviews mit Industriepartnern grundlegende Kompetenzen für Berufe im Quantenbereich identifiziert und strukturiert. Bereits in der vorherigen Version hatten sie zentrale Themen und Konzepte in einer Art Landkarte zusammengefasst. Die neue Version des Frameworks baut darauf auf und transformiert die Landkarte zu einem anwendungsfreundlichen Werkzeug. Ein „Proficiency Triangle“ erfasst jetzt ähnlich wie beim Sprachenlernen Kompetenzen in drei Kernbereiche mit Leveln von A1 bis C2. Das einheitliche System zeigt so auf einem Blick individuelle Qualifikationsprofile für unterschiedlichste Tätigkeiten vom Entwicklungsingenieur über den Business-Analysten bis zur Entscheidungsträgerin.
Mit einem beiliegenden Tool lassen sich zudem neue Profile generieren. Mit den neuen Profilen können Lehrende, Lernende und Unternehmen schnell nachvollziehen, welche Kompetenzen in einem bestimmten Berufsfeld entscheidend sind. Die dahinterliegende Forschungsarbeit veröffentlichte Franziska Greinert am 10. Dezember 2024 in der Fachzeitschrift „EPJ Quantum Technology“.
Aufstieg zum Standardwerk von Braunschweig über Vancouver bis nach Kolumbien
Wie sehr das neue Competence Framework die Bildungslandschaft im Feld der Quantentechnologien bewegt, zeigt sich bereits regional, europaweit und sogar darüber hinaus. In der Region Niedersachsen bauen die verschiedenen Partner des Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) ihre Programme auf dem Referenzrahmen auf. Beispielsweise baut das Exzellenzcluster QuantumFrontiers der TU Braunschweig zwei neue Masterstudiengänge im Bereich des Quanteningenieurwesens in Braunschweig und Hannover auf der Basis des Competence Framework stetig aus. Ebenso stützt sich die Arbeit des Quantentechnologie-Kompetenzzentrums (QTZ) an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) auf die Analysen der Braunschweiger Fachdidaktik. Auf europäischer Ebene integriert das Netzwerk QTIndu das Framework, um europaweit standardisierte und vergleichbare Quantentechnologie-Kurse für die Industrie anzubieten.
Auch über Europa hinaus zeigt das European Competence Framework for Quantum Technologies Wirkung: Bei der Vorstellung des Frameworks auf der IQT Konferenz in Vancouver, Kanada, bedankte sich umgehend eine kanadische Lehrende, die das Framework für ihre Kursvorbereitung nutzte. Währenddessen nutzen Forschende der Nationalen Universität von Kolumbien das Framework als Basis, um universitäre Kurse zu entwerfen. Gerade bei der Weichenstellung solcher Programme hilft das Framework, sowohl die Bedarfe der Industrie als auch die didaktischen Grundlagen im Blick zu halten.