Eine Ingenieurin in der Pharmazie Dr. Denise Steiner erforscht, wie Wirkstoffe besser aufgenommen werden können
Denise Steiner ist Bioingenieurin. Als Postdoktorandin forscht sie am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie im Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik der Technischen Universität Braunschweig. Dort beschäftigt sie sich damit, wie schwer wasserlösliche Wirkstoffe für Patientinnen und Patienten verfügbar gemacht werden können. Mit ihrer Forschung trägt die Nachwuchswissenschaftlerin zum Forschungsschwerpunkt „Infektionen und Wirkstoffe“ bei. Welche Rolle Nanopartikel dabei spielen, warum sie aus der Industrie an die Universität zurückkam und was ihr als Ingenieurin in der Pharmazie besonders gut gefällt, hat sie uns im Gespräch erzählt.
Über tausendmal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares – so groß sind die Wirkstoffe, mit denen sich Denise Steiner beschäftigt. Damit sie ihre Wirkung entfalten können, müssen sie sich nach der Einnahme auflösen und über das Blut im Körper verteilen. Bei schwer wasserlöslichen Wirkstoffen funktioniert das nicht, weil sich der Wirkstoff nicht oder nur unzureichend auflöst.
Von schwer löslichen Wirkstoffen und Nanopartikeln
Hier setzt Denise Steiner mit ihrer Forschung an: „Einige der schwer wasserlöslichen Wirkstoffe lösen sich sehr gut in Lipiden, also in Fetten, auf. Mein Ansatz ist es, die Wirkstoffe in Fetten zu lösen und diese Fette dann in winzige nanopartikuläre Formen zu bringen. Diese Lipid-Nanopartikel versuchen wir anschließend in einen Träger einzuarbeiten, der es ermöglicht, den Patientinnen und Patienten eine feste Form zur oralen Anwendung anzubieten. Das sind in unserem Fall dünne Polymer-Filme, die ungefähr die Größe einer Briefmarke haben und sich sehr schnell im Mund auflösen.“
Lipid-Nanopartikel haben nach derzeitigem Forschungsstand bei einer oralen Einnahme den Vorteil, dass Patientinnen und Patienten durch die sehr kleinen Partikel mehr Wirkstoff in nur einer Arzneiform erhalten können. Gleichzeitig können die Wirkstoffe durch die Fette besser im menschlichen Körper aufgenommen werden. Denise Steiner hebt die Herausforderung bei ihrer Forschung hervor: „Es ist wichtig, dass die Nanopartikel, die wir in eine Tablette oder einen Film einarbeiten, in ihrer nanopartikulären Form erhalten bleiben, auch wenn sich der Träger nach der Einnahme im Körper auflöst. Nur so können die Wirkstoffe auch tatsächlich vom Körper aufgenommen werden.“
Eine Ingenieurin in der Pharmazie
Nach ihrem Studium promovierte Denise Steiner am Institut für Partikeltechnik der TU Braunschweig und forschte dabei bereits disziplinübergreifend, wie sie erzählt: „Durch die Interdisziplinarität meines Promotionsprojektes, das am Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik angesiedelt war, habe ich schon während meiner Promotion eng mit Pharmazeutinnen und Pharmazeuten zusammen gearbeitet und die Pharmaverfahrenstechnik kennen gelernt.“
Auch ihr Promotionsprojekt war auf dem Gebiet der Pharmaverfahrenstechnik angesiedelt, Erstprüfer war Professor Arno Kwade aus der Partikeltechnik, Zweitprüferin Professorin Heike Bunjes vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie. Wie es ihr als Bioingenieurin in der Pharmazie gefällt? Sehr gut, sagt Denise Steiner: „Als Ingenieurin habe ich häufig einen anderen Blick auf die Projekte als meine Kolleginnen und Kollegen. Deshalb ist unser Austausch sehr spannend und führt oft zu neuen Perspektiven. Gleichzeitig lerne ich sehr viel von meinen Kolleginnen und Kollegen.“
Von der Uni in die Industrie – und zurück
Nach ihrer Promotion ging es für die Bioingenieurin in die Pharmaindustrie. Dort arbeitete sie eineinhalb Jahre im Bereich der Arzneimittelentwicklung. „Ich habe während dieser Zeit viel gelernt, vor allem über Regularien in der Pharmaindustrie. Aber mir hat die Forschung sehr gefehlt. Deshalb kam ich gerne zurück an die Uni“, sagt Denise Steiner. Seit etwas mehr als einem Jahr forscht sie wieder an der TU Braunschweig. Durch die Arbeitserfahrung in der Industrie hat sie einen neuen Blick auf den Forschungsbereich erhalten. Das Wissen und die Erfahrungen zu Regularien und Verfahren in der pharmazeutischen Industrie setzt sie jetzt in ihrer Forschung und Lehre ein: „Man hat die Patientinnen und Patienten, aber auch die Herstellung von Arzneimitteln ganz anders im Blick und kann bestimmte Dinge regulatorisch einordnen.“
Wirkstoffe verfügbar machen
Mit ihrer Forschung will Denise Steiner schwer lösliche Wirkstoffe für Patientinnen und Patienten verfügbar machen und die Einnahme von Medikamenten so weit wie möglich erleichtern, beispielsweise durch den Einsatz von Wirkstoffen in schnell auflösenden Filmen. Gleichzeitig möchte sie dazu beitragen, Arzneiformen individualisierbar zu machen, damit die Wirkstoffdosis direkt an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten angepasst werden kann. „Es gibt viele Wirkstoffe, die eine gute Heilung ermöglichen könnten oder geringere Nebenwirkungen hätten, aber der Körper kann sie einfach nicht aufnehmen, weil sie schwer löslich sind. Ich finde es sehr spannend, in diesem Bereich zu forschen und dadurch den Einsatz solcher Wirkstoffe zu ermöglichen“, fasst Denise Steiner zusammen.