Duo Discus gleitet über Braunschweig Studentische Segelflieger erweitern Flugzeugpark mit neuem Doppelsitzer
D-0531 hat seinen ersten Flug hinter sich. Bei großer Hitze, aber bester Thermik drehte der Serien-Doppelsitzer eine Runde von Braunschweig nach Gifhorn und zurück. Mit dem werksneuen Duo Discus XL konnte die Akaflieg, die studentische Fliegergruppe der Technischen Universität Braunschweig, im Juli ihren Flugzeugpark erweitern.
Ein Jahr lang mussten die segelflugbegeisterten Studierenden auf den neuen Duo Discus warten. So lange dauerte die Bauzeit des Doppelsitzers. Rund 150.000 Euro kostete das Flugzeug mit allem „drum und dran“, also inklusive Anhänger und Bordinstrumenten. Möglich wurde der Kauf durch die finanzielle Unterstützung des Carolo-Wilhelmina-Stiftungsfonds der TU Braunschweig sowie durch einen Förderbetrag von rund 84.800 Euro aus Sportfördermitteln der Stadt Braunschweig. Auch deshalb haben sich die Mitglieder der Akaflieg für „D-0531“ als amtliches Kennzeichen des neuen Fliegers entschieden, die Telefonvorwahl der Löwenstadt. „Die traditionsreiche Akaflieg ist ein Aushängeschild nicht nur für den Forschungsflughafen, sondern auch für den Mobilitäts- und Forschungsstandort Braunschweig. Wir freuen uns sehr, dass wir durch unsere Unterstützung im Rahmen der städtischen Sportförderung für Rückenwind sorgen können“, sagt Oberbürgermeister Ulrich Markurth.
Mit dem Zuwachs werde die Akaflieg noch ein Stück attraktiver, so Kristian Fettig, erster Vorsitzender des Vereins. „Wir bedanken uns bei allen Unterstützern, ohne die wir dieses Projekt nicht hätten realisieren können – ganz besonders beim Präsidium der TU Braunschweig und der Stadt Braunschweig.“ Wichtig war neben der materiellen Förderung auch die Betreuung mit Rat und Tat durch Professoren der TU Braunschweig, allen voran durch die Professoren Rolf Radespiel, Professor Peter Horst und Professor Jens Friedrichs. „Die Akaflieg ist eine sportlich äußerst erfolgreiche Initiative, die wir gern unterstützen“, sagt TU Braunschweig-Präsidentin Professorin Anke Kaysser-Pzyalla. „Aus ihr gehen außerdem immer wieder hervorragende Nachwuchskräfte für unsere Luftfahrt- und Ingenieurwissenschaften hervor. Denn wer selbst fliegen und Flugzeuge bauen lernt, bringt oft einen guten Zugang zur aktuellen Forschung auf diesem Gebiet mit.“
Bessere Gleiteigenschaften
Insgesamt besteht der Flugzeugpark jetzt aus einem Motorflugzeug für Flugzeugschlepps und acht Segelfliegern – von Baujahr 1962 bis 2018. Darunter vier selbst gebaute Prototypen. Der Duo Discus ist ein Ersatz für den Doppelsitzer, der bei einem schweren Flugunfall vor drei Jahren, zerstört wurde. Dabei starb ein Akaflieg-Mitglied, die Fluglehrerin wurde schwer verletzt. „Wichtig war deshalb für uns, dass das neue Flugzeug crashsicherer ist“, betont Julia Troschel. Die Maschinenbau-Studentin fliegt bereits seit 2012 und war eine der ersten, die den neuen Segelflieger testen durfte. „Im Gegensatz zu älteren Doppelsitzern besitzt es viel bessere Gleiteigenschaften“, berichtet sie vom ersten Flug. „Man kommt viel weiter.“ Außerdem sei das neue Flugzeug eine guter „Überlandflugtrainer“ und biete die Möglichkeit, Piloten in das technische Fliegen einzuweisen, bei dem Leistungsfähigkeit und Flugeigenschaften bestimmt werden.
Pro Jahr kommen bei Akaflieg mehr als 10.000 Flugkilometer und einige hundert Schulungsstarts zusammen. Bei Segelflugwetter wird in der Saison während der ganzen Woche im Überland- oder Schulbetrieb geflogen. Viele der 26 aktiven Mitglieder tummeln sich dann in der Flughalle oder auf dem Flugplatz am Braunschweiger Flughafen im Norden der Stadt. So wie Kristian Fettig, der schon lange vom Segelfliegen fasziniert und seit 2013 aktiv dabei ist: „Segelfliegen ist ein Sport und eine Aufgabe, die einen die gesamte Zeit beim Fliegen beschäftigt. Man muss wissen, wie man das Wetter nutzt und kann nicht einfach gerade aus schweben.“ Oder wie Julia Troschel, die mit dem Fliegen aufgewachsen ist. „Mein Vater ist Flieger“, erzählt sie. „Deshalb wusste ich schon vor dem Studium, dass ich das auch unbedingt machen möchte.“
Forschen, Bauen, Fliegen
Für Neumitglieder bedeutet das jedoch nicht, dass sie bereits einen Flugschein besitzen müssen. „Wer bei uns mitmachen möchte, benötigt keine Vorkenntnisse“, sagt Julia Troschel. „Man lernt bei der Akaflieg das Fliegen und auch das handwerkliche Arbeiten.“
Denn in der studentischen Initiative geht es nicht nur ums Fliegen, sondern auch ums Forschen und Bauen. In Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten beschäftigen sich Akaflieg-Mitglieder mit Forschungsfragen rund ums Segelfliegen. Aber auch der Bau von Messeinrichtungen, Mess- und Erprobungsflüge sowie das Auswerten und Überprüfen der Ergebnisse gehören für sie dazu, um ihre Flugzeuge weiterzuentwickeln.
Nachdem Akaflieg-Mitglieder den neuen Duo Discus vom Hersteller abgeholt hatten, konnte er nicht sofort durch die Lüfte segeln. Die Studierenden mussten noch Instrumente verbauen und die Stromversorgung für die elektronischen Anzeigen verlegen. Außerdem richteten sie einige Hilfsmittel ein, um den Segler mit dem Auto ziehen zu können.
Impulse für die Flugwissenschaft
In der Akaflieg-Werkstatt auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwerfen die Studierenden auch neue Flugzeuge. Hier testen sie Bauweisen und Materialien und entwickeln Prototypen, die in der Akaflieg die Kennung „SB“ für „Segelflugzeug Braunschweig“ tragen. Mit den Eigenkonstruktionen setzten Team-Mitglieder in der über 90-jährigen Vereinsgeschichte bereits einige Impulse für die Flugwissenschaft. „Durch manchen unserer Segelflieger wurden die Hersteller inspiriert“, so Kristian Fettig, erster Vorsitzender des Verein. So wurden in der SB 10 bereits Anfang der 1970er-Jahre zum ersten Mal Kohlenstofffasern in tragenden Bauteilen eines Luftfahrzeugs eingesetzt. „Mittlerweile ist es Standard in Segelfliegern.“
Prototyp Nummer 15
Mit der SB 15 arbeiten die Akaflieg-Mitglieder nun bereits am 15. Prototypen. „Der Bau geht oft über Generationen von Vereinsmitgliedern“, erzählt Kristian Fettig. SB 15 soll ein leistungsstarker 20 Meter-Doppelsitzer werden, der auch für Schulungszwecke eingesetzt werden kann. Vor allem in der Wintersaison tüfteln die Studierenden in der Werkstatt und setzen die Theorie in die Praxis um. Nach der Wartung des Flugzeugparks widmen sich die Studierenden ihren Prototypen. „In der Akaflieg können sie Wissen aus dem Studium praktisch anwenden“, sagt Julia Troschel.
Einen ersten Blick auf die SB 15 können neue Studierende bei der nächsten Erstsemesterbegrüßung zum Beginn des Wintersemesters 2018/19 am 15. Oktober werfen. Im Eintracht-Stadion zeigt Akaflieg den Rohbau sowie einen weiteren Prototypen. Ins Stadion fliegen dürfen sie damit jedoch leider nicht.